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"Wir sind nicht so böse, wie es auf den ersten Blick scheint"

Von Elisabeth Ertl, Marina Mayrböck und Josef Schuldenzucker, 29. November 2018, 17:04 Uhr
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Die Wildenauer Schlossteufeln sehen furchterregend aus, wollen aber, dass Kinder ihre Angst vor ihnen überwinden. Bild: privat

Seit mittlerweile zwölf Jahren gibt es die Wildenauer Schlossteufeln, die eine alte Tradition weiterführen wollen Mit ihrer bis zu 20 Kilo schweren Maskierung machen sie Hausbesuche und versuchen dabei, das Eis zu brechen.

In der Vorweihnachtszeit war früher "tote Hose" in Aspach und Wildenau. Deshalb haben sich einige Männer zusammengetan und den alten Brauch der Perchten wiederbelebt. Zunächst noch mit geliehenen Masken und Fellen. "Die Resonanz war so positiv, dass wir im Jahr 2006 die Wildenauer Schlossteufeln gegründet haben", sagt Obmann-Stellvertreter Michael Baier, der sich noch an die Anfänge erinnert, als sie in einem Garten einen Teil ihrer Felle selbst genäht haben. Inzwischen sind es 32 Leute (16 Perchten, drei Engerl und Ordner), die Jahr für Jahr gemeinsam mit dem Nikolaus Hausbesuche machen, bei Perchtenläufen dabei sind und damit die Tradition weiterleben lassen.

Absoluten Vorrang haben bei den Wildenauer Schlossteufeln die Termine in der Gemeinde. So sind beispielsweise der 4. und 5. Dezember ausschließlich für die Hausbesuche und der 6. für die Nikolausauffahrt reserviert. An bis zu 56 Türen klopfen die Perchten – und werden dabei recht unterschiedlich empfangen. "Es gibt Kinder, die überhaupt keine Angst haben. Bei den anderen bleiben wir im Vorhaus oder vor der Haustüre stehen. Oft reicht es schon, dass wir einfach präsent sind", sagt Georg Aigner. Der 35-Jährige ist seit dem ersten Tag Mitglied der Schlossteufel und deren Kassier. Natürlich komme es vor, dass Kinder beim Anblick der Perchten zu weinen beginnen, aber "wir geben uns Mühe, dass sie ihre Angst verlieren. Auch bei den Perchtenläufen knien wir uns oft nieder und versuchen, das Eis zu brechen. Das gelingt uns in den meisten Fällen auch", sagt Aigner. "Am Ende bekommen wir in fast jedem Haus eine Zeichnung oder ein Gedicht vorgelesen", ergänzt Baier. Den Reinerlös dieser Hausbesuche spenden die Schlossteufel, die – passend zu ihrem Namen – auch vom Schlossherrn in Wildenau unterstützt werden. Mit dem gesammelten Geld helfen sie benachteiligten Menschen aus der Region.

Die dunkle Seite

Nicht immer verläuft alles reibungslos. Deshalb haben die Schlossteufel bei Perchtenläufen immer ihre eigenen Ordner dabei. "Unser Blickfeld ist durch die Masken eingeschränkt. Wenn es Feuerstellen oder Ähnliches gibt, ist es wichtig, dass uns die Ordner beim Orientieren helfen. Außerdem kommt es leider immer wieder vor, dass uns die Leute ein Bein stellen oder bei den Hörner packen und versuchen uns umzureißen", sagt Baier. Den Vorwurf, dass sich auch die Perchten nicht immer einwandfrei verhalten, lässt er für "seine Burschen" nicht gelten. "Es gibt Regeln, an die sich alle halten. Dazu gehört auch ein striktes Alkoholverbot. Wer dagegen verstößt, für den gibt es Sanktionen."

Auch körperlich ist das "Laufen" kein Zuckerschlecken. "Nach einem Einsatz bin ich total durchgeschwitzt. Selbst bei Minusgraden", sagt Georg Aigner. In Anbetracht des Gewichts der Masken und Felle ist das nicht verwunderlich. Bis zu zwanzig Kilo schleppen die Perchten zusätzlich mit sich herum. "Es gibt spezielle Klappmaul-Masken, die an die 14 Kilo schwer sind. Wer so ein Ding aufsetzt, braucht zum Laufen unbedingt eine Halskrause", weiß Obmann-Stellvertreter Michael Baier aus eigener Erfahrung. Er selbst ist seit zwei Jahren "pensionierter Percht". Dafür laufen seine beiden Söhne bei den Wildenauer Schlossteufeln mit.

Vorfreude auf Silvester

Ein Fixtermin ist für den Verein der Silvesterlauf in Bad Füssing. An diesem Tag werfen die Perchten ihr Equipment in einen Lkw, den ihnen die Tischlerei Leimhofer zur Verfügung stellt, und fahren über die Grenze. Dort werden sie Jahr für Jahr euphorisch empfangen – vor allem von den Kurgästen aus Norddeutschland. "Die kennen keine Perchten und flippen völlig aus, wenn sie uns sehen. An diesem Tag werden hunderte Fotos und Videos von uns gemacht. Das macht richtig viel Spaß, auch wenn die Felle einiger Damen teurer sind als unsere", sagt Michael Baier. Seit vielen Jahren sind die Wildenauer Schlossteufeln der Abschluss des dortigen Rauhnachtsmarkt.

Über die Antwort auf die Frage, warum sie gerne Perchten sind bzw. waren, müssen Michael Baier und Georg Aigner nicht lange nachdenken. "Es ist schön zu sehen, wie stolz die Kinder sind, wenn sie ihre Angst vor uns überwinden."

Zu sehen sind die Wildenauer Schlossteufeln bei folgenden Veranstaltungen: 30. November: Perchtenlauf in Saiga Hans; 4. und 5. Dezember: Hausbesuche in der Gemeinde Aspach; 6. Dezember: Nikolausauffahrt in Aspach; 7. Dezember: Perchtenlauf in Lohnsburg; 15. Dezember: Wildenauer Advent; 31. Dezember: Silvesterlauf in Bad Füssing.

 

"Die Perchten haben mit dem Innviertel überhaupt nichts zu tun"
Johann Samhaber, Ehrenobmann Forum OÖ. Volksbildungswerk. Bild: VOLKER WEIHBOLD

"Die Perchten haben mit dem Innviertel überhaupt nichts zu tun“

Was sind die heutigen Perchtenläufe wirklich: Brauchtum, Tradition, Spektakel, Event, Kommerz oder Belustigung. Die Rieder Volkszeitung und die Braunauer Warte haben bei Hans Samhaber, dem Ehrenpräsidenten des OÖ. Forum Volkskultur, nachgefragt.

Horrormasken, bengalische Feuer, ohrenbetäubender Lärm, hat dieses Brauchtum irgend etwas mit dem Innviertel zu tun?

Hans Samhaber: Nein, rein gar nichts. Ich vergleiche das eigentlich immer mit einem Zirkus. Die Perchten sind in den Gebirgsregionen beheimatet und nicht bei uns im Innviertel.

Wie reagieren Kinder auf die Perchten?

Wir Menschen haben das drinnen, dass wir drohen und belohnen. Das war schon so als ich noch ein Kind war. Da haben viele Eltern gesagt: Wenn du nicht brav bist, dann sag ich’s dem Krampus. Diese Rolle übernehmen heute die Schiach-Perchten.

Perchtenläufe ab ins Gebirge? Kann man das so pauschal sagen?

Diese Läufe sind ursprünglich in den Alpentälern beheimatet. Die Holden und die Unholden gibt es seit hunderten von Jahren. Schon 1735 gab es in Innsbruck ein Verbot der Schiachperchten, weil es Aussschreitungen gab, 1807 wurde in Kals in Tirol ebenfalls ein Verbot ausgesprochen.

Haben die Perchten den Krampus ersetzt?

Dieser Brauch passt genau in die Adventzeit. Der Nikolaus ist der Holde, der Krampus ist der Unholde. Da reden wir von überschaubaren Größen. Die Riesen-Umzüge von heute sind das nicht mehr.

Sind diese Aufläufe bei uns Brauchtums- oder Kommerz-Veranstaltungen?

Bei uns sind das rein kommerzielle Veranstaltungen. Jeder will den anderen mit seiner Veranstaltung noch übertreffen und noch mehr Spektakel bieten.

Mittlerweile gibt es einen Wildwuchs an Perchtenläufen bei uns. Wie sehen Sie die Entwicklung?

Ich halte nicht viel von diesen Massen-Aufläufen. Für mich sind das Zirkus-Veranstaltungen. Nikolaus und Krampus, die ins Haus kommen und die Kinder belohnen und vielleicht ein paar ermahnende Worte sprechen, sind mir wesentlich sympathischer. Das „Gute“ soll das Übergewicht haben, das Schiache im Hintergrund stehen.

 

 

 

 

„Kleinkinder sind oft überfordert und irritiert“

Grausige Larvenmasken und lautes Grölen – ist es ratsam, mit Kindern zu Perchtenläufen zu gehen? Gibt es eine Altersgrenze und haben Krampus und Co. noch eine Erziehungsfunktion? Bei dem Thema Kinder und Perchten läuten bei der Linzer Familienberaterin Ruth Karner nicht sofort alle „Alarmglocken“, einige Punkte gilt es jedoch vor allem mit Kleinkindern zu bedenken.

Frau Karner, ist es ratsam, mit Kindern solche Veranstaltungen zu besuchen?

Kultur und Tradition sind natürlich intergenerational wichtig – auch für Familien, Gemeinden, etc. Jedoch sollte letztlich jede Familie gut überlegen, wie sie das mit Kindern handhaben. Man sollte auf altersadäquate Verarbeitung von Bildern und Angstemotionen achten, weil Kleinkinder oft sehr überfordert sind von den grauslichen Bildern. Auch von der Stimmung, die oft aggressiv sowie irritierend ist, wenn sich alle fürchten.

Was macht so eine gruselige Bekanntschaft mit einem Kleinkind?

Vor allem diese starken Bilder sitzen oft tief und führen zu schlechten Träumen und Angst. Kleinkinder können sich schwer ausdrücken und es ist schwierig, mit ihnen darüber zu sprechen. Das kann schon sehr irritierend sein. Man muss sich gut überlegen, ob ich mein Kind diesen Bildern aussetzen möchte. Man sollte solche Veranstaltung auch immer aus der Perspektive eines Kindes betrachten.

Gibt es eine Altersgrenze?

Das kann man schwer sagen. Grundsätzlich ist es so, dass man ab dem Schulkindalter Dinge anders verarbeiten kann.

Sei brav, sonst… mit der Figur des Krampus wird Kindern ja gerne gedroht. Wie sehen Sie das?

Das Arbeiten mit Angst in der Erziehung von Kindern, wo dann eben z.B. der Krampus einen holt, wenn man nicht brav ist, gehört einer veralteten Pädagogik an, die wir gerne hinter uns lassen dürfen. Heutzutage will man ja eigentlich nicht, dass Kinder sich fürchten. Angst ist ein sehr belastendes Gefühl.

 

Perchtenläufe und Kramperl-Treiben im Innviertel

Das Erscheinen von Perchten soll die bösen Geister des Winters vertreiben und Glück bringen. Zu sehen sind die schaurigen Gestalten in den nächsten Tagen in folgenden Gemeinden:

  • Taufkirchen/Pram: Mit Glockenläuten und Gebrüll kündigen sich die schaurigen Gestalten der Perchtengruppe am Samstag, 1. Dezember, um 18 Uhr am Gemeindeplatz in Taufkirchen an. Bereits um 17 Uhr kommt der Nikolaus und bringt „Süßes“ für die kleinsten Besucher mit.
  • Altschwendt: Beim Adventmarkt am Sonntag, 2. Dezember, gibt es um 16.30 Uhr eine Nikolausauffahrt, bevor der Perchtenlauf der Aschacher Donaufürsten um 17.30 Uhr startet.
  • Rainbach/I.: Die SP Rainbach lädt am Mittwoch, 5. Dezember, um 18.30 Uhr zum Krampus-Treiben beim Gemeindeplatz ein. Mit dabei sind die „Rainbacher Kramperln“ und die „Schärdinger Teufelsperchten“.
  • Andorf: Die ÖAMTC-Ortsgruppe lädt am Mittwoch, 5. Dezember, um 18.30 Uhr auf dem Andorfer Kirchplatz zur Brauchtumsveranstaltung mit Nikolaus, Krampussen und Perchten.
  • Schardenberg: Die traditionelle Krampus-Auffahrt geht am Donnerstag, 6. Dezember, ab 16.30 Uhr am Marktplatz in Schardenberg über die Bühne. Der Nikolaus verteilt ab 17.45 Uhr Süßigkeiten bevor es ab 18.45 Uhr dann mit dem Einzug der „Schärdinger Teufelsperchten“, der „Williwoida Woidteifen“, der „Ruhstorfer Rotteifen und der „Grantla“ so richtig schaurig wird. Geboten wird ein Spektakel mit brennender Sense, Feuerspucker und Feuerwerk.
  • Schärding: Einer der größten Perchtenläufe in der Region findet am Samstag, 8. Dezember, um 19 Uhr in Schärding statt. Neben den Schärdinger Teufelsperchten sind 20 Gastgruppen aus Österreich und Deutschland beim Lauf dabei. Furchterregend ziehen die schaurig-schönen Gestalten nach der Lichtspiele-Show um 19 Uhr mit Glockenläuten, lautem Gebrüll und Feuershow durch das Linzertor auf den Stadtplatz ein und verwandeln die Innenstadt zwei Stunden lang in einen dampfenden Hexenkessel.
  • Lohnsburg: Der Perchtenlauf mit Feuershow der „Lohnsburger Marktteifln“ findet am Freitag, 7. Dezember, um 18.30 Uhr statt. Neben dem Perchtentreiben wird es für die jungen Gäste einen Nikolausbesuch geben.
  • Mattighofen: 50 Perchtengruppen werden am Samstag, 8. Dezember, am Perchtenlauf in Mattighofen teilnehmen. Beginn ist ab 16 Uhr. Den Perchtenlauf in der Einkaufsstadt gibt es seit 40 Jahren.
  • Höhnhart: Die Wild-Devils laden am Freitag, 14. Dezember, ab 18 Uhr zu einem Perchtenlauf ein. Bei der Mostschenke Wenger in Thannstraß kommen die Perchten.
  • Altheim: Perchtenlauf der Engelbach-Teufeln am Samstag, 8. Dezember, ab 19.30 Uhr, Dr. Weinlechner-Platz.
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2  Kommentare
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PinkyFloyd (1.240 Kommentare)
am 29.11.2018 17:13

Liebe OöN, bitte keine Meuchelfotos von der Regierung. Sonst gibts nichts vom Kuchen aus Bastis und Bumstis "Sonderbudget".

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weinberg93 (16.324 Kommentare)
am 30.11.2018 23:21

Gääääääähn!

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