"In meinem Leben war immer etwas los"

Llewellyn Kast

 

"In meinem Leben war immer etwas los"

Erhaben thront Llewellyn "Lyn" Kasts Schloss am Berg. Es ist in einem wunderbaren Zustand. Sämtliche Kriegsschäden, die das Gebäude im Laufe seiner knapp 900 Jahre langen Geschichte einstecken musste, sind nicht mehr zu sehen.

Einen großen Anteil daran hat der Schlossherr. Vor 40 Jahren veranlasste Kast eine Generalsanierung des Gebäudes. Im Obergeschoss wurde ein Wehrkundemuseum eingerichtet. Das untere Stockwerk bewohnt der ehemalige Baron Kast mit seiner Gattin Cristina.

Der Salon mit der Ahnengalerie an der Wand zählt zu den Lieblingsräumen des Ehepaars. Hier kann es schon vorkommen, dass Pop- oder Volksmusik Stimmung in die alten Gemäuer bringt.

Disco- und Volksmusik

Der 92-jährige Lyn steht auf Disco-Musik der 1970er-Jahre. Am liebsten hört er Boney M.: "Diese Musik kommt vom Herzen, daher mag ich sie."

Aber auch die Volksmusik hat es ihm angetan. In Gesellschaft legt Kast gerne zwei Löffel übereinander und schlägt sie im Takt zur Musik. "Das hat mir mein Vater beigebracht. Als Löffelschlagwerker kommt mir keiner so schnell nach."

Doch nicht nur schnelle Stimmungs-Musik ist dem ewig jungen Schlossbesitzer wichtig. Großen Spaß bereitet ihm noch immer das Skifahren. Im März bricht er stets zum Skiurlaub auf.

Seit 40 Jahren hält Kast Sankt Christof am Arlberg die Treue. "Zum heurigen Jubiläum wurde ich von der Gemeinde dafür reichlich beschenkt."

Noch immer fährt Lyn selbst mit dem Auto. Es hatte stets eine beruhigende Wirkung auf ihn, sagt er: "Bei Problemen, egal ob im Berufs- oder Privatleben habe ich mich ins Auto gesetzt, und nach wenigen Kilometern war meine Lebensfreude wieder da." In der Rückbetrachtung haben sich Schicksalsschläge und Glücksmomente die Waage gehalten: "Langeweile gab es bei mir nie, es war immer etwas los."

"Löwen sind Optimisten"

Für sein schillerndes Leben hat Kast auch eine Erklärung: "Ich wurde um 7.30 Uhr, also zum Frühstück, im Sternzeichen des Löwen geboren. Löwen sind ja bekanntlich stets optimistisch eingestellt." Seine Kindheit und Jugend hat der ehemalige Baron in seiner Geburtsstadt Prag verbracht.

Im Zweiten Weltkrieg kämpfte er bei den Gebirgsjägern. Sein Vater musste sein Leben in Russland lassen. Zudem enteignete die damalige Tschechoslowakei alle Altösterreicher.

Um Kraft für einen Neubeginn zu tanken, wurden die Kasts 1950 von einer Tante nach Argentinien eingeladen. Er bekam dort eine Anstellung als Postbote bei einer Versicherung und etwas später wurde er selbstständiger Versicherungskaufmann, heiratete, und seine Frau schenkte ihm drei Töchter. Die älteste ist im Versicherungsgewerbe beschäftigt, und die beiden jüngeren züchten auf Farmen in Argentinien Angusrinder.

Heimkehr auf Raten

Am Höhepunkt seines Glücks verlor Kast seine Frau bei einem Autounfall. Doch er gab nicht auf und heiratete die ebenfalls verwitwete Cristina.

1974 erbte Kast Schloss Ebelsberg, renovierte es und gestaltete den Familienbesitz in ein Kulturzentrum um.

Anfangs waren es nur ein paar Monate, die Lyn in Ebelsberg verbrachte. Nun will er für immer bleiben. "Ich möchte im Schloss aufgebahrt werden. Dann können Freunde und Bekannte zum letzten Gruß ins Schloss kommen."
 

Aus der Familiengeschichte

Die Familie Kast stammt ursprünglich aus Würzburg in Bayern, wo Ferdinand III. von 1806 bis 1814 Großherzog war. Der Aufstieg der Kasts begann mit Philipp Kast, der sich mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Hofstaat Ferdinands angeschlossen hat.

Heute bewohnt die Familie bereits in fünfter Generation das Schloss Ebelsberg. Philipps Sohn, Baron Karl Theodor von Kast, hat es 1825 gekauft. Zu dieser Zeit war das Schloss eine Ruine. Im Gefecht von Ebelsberg 1809 wurde es von Napoleons Truppen in Schutt und Asche gelegt. Das Schloss und der Markt Ebelsberg fielen Napoleon in die Hände. Nach dem Kauf begann der Baron mit dem Wiederaufbau des Schlosses und der dazugehörigen Anlage.

Verbesserung für Bauern

Ebelsberg erholte sich nur langsam von den kriegerischen Auseinandersetzungen, und auch Baron Kast hatte ab 1848, als er die bäuerlichen Untertanenverhältnisse aufhob, zu kämpfen. Mehr und mehr verlor er an Einfluss.

Mit dem Ankauf von Grundstücken und Bauerngütern sicherte Kast der Herrschaft Ebelsberg ihr Überleben. Mit dem Erwerb von Sierning wurde der Besitz noch einmal erweitert. Karl Theodor von Kast starb 1875 im Alter von 80 Jahren. Mit Michael von Kast, geboren 1859, war die Familie in der Landespolitik vertreten. Nachdem Michael Mitglied des Landesausschusses und Landtagsabgeordneter war, stieg er 1897 zum Landeshauptmann von Oberösterreich auf. Ein Jahr später wurde er zum kaiserlichen Ackerbauminister ernannt.

Nach Michaels Tod erbte Bruder Johann das Schloss. Seine beiden Töchter Anna und Sophie blieben kinderlos. 1974 wurde deshalb Llewellyn Kast, der zu diesem Zeitpunkt in Argentinien lebte, das Anwesen überschrieben. Mittlerweile wohnt der ehemalige Baron das ganze Jahr über in Ebelsberg.

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