Hermann Rameder: Einer, der steinreich ist
Hermann Rameder aus Scharnstein enthüllt das schmucke Innenleben von Fossilien und bunten Bachsteinen.
Der Weg zu Hermann Rameder ist steinig. Es sind große, kleine, runde, kantige Steine, die den Pfad hinauf zu dem Häuschen begleiten, das aus dem Wald lugt. Einige liegen einsam, andere gesellig. Oder auf einem Haufen. "Die sind für die Eidachsl", sagt der 65-Jährige und zieht an seiner selbstgewuzelten Zigarette. Die Momente sind rar, in denen er ohne eine solche zwischen Fingern oder Lippen zu sehen ist. Der Tschick gehört zu seinem Leben wie die Leidenschaft für Steine. Oder besser gesagt: für das, was in ihnen steckt.
Auf den Stufen zum lichtdurchfluteten Wintergarten stapeln sich Hefte und Bücher: "Kieselsteine im Alpenvorland". "Geologisches Wörterbuch". "Fossilien: Bilder frühen Lebens". Runde Bistrotische füllen den Raum. In ihren schweren Platten liegt das Besondere. In hübschen Mustern leuchten bunte Bachsteine und versteinerte Schnecken, deren Alter der geschickte Handwerker mit zirka 80 Millionen Jahren angibt. Nicht minder faszinieren die fossilen Korallen, bis zu 200 Millionen Jahre alt, die zum Tisch geworden sind. Von Stellagen baumeln schmucke Anhänger und Halsketten, putzige Stoamandl weisen den Weg zu Ammoniten und Ohrringen, in denen Erdgeschichte steckt.
Ohrenbetäubender Lärm
Die Holzhütte neben dem Hühnerstall birgt Rameders steinreiche Werkstatt. Unscheinbar sehen die Brocken aus, die rundum Regale beschweren. Grau neben grau, in allen Schattierungen. Mit Wasser aus der Sprayflasche besprüht, enthüllt das Gestein seine Farbe.
Der Almtaler schnappt sich ein felsiges Trumm, setzt die Schutzbrille auf und wirft die größte seiner vier Schneidemaschinen an. Behutsam drückt er den Brocken gegen das rotierende Diamantsägeblatt. Begleitet von ohrenbetäubendem Lärm frisst sich die Scheibe Millimeter um Millimeter in den Stein. Erst jetzt offenbart sich, was das Innenleben taugt, wie der Bachstein gemasert ist, wie viele Korallen eingeschlossen sind. An den sieben Rädern der Schleifanlage macht er sich mit dem oberen Stück einer kleinen fossilen Schnecke zu schaffen. Er poliert es so fein, dass es wie Iris und Pupille aussieht, was später an Ohrläppchen hängt.
Steine hat der gebürtige Waldviertler immer schon "hamzaht". Auf die Suche nach den Zeugnissen vergangenen Lebens machte er sich erst, als ihn der findige Fossiliensammler Karl Steigerstorfer aus Grünburg unter die Fittiche nahm. Seither lässt ihn die Jagd nach Fundstücken nicht mehr los, die sich so farbenreich und vielfältig zeigen wie Rameders Werdegang.
Der gelernte Automechaniker – "gefreut hat’s mi net wirklich"– wollte unbedingt etwas mit Tieren machen. Keck schrieb er Otto König an, den telegenen Verhaltensforscher ("Rendezvous mit Tier und Mensch"). Der engagierte ihn für sein Raufußhühner-Projekt im Almtal. Nach einem Intermezzo im Sägewerk von Welfenprinz Ernst August von Hannover, kümmerte er sich um die Aufzucht der Tiere von Nobelpreisträger Konrad Lorenz.
"Ich hab’ geschaut, dass es ihnen gut geht, Heidelbeeren, Ameisen oder Latschennadeln als Nahrung besorgt", sagt Rameder, den die Grünauer "Gansl-Mann" nannten. Im Griechenland-Urlaub empfing er den Gedanken, zum Schafbauern und Käsemacher zu werden, später war er der erste Mitarbeiter der "Grünen Erde". Auf freier Basis. Denn das Freisein geht ihm bis heute über alles.
So zieht es ihn, oft begleitet von Sohn Daniel (30), hinaus zu den gehüteten Plätzen in der Gosau, im Stodertal oder rund um Molln. Die Schätze, die nur das geschulte Auge als solche erkennt, schleppt er im Rucksack heim, nicht selten 35 Kilo schwer. Rameder blickt sich in seinem Lager um. "Da bräucht’ ich fünf Leben, um alles zu verarbeiten." So ist es eben, wenn man steinreich ist.
Hermann Rameder stellt heute (10–19 Uhr) und morgen (10–17 Uhr) beim Adventmarkt im Cumberland Wildpark Grünau aus.