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SPÖ-Chefin Gerstorfer mit knapp 90 Prozent wiedergewählt

Von Alexander Zens und Heinz Steinbock   09.Juni 2018

226 Delegierte stimmten für Gerstorfer, die das Amt vor zwei Jahren übernommen hatte. 26 Streichungen gab es. Damit hat die 54-Jährige 89,68 Prozent der Stimmen bekommen. Gerstorfer hatte vor dem Parteitag gesagt, dass sie mit weniger als die 95,8 Prozent von 2016 rechne. Am Parteitag selbst war noch viel spekuliert worden, wohin die Reise gehen könnte. Vor allem angesichts der geplanten Strukturreform der SPÖ, die in den Regionen zur Zusammenlegung von Bezirksstellen führt. Dieses Thema war auch gestern beim ersten Teil des Parteitages intensiv diskutiert worden.

Mit den knapp 90 Prozent könne Gerstorfer nun doch zufrieden sein, merkten Delegierte an. Die SPÖ-Chefin sagte nach Verkündung des Wahlergebnisses: "Ich kann Euch versichern: Wir werden weiter vehement gegen die eiskalte Retro-Politik von Schwarz-Blau auftreten. Gemeinsam werden wir es schaffen, die SPÖ bei der Landtagswahl 2021 wieder zur zweitstärksten Kraft zu machen."

Landesparteitag

"Der rote Sturm wird ein gewaltiger sein"

Mit dem Einmarsch der Landesvorsitzenden Birgit Gerstorfer und des Bundesparteichefs Christian Kern hat um 10.10 Uhr der 44. Landesparteitag der SPÖ in der Linzer Tips Arena begonnen.

Biblisch wurde es bei der Rede von Gerstorfer, die sich heute zum ersten Mal der Wiederwahl stellt. Sie sagte in Richtung Landeshauptmann Thomas Stelzer (VP) und seinem Stellvertreter Manfred Haimbuchner (FP): "Wer Wind sät, wird Sturm ernten. Der rote Sturm wird ein gewaltiger sein." Sie kritisierte die "Kürzungspolitik" an den Beispielen Kindergartengebühren, Mindestsicherung oder auch Pflege. "Die Blauen und die Schwarzen säen Zwietracht - jeden Tag."

Gerstorfer formulierte auch "zehn Gebote", die für sie nicht verhandelbar seien. Dazu gehört unter anderem die Forderung, dass man sich im Gesundheitssystem an den besten Leistungen orientieren müsse. Auch die deutliche Erhöhung des Sozialbudgets, eine Beschäftigungsgarantie für Ältere und "Raus mit allen rechtsextremen Hetzern aus öffentlichen Positionen" finden sich in den Geboten. Gerstorfer schloss mit einem Versprechen an die 258 anwesenden stimmberechtigten Delegierten und insgesamt 700 Parteitags-Teilnehmer: "Wir werden die Herzen der Menschen erobern."

Kern wies auf das vor kurzem veröffentlichte Rekordergebnis der voestalpine hin und betonte, dass der aktuelle Wirtschaftsaufschwung die Handschrift der Sozialdemokratie trage. Er kritisierte die schwarz-blaue Bundesregierung. Sie arbeite mit Sündenböcken, falschen Zahlen bei der Mindestsicherung und wolle etwa die Sozialversicherungen zerstören. Die Wünsche der Großspender würden nun erfüllt.

Kerns Beispiele: Eine geplante Neuregelung der Grunderwerbsteuer würde große Investoren von dieser befreien. Und jene rund 500.000 Euro, die der Industrielle Stefan Pierer der VP gespendet habe, bekomme seine Unternehmensgruppe binnen zehn Monaten zurück, wenn die Unfallversicherung AUVA tatsächlich insgesamt 500 Millionen Euro Arbeitgeberbeiträge einsparen müsste.

Nach den Reden meldeten sich rund zehn Delegierte in der Diskussion Wort. Es gab nur ein wenig Kritik aus dem Innviertel an der grundsätzlich umstrittenen SP-Strukturreform in Oberösterreich, bei der auch Bezirksstellen zusammengelegt werden sollen.

Video: Landesparteivorsitzende Birgit Gerstorfer (SPÖ) wurde mit 89,7 Prozent der Delegiertenstimmen wieder gewählt. Bei ihrer Rede kritisierte Gerstorfer die Kürzungen im Sozialbereich heftig.

So reagieren ÖVP und FPÖ

Die ÖVP Oberösterreich gratulierte Landesrätin Gerstorfer in einer Aussendung zur Wiederwahl: „Bei allem Verständnis für die Rhetorik und Folklore eines Parteitages hoffen wir, dass Gerstorfer ab Montag wieder zum gewohnten Weg der Zusammenarbeit zurückkehrt“, teilte OÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer mit. Kritik kommt von der FPÖ: „SPÖ-Landesvorsitzende Birgit Gerstorfer betreibt offensichtlich Frontalopposition und vergisst dabei, dass sie als Regierungsmitglied Verantwortung trägt“, so die Reaktion von Erwin Schreiner, Landesparteisekretär der Freiheitlichen in Oberösterreich.

Auf der Suche nach Antworten

Als Bundeskanzler, der "nur vorübergehend außer Dienst ist", wurde Kern von Landesgeschäftsführerin Bettina Stadlbauer begrüßt. Den Delegierten und Gästen wurde ein lautstarkes Video präsentiert, in dem viele Fragen gestellt wurden, auf die die SPÖ "Antworten" suchen will, wie etwa auf die Fragen "Wenn die Wirtschaft wächst, muss dann nicht auch der Kuchen wachsen?" und "Wie bekommen Arbeitslose Arbeit?"

Dabei waren unter anderen auch der Linzer Bürgermeister Klaus Luger, der in keinen Parteigremien der Landes-SPÖ mehr vertreten ist, Ex-Landeschef Erich Haider und der streitbare frühere Vorsitzende Josef Ackerl.

Musikalisch begleitet wurden der Einmarsch und das Video vom "Spring String Quartett" mit doch eher  progressiven Klängen. Vor dem Eingang der Tips Arena hatte die Sozialistische Jugend Würfel aufgestellt mit Zitaten von Personen wie Bruno Kreisky und Barbara Prammer, die durchaus als kritische Spitzen gegen die Entwicklung der SPÖ interpretiert werden konnten.

Den Landesparteitag der SPÖ im Video:

 

"Auf geht's, kämpfen und siegen"

Auf geht's, kämpfen und siegen." Mit diesem Fan-Spruch des Fußballvereins Blau-Weiß Linz schloss der Linzer Bürgermeister Klaus Luger seine Grußworte beim Landesparteitag. Zuvor hatte er gefordert, dass die SPÖ wieder in die Offensive gehen sollte. "Wir müssen überall dort, wo wir die Hauptverantwortung haben, also in vielen Gemeinden, vorzeigen, wie es anders geht", sagte er in Richtung schwarz-blau.

Vor einem "totalen Umbau der Republik", "totalitären und autoritären Zügen" sowie  der Aushöhlung der Arbeitnehmerrechte warnte Arbeiterkammer-Präsident Johann Kalliauer. Er sprach beispielsweise die "Zerschlagung der Sozialversicherungen" und den Zwölf-Stunden-Tag an. Die Bundesregierung arbeite auch mit Unwahrheiten. So gebe es nur 800, nicht 2000 Funktionäre bei den Sozialversicherungen. Und 90 Prozent davon arbeiteten ehrenamtlich.

 

Kern im OÖN-Interview

Christian Kern im OÖN-Interview

Christian Kern war eineinhalb Jahre Bundeskanzler. Nun kämpft der SPÖ-Vorsitzende als Oppositionsführer darum, die Partei zu alter Stärke zu bringen. Heute hält er eine Rede beim Landesparteitag in Linz, zuvor gab er den OÖNachrichten ein Interview.

  1. OÖNachrichten: Ihr Fußball-Herzensverein, die Wiener Austria, ist heuer mit Platz sieben ins schwache Mittelfeld abgerutscht. Auch die SPÖ Oberösterreich ist mit zuletzt 18 Prozent der Stimmen in diesem Bereich. Wie kam es zu dem Rückfall und was muss die Partei tun, um diesen zu stoppen?

    Christian Kern: Beide haben beste Chancen, sich wieder hinaufzuarbeiten. Bei der jüngsten Nationalratswahl war die SPÖ in Oberösterreich über dem Bundes-Schnitt, in Linz gab es das beste Städteergebnis, und auch in Wels waren wir wieder die Nummer eins. Bei Betriebsratswahlen waren wir zuletzt sehr erfolgreich. Die Zahl der Mitglieder ist 2017 deutlich gestiegen. Oberösterreich ist ein traditionell guter Boden. Und wenn wir im Bund zurück an die Spitze wollen, braucht die SPÖ ohne Zweifel ein starkes Oberösterreich.
  2. Ist das Team in Oberösterreich das richtige? Zuletzt harmonisierten Landes-SPÖ, Statutarstädte und Gewerkschaftsblock nicht wirklich.

    Ein Grund für das schlechte Wahlergebnis 2015 war sicher, dass sich die Kollegen persönlich gründlich zerstritten hatten. Jetzt sehe ich wieder deutlich mehr Einigkeit. Das ist ein Verdienst von Birgit Gerstorfer, die sehr ausgleichend wirkt. Wir müssen aber Geduld haben, denn wir haben es durchaus mit einem starken Gegner zu tun.
  3. Der starke Gegner ist Schwarz-Blau in Land und Bund. Kanzler Kurz empfing diese Woche Putin, und er hatte einen großen Auftritt in Brüssel. Tut es Ihnen weh, nicht mehr staatsmännisch aktiv zu sein?

    Hier geht es nicht um persönliche Kategorien. Sondern die Regierung nimmt internationale Termine wahr, die man wahrnehmen muss. Das ist notwendig und wichtig. Mich beunruhigt an der Bundesregierung aber, dass sie Österreich ganz offenbar zu einem Land der Kaczynskis, Orbans und Salvinis machen will. Kurz und Strache kopieren die Visegrad-Staaten und arbeiten mit Sündenböcken und Vorurteilen. Ich möchte Österreich aber nicht am Katzentisch der EU sehen, sondern im Zentrum bei Macron und Merkel.

    "Die SPÖ braucht ein starkes Oberösterreich"
    "Da passt kein Blatt dazwischen", sagt Kern über sein Verhältnis zum Wiener Bürgermeister Michael Ludwig.
  4. Die Regierung hält aber ihre Wähler in den Umfragen. Die SPÖ kämpft mit der FPÖ um Platz zwei und ist teilweise hinten.

    Wenn Sie das Bild der jüngsten zehn Umfragen nehmen, halten bis jetzt Regierung wie auch Opposition ihre Wähler. Das Bild wird sich aber ändern, wenn die Regierung Pläne umsetzt, die zu massiven Einschnitten führen werden, weil sie die Interessen der Großsponsoren der ÖVP bedienen.
  5. Ihre Kritik an der Ministerrats-Sitzung in Brüssel, dass das eine Inszenierung sei, wurde kritisiert. Sie inszenierten sich als Kanzler auch als Pizzabote und bei der Plan-A-Rede in Wels.

    Die Kritik wurde missverstanden. Die Regierung soll von mir aus sehr gerne für einen Tag nach Brüssel fliegen. Es ist aber inakzeptabel, dass die Bundesregierung die Öffentlichkeit belügt. Kurz und Minister Blümel haben das Parlament informiert, dass der EU-Ratsvorsitz 43 Millionen Euro kosten wird. Wir haben das mit Anfragen an die Ministerien nachgeprüft. Und siehe da, es wird 120 Millionen Euro kosten.
  6. Wer ist nun der Chef in der SPÖ? Der neue Wiener Bürgermeister Ludwig hat umgehend betont, dass er nichts davon hält, die Zeit für Mandatare in der SPÖ grundsätzlich auf zehn Jahre zu beschränken, wie von Ihnen vorgeschlagen.

    Der Chef der SPÖ sind ihre Mitglieder. Sie werden über das Parteiprogramm und das Demokratiepaket entscheiden. Die Vorschläge zum Demokratiepaket sind das Ergebnis intensiver Diskussionen. Ich bin der Meinung, dass die SPÖ nicht stillstehen darf. Ein Mandat soll eine Auszeichnung, keine Erbpacht sein. Zu Ludwig und mir: Da passt kein Blatt Papier dazwischen, wir kennen und schätzen uns seit drei Jahrzehnten.
  7. Sie stellen sich im Oktober der Wiederwahl am Parteitag. Zuletzt bekamen Sie 97 Prozent. Was ist Ihr Ziel, wo die Schmerzgrenze?

    Es geht hier doch nicht um Schmerzgrenzen. Es geht darum, dass wir die Weichen stellen, inhaltliche Positionen beschließen und uns auf die nächste Regierungsperiode vorbereiten.
  8. Welches Ergebnis wäre für Birgit Gerstorfer in Ordnung? Sie hat im Vorstand eine umstrittene Strukturreform durchgesetzt.

    Reformen sind nie bei allen Beteiligten gleich populär. Sie wird aber sicher ein gutes Ergebnis erzielen.

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29. März 2024