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Museumskleinod muss sich verrollen

Von Klaus Buttinger, 21. Juli 2018, 00:04 Uhr
Museumskleinod muss sich verrollen
Walter Neumayer mit Offiziersrad samt Säbel Bild: Weihbold

Das "Oldtimermuseum rund ums Rad" in Altmünster versammelt hunderte herrliche Erinnerungsstücke aus 200 Jahren Fahrrad- und Motorradgeschichte. Bald muss es absiedeln. Ein Aderlass, findet Klaus Buttinger.

Die Geschichte beginnt mit einem Propeller, symbolisiert durch das blau-weiße BMW-Logo. "Kauf dir eine Blauweiße", wurde Walter Neumayer (65) in jungen Jahren von einem motorradbegeisterten Kameraden geraten, "dann hast du es leichter bei den Hasen." Ob dieser Tipp schon damals daneben lag, liegt unter der Decke der Geschichte, jedenfalls war der Kontakt mit der Blauweißen prägend. "Bei mir ist der BMW-Virus ausgebrochen", berichtet der Betreiber des "Oldtimermuseums rund ums Rad" in Altmünster. Bald war eine BMW R 51/3 mit 500-ccm-Boxer-Motor angeschafft, heute ein absoluter Motorrad-Klassiker. Der junge Elektriker beim Gmundner Zementwerk Hatschek erstand bald günstig eine zweite, eine dritte Bayrische und eine für die Gemahlin. Man fuhr aus, man traf sich mit anderen jungen Wilden beim elitären Ruderclub am Traunsee, bis dessen Präsident die Clique rügte: "Wir sind kein Motorradverein!"

Museumskleinod muss sich verrollen
Ein Besucher nimmt Platz auf dem skurrilen Monowheel von 1910. Bild: Weihbold

Dann entwickelte sich die Freude am Fahrrad, zuerst am Hochrad. "Ich bin richtiggehend süchtig danach geworden", sagt Neumayer. "Das Schweben in der Höhe, nur Fliegen ist schöner", schwärmt er. Rennen ist er mit den Trümmern gefahren und auch manchmal abgestiegen – mit schmerzhaften Folgen für Schulter und Beine.

Im Museum weiß Neumayer zu jedem Exponat eine Geschichte zu erzählen und ein G’schichtl obendrein. Auf den gut 250 Quadratmetern gruppieren sich um einen Buick Sportroadster von 1930 vier Dutzend Motorräder und rund 250 Fahrräder. Verzierte Trinkhörner, mächtige Zinnkrüge und prächtig verzierte Pokale künden von der Wertigkeit früherer Radkonkurrenzen, die anfangs der gestopften Klientel vorbehalten waren. "Solche Sachen anzusehen, erfreut das Herz", sagt der Museumschef.

Museumskleinod muss sich verrollen
Rund um das Buick-Cabrio von 1930 glänzen Dutzende Motorräder. Bild: Weihbold

Radmekka Salzkammergut

Das Salzkammergut war zu Zeiten der Monarchie ein Tummelplatz der Rad fahrenden High Society. Zur Sommerfrische wurden Gepäck und Räder per Dampfzug angeliefert, man nahm sie auf dem Raddampfer Gisela nach Ebensee mit, um vielleicht nach Ischl zu radeln, wo der Kaiser höchstselbst den Sommer über residierte. Apropos Gisela: In Neumayers Sammlung findet sich auch jener Waffenradtyp, mit dem sich Erzherzogin Gisela, Tochter von Sissi und Franz Joseph, verlustierte.

Museumskleinod muss sich verrollen
Erzherzogin Gisela, Tochter Sissis, auf einem Steyrer Waffenrad Bild: Weihbold

Vor einem Vierteljahrhundert geschah es, dass Neumayer mit seinem Kollegen Hannes Denzel, der heute noch als Buchhalter dem Museum verbunden ist, nach Holland fuhr, um ein paar alte Räder aus einem Museum zu kaufen. Beim Heimfahren meinte Denzel: "Jetzt könnten wir auch ein Museum aufmachen." Bald darauf stellte man die bis dato gesammelten Schätze aus, bereits in den heutigen Räumlichkeiten neben dem Gasthaus Reisenberger. Die Ausstellung wurde verlängert, und schließlich trat die Gemeindeführung Altmünsters an Neumayer heran, er möge doch ein Museum aufbauen. Dafür helfe man bei der Miete. Umso gröber wirkt es, dass die heutige Lokalpolitik nicht in der Lage ist, die feine, stimmig präsentierte Sammlung zu halten. Das Museum siedelt Ende 2019 ab.

Museumskleinod muss sich verrollen
Not macht erfinderisch: In Zeiten der Kautschukknappheit hielten Korken her Bild: Weihbold

Über die Jahre wurden in Eigenregie Themenbereiche wie eine Rad- und Motorradwerkstätte aufgebaut (darin findet sich der älteste Puch-Motor). Im Kinderbereich dürfen kleine Besucher alte Dreiräder ausprobieren, auf dem Marktplatz im ersten Stock wagte so manche Besucherin mit dem Betreiber ein Tänzchen zu Tangoklängen aus dem Grammophon. "Wenn die Leute mit einem Lächeln hinausgehen, dann habe ich etwas richtig gemacht", sagt Neumayer.

Alle finden es schade ...

Nun aber braucht der Vermieter die Räumlichkeiten des Museums selbst. "Sein gutes Recht", so Neumayer, der seit geraumer Zeit ein Ausweichquartier sucht. Sein Wunsch, im renovierten Internat im Schloss Ebenzweier einzuziehen, wurde ebenso wenig erfüllt wie eine sonstige Raumalternative. Schlaflose Nächte habe er hinter sich, sagt er. Bis eine andere Gemeinde ihre Chance sah. Das Museum geht nach Niederösterreich.

Dem Museumsbetreiber tut der Auszug aus seiner Heimatgemeinde weh. Wenngleich es ihm bürokratische Irritationen erleichtern, zu gehen, etwa weil die Straßenmeisterei Hinweisschilder zu seinem Museum einfach abmontiert habe. "In dem Konflikt versuchte ich zu vermitteln", seufzt Altmünsters Bürgermeisterin Elisabeth Feichtinger. Ein lokaler Touristiker stellt fest: "So viele Jahre so viel Engagement, und dann ... Äußerst schade das!" Auch Feichtinger findet das schade. Sie habe versucht, Möglichkeiten zu finden. Aber es fehle an Räumlichkeiten ... Und so passiert es, dass das Land ein Museumskleinod verliert. Haben wir schon "schade" gesagt?

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8  Kommentare
8  Kommentare
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( Kommentare)
am 23.07.2018 10:52

Niederösterreich liegt bei Museumsabwanderungen im Trend.
U.a. auch das ehemalige Rainbacher (Mkr) Wäschereimuseum hat es dorthin verschlagen...

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mynachrichten1 (15.427 Kommentare)
am 21.07.2018 16:58

am ungenützten Seegrund in Gmunden bräuchte man nur ein Zelt hinstellen und Gmunden hätte ganz billig eine politisch gemachte Attraktion?

und zudem hat ja Radfahren hohes Klima aktives Zukunftspotential.

vielleicht könnte man vielleicht auch einen Holzfertighaus Hersteller, der das als Werbeprojekt sponsern würde, gewinnen?

Auch Naturholzmöbelhersteller könnten vielleicht dabei profitieren, mit Schauräumen nebenan, und sicher auch Wirte.

Nachdem der Grund sowieso so groß ist, was würde wirklich gegen so ein Projekt sprechen.

Das im gesamten Bezirk nirgends geeignete Hallen, die sowieso leer stehen da sind,

das muss mir einmal jemand erklären, der sich darüber und über Wirtschaftsbelebung und Anpreisung von im Grunde genommen günstigen Sehenswürdigkeiten Gedanken macht.

Außerdem wäre das vielleicht auch ein Leader Projekt oder EU Projekt.

Macht´s was, die ihr zuständige für Attraktionen seit, es geht nicht billiger!! und besser.

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Bewegung1 (136 Kommentare)
am 21.07.2018 14:35

Mein Mann und ich haben vor einer Woche in diesem Museum eine super, engagierte Führung- nur für uns beide- bekommen. Man spürt, die beiden leben das, man spürt ihre Begeisterung. Wir haben sehr viel Neues erfahren und haben es schon vielen Freunden weiterempfohlen. Wirklich schade, dass es dieses Museum im Salzkammergut nicht mehr geben wird.

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MajaSirdi (4.833 Kommentare)
am 21.07.2018 13:56

Anlässlich eines Reha-Aufenthaltes am Gmundnerberg bin ich in dieses Kleinod reingestolpert und gleich mehrere Stunden geblieben - sehr unterhaltsame Stunden von einem Herren der eigentlich alles weiß und der Spaß dabei - unbezahlbar!!!
Durch das lachen, der Spaß beim zuhören der Geschichten ging es mir besser als alle Medizin zusammen ...

Wenn ich viel Platz hätte so hätte das Museum bei mir sofort Asyl bekommen mit kostenloser Unterkunft und Betriebskosten...

Das ist Geschichte die Lebt!!!
Eine Liebesgeschichte zum Mechanischen Detail und so etwas lässt man ohne mit der Wimper zu zucken ziehen in eine Gegend wo das Museum verstaubt ..., das Museum gehört in das Salzkammergut!

Schämt euch Ihr Gemeinde-Politiker, dass aus der Gemeinde zu vertreiben - es wird so viel Geld ohne Nutzen in die Luft geblasen von den Orts-Politikern aber da das regiert der Starre-Stumpfsinn wie 95% der Politischen Kultur Österreichs & EU ...

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bartgeier (1.024 Kommentare)
am 21.07.2018 11:57

"Schade" ist das alles, was der Politik und dem Tourismus dazu einfällt?Bei diversen Anlässen hört man oft von der Politik wie wichtig solche Projekte sind und das man sie gerne unterstützt weil sie so wichtig sind für die Region! Nur sind das mehrheitlich Lippenbekenntnisse, wenn man aber wirklich Hilfe braucht wo ist dann die Unterstützung?

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reibungslos (14.393 Kommentare)
am 21.07.2018 14:02

Es kostet halt alles Geld. Unterstützt die Politik ein derartiges Museum etwas üppiger, damit es überleben kann, heißt es gleich von vielen Seiten, man würde Steuergeld sinnlos verschleudern.

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Rufi (4.739 Kommentare)
am 21.07.2018 17:46

traurig, aber wahr
(diesmal ohne aber-negation)

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bartgeier (1.024 Kommentare)
am 21.07.2018 17:52

Unter üppiger Unterstützung für mich z.B. fällt das Schigebiet Kasberg jährlich 300 000 Euro oder die jeweiligen Landesgartenschauen mehrere Mio. Euro. Dem Museum wäre mit einer einmaligen Summe oder mit Räumlichkeiten in einem öffentlichen Gebäude (z.B Landschloß Ort) schon geholfen. Wahrscheinlich ist aber der politische Nutzen für die Damen und Herren in der Politik zu gering.

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