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"Einzig möglicher Deal" – Jetzt hängt alles von der Abstimmung in London ab

Von Monika Graf aus Brüssel   26.November 2018

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben den nächsten Schritt für den EU-Austritt Großbritanniens gesetzt. Bei einem Sondertreffen in Brüssel haben sie das in den vergangenen 17 Monaten ausverhandelte, knapp 600 Seiten starke Scheidungsabkommen einstimmig gebilligt und die Leitlinien für das künftige Verhältnis mit London fixiert.

Die Entscheidung war in 38 Minuten erledigt, nachdem der von Spanien angezettelte Streit wegen Gibraltar am Samstag in letzter Sekunde – mit diversen Erklärungen – aus dem Weg geräumt worden war. "Auch wenn es ein historischer Tag ist, ist es kein guter Tag", sagte Kanzler Sebastian Kurz. "Niemand ist in Feierstimmung."

Es sei aber gelungen, mit dem Austrittsabkommen den Schaden durch den Brexit gering zu halten und die Basis für gute zukünftige Beziehungen zu legen. "Es ist das bestmögliche Ergebnis für beide Seiten, niemand wird über den Tisch gezogen", sagte Kurz.

"Dies ist der einzig mögliche Deal", sagte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Er sprach von einem "traurigen Tag" und warnte die britischen Abgeordneten, zu glauben, dass sie mit einer Ablehnung des Abkommens ein besseres bekommen.

> Video: Die Entscheidung über den "Brexit"-Deal liegt in London. Weshalb der Beschluss am Sonntag in Brüssel gefasst wurde, weiß ORF-Korrespondent Tim Cupal.

 

Die Zustimmung der 27 in der EU verbleibenden Länder war nämlich die kleinere Hürde. Die größere ist die Ratifizierung im britischen Parlament. Die Abstimmung wird noch vor Weihnachten stattfinden – und voraussichtlich vor dem nächsten EU-Gipfel, dem Vernehmen nach am 11. Dezember. Über einen negativen Ausgang wollte in Brüssel niemand spekulieren, auch wenn er wahrscheinlich ist. Denn Widerstand gegen das Abkommen kommt von der eigenen konservativen Partei von Premierministerin Theresa May, von ihren Verbündeten, der nordirischen DUP, und aus der Opposition (Labour und Liberale). May selbst appellierte nach dem Express-Gipfel an die Briten: Der Austrittsvertrag setze den Ausgang des Referendums voll um. Großbritannien gewinne die Kontrolle über seine Grenzen, über sein Geld und über seine Gesetze zurück. "Es ist der einzig mögliche Deal", sagte sie in Richtung der Abgeordneten. "In Verhandlungen bekommt man nie alles. Ich denke, das Volk weiß das."

> Video: Von wem hängt in Großbritannien jetzt die finale Zustimmung zum "Brexit"-Abkommen ab - und damit auch das politische Schicksal von Theresa May? Cornelia Primosch berichtet über die Lage in London.

 

May: Kein zweites Referendum

Die Abstimmung werde eine der bedeutsamsten für viele Jahre. Davon werde abhängen, "ob wir gemeinsam in eine bessere Zukunft aufbrechen oder ob wir die Tür öffnen für noch mehr Spaltung und Ungewissheit". May schloss ein zweites Referendum aus und ließ Fragen unbeantwortet, ob sie zurücktreten werde, sollte der Deal im Parlament scheitern.

Laut Artikel 50 des EU-Vertrages wird Großbritannien die EU genau zwei Jahre nach dem Scheidungsantrag am 30. März 2019 verlassen. Vorausgesetzt, der Vertrag geht auf der anderen Seite des Ärmelkanals durch, folgt eine Übergangsfrist bis 2020 (mit Verlängerungsmöglichkeit bis 2022), in der ein künftiges Handelsabkommen verhandelt werden soll.

> Video: Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle spricht darüber, welche Resonanz die "Brexit"-Verhandlungen in Österreich haben und ob das Thema hierzulande überhaupt angekommen ist.

 

May wendet sich mit Brief an britische Öffentlichkeit

Theresa May hat sich angesichts großer Vorbehalte in ihrem Land gegen den ausgehandelten EU-Austrittsvertrag in einem Schreiben direkt an die Öffentlichkeit gewandt. Die Premierministerin bat die Briten in dem am Sonntag veröffentlichten „Brief an die Nation“ darum, den Deal zu unterstützen. „Ein neues Kapitel in unserem nationalen Leben beginnt.“

Nach dem EU-Austritt Ende März 2019 werde es zunächst einen Moment der „Erneuerung und Versöhnung“ für das ganze Land geben. Die Befürworter und Gegner der Loslösung von der EU müssten wieder ein Volk werden.

Großbritannien bekomme durch den Brexit die Kontrolle über sein Geld, die Gesetze und die Grenzen zurück. Es sei wichtig, sich nun wieder auf wichtige Themen zu konzentrieren, wie etwa die Wirtschaft und den staatlichen Gesundheitsdienst NHS. Der NHS gilt als marode und überlastet.

Der Brief gehört vermutlich zu einer neuen Strategie: May wendet sich seit einigen Tagen vermehrt an die Öffentlichkeit und an die Wirtschaft. Britische Medien vermuten, dass sie auf diese Weise den Druck auf das Parlament in London erhöhen will, das das Abkommen noch absegnen muss.

 

DUP-Chefin Foster droht der Premierministerin

Nach dem Grünen Licht der EU-Staats- und Regierungschefs zum Brexit-Vertrag hat die Chefin der nordirischen Democratic Unionist Party (DUP), Arlene Foster, mit einem Bruch ihres Pakts mit der Minderheitsregierung von Theresa May gedroht. Sollte das Parlament das Abkommen im Dezember verabschieden, müsse die DUP ihre Unterstützung für May nochmals „überdenken“, sagte Foster am Sonntag in der BBC.

DUP-Chefin Foster droht der Premierministerin
DUP-Chefin Arlene Foster

Mays Minderheitsregierung ist auf die Unterstützung der zehn Abgeordneten der protestantischen und ultrakonservativen Partei angewiesen. Vor allem der Passus zur künftigen Grenze zwischen Irland und Nordirland stößt bei der DUP auf scharfen Widerstand: Der sogenannte Backstop soll dort eine harte Grenze vermeiden.

 

 

 
 
 
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