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„Ich vermisse nichts“

Von Johannes Grims   19.Mai 2018

Wie haben Sie das Jahr 1968 und die darauffolgende Zeit aus gesellschaftspolitischer Sicht wahrgenommen? 

Ich war 1967 und 1968 in London und habe meine Familie in Wien immer wieder in den Ferien besucht. Und daher war alles sehr auf Studium und Familie ausgerichtet. Ich weiß nur, dass das mit den 68ern auch in London ein Thema war. 

Was ist Ihnen aus dieser Zeit besonders in Erinnerung geblieben? 

Sehr, sehr wenig. Aus dem einfachen Grund, weil ich mich sehr auf Sprachen, Familie und Kunst konzentriert habe und sekundär auf politische Ereignisse. 

Hat die damals vorherrschende Aufbruchsstimmung Ihre Werke beeinflusst? 

Meine Aufbruchsstimmung war so stark auf eine Änderung der Familiensituation und der örtlichen Situation gerichtet, dass ich genug Aufbruchsstimmung hatte. Sie hat sich erst langsam in meinen Arbeiten entwickelt, weil ich wusste, man kann nicht von heute auf morgen einen Bruch in der Arbeit gestalten – das ist nicht gut. 

Gibt es Dinge, die Sie von der damaligen Zeit vermissen? 

Es war damals für meinen Mann und mich eine schwierige berufliche Situation, und daher vermisse ich nichts. 

Denken Sie, die Menschen waren zu dieser Zeit freier bzw. entspannter als heute? 

Entspannter? Ich weiß es nicht. Ich hab mich sehr um das Managen meiner Situation gekümmert. 

Wo haben Sie eigentlich Ihren Mann kennengelernt? 

Na, das ist eine putzig zu beantwortende Frage. Arme Verhältnisse gab es auch in Wien. Arme Leut’ treffen arme Leut’, und dann merkst du nicht, dass du so arm dran bist. Ich war im siebten Bezirk in einer Wohnung im zweiten Stock und er in einer Studentenbude im ersten Stock direkt gegenüber. Ich arbeitete immer bis drei Uhr morgens, um Geld zu verdienen, und er hat um sechs Uhr in der Früh angefangen, Geige zu spielen. An einem 1. Mai waren die Paraden in der Burggasse, und da hab ich beim Fenster hinuntergeschaut und er auch. Am nächsten, oder noch am selben Tag stand an seinem Fenster in Spiegelschrift: „Möchte dich kennenlernen.“ Ich war 16 und er war 23. Fast wie bei Romeo und Julia. (lacht) 

Hatten Sie mit ihm in Bezug auf Ihr gemeinsames künstlerisches Schaffen auch Differenzen? 

In der Kunst nie. (lacht) 

Sie sind Mitbegründerin der Internationalen Aktionsgemeinschaft bildender Künstlerinnen (Intakt). Was waren Ihre Beweggründe? 

Manches möchte ich nicht aussprechen, aber wenn man im Jahr 1975 gesagt bekommt: „Du bist ein Weib, was soll das, dass du dich um diesen Job bewirbst?“, dann ist das ein gewisser Ansporn. Zusätzlich wurde damals auch das Jahr der Frau ausgerufen und daraufhin haben wir uns formiert und diese Gemeinschaft im Jahr 1977 gegründet. Wir sind noch immer aktiv und stellen demnächst in Dresden aus. 

Würden Sie sich als Feministin bezeichnen? 

Nein. Auch wenn ich zwei Frauengruppen gegründet habe, fühle ich mich nicht als Feministin. Ich bin auch bei keiner Partei. Ich möchte nur etwas für die Frauen tun und wünsche mir, dass das Textile, das ich mit dem Femininen verbinde, einen guten Stellenwert bekommt. 

Sie arbeiten viel mit textilen Materialien. In Ihren Werken findet sich immer wieder der Zwirn, der gedrehte Faden. Welche Botschaft liegt dem zugrunde? 

Die Botschaft ist ziemlich einfach. Alles Leben ist Bewegung. Sogar der Laserstrahl ist ganz glatt gegenüber dem normalen Licht. Für mich ist das Leben so wichtig, so kostbar – und das ist das Symbol. 

Was ist Ihre wichtigste Inspirationsquelle? 

Die Kreativität an sich. Man kann aus allem etwas Neues erschaffen. Aber ich möchte es immer so gestalten, dass ich gleichzeitig auch das Alte bewahren kann.

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25. April 2024