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„Wir waren frech, aufmüpfig und stark“

Von Chiara Matschnig, 19. Mai 2018, 00:04 Uhr
Wolfgang Moringer 1968 Bild: privat

Wolfgang Moringer, heute prominenter Rechtsanwalt, war 1968 einer der Anführer der Linzer Studentenbewegung: „Wir waren die andere Seite“, sagt er im Gespräch mit Chiara Matschnig.

Wolfgang Moringers Aufmüpfigkeit zeigte sich schon früh. In der achten Klasse im damaligen Linzer Hummelhof-Gymnasium (heute Landwied- Gymnasium) wurde der 18-Jährige 1965 als Herausgeber der Schülerzeitung „Discipulus“ in die Direktion zitiert. Der Schulleiter wies ihn scharf zurecht, nachdem er in einem Artikel Sympathien für die Südtiroler Freiheitskämpfer, die mit terroristischen Mitteln arbeiteten, gezeigt hatte. 

Wenige Jahre später fiel der junge Jus-Student an der Hochschule für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften (heute Johannes-Kepler-Universität) erneut auf. Er war bei der feierlichen Inauguration des neuen Rektors einfach sitzen geblieben, während die Polizeimusik die Bundeshymne spielte. „Das war ungebührliches Verhalten in der Öffentlichkeit und damit ein Straftatbestand“, sagt Moringer, heute 70. Prompt wurde er angezeigt und verurteilt. Das ließ Moringer nicht auf sich sitzen und kämpfte bis zum Verfassungsgerichtshof dagegen an. Sein Pech: Auch die Höchstrichter bestätigten das Urteil, Moringer musste eine Geldstrafe zahlen. 

Auch wenn es 1968 in Linz keine großen Aktionen gab, herrschte dennoch unter den Studenten ein Klima des Protests, der Kritik, des Aufruhrs, sagt Moringer, damals Kommunist: „Wir wollten die völlig erstarrten gesellschaftlichen Strukturen aufbrechen. Wir waren frech, aufmüpfig und stark.“ Es wurde demonstriert und in zahllosen Diskussionen vieles in Frage gestellt: „Wenn wir den Eindruck hatten, ein Professor sagt in der Vorlesung einen Blödsinn, standen wir auf und sagten das.“ Nachsatz: „Auch wenn damit zumeist das Ende der Vorlesung verknüpft war.“ Doch war diese radikale Haltung nicht auch gefährlich? „Die Festnahme durch die Polizei oder eine Verurteilung war nichts, was uns erschüttern konnte.“ Im Gegenteil: „Eine Verhaftung war der Ausdruck der Demaskierung dieser Einrichtung. Drei Monate ins Häf’n zu gehen, hätten wir als Auszeichnung angesehen.“ Man sah sich als Gegner des restriktiven Staates – und der Polizei: „Wir waren die andere Seite.“ 

 

Moringer war auch dabei, als zwei Jahre später Studenten das Institut für Arbeits- und Sozialrecht an der Hochschule besetzten. Grund war, dass einem Studenten von Professoren eine Stelle als wissenschaftliche Hilfskraft verwehrt wurde. Er hatte zuvor in einer Studentenzeitschrift aufgedeckt, dass manche Gründungsprofessoren mit teils hohen Zahlungen an die neue Uni gelockt worden waren. Als der zuständige Institutsvorstand die Diskussion um die Anstellung des Studenten verweigerte, stürmten die Studenten das Institut, und der Professor sperrte sich in seinem Büro ein: „Wir waren etwa 70 bis 90 Leute. Wir wollten diskutieren, er hat sich bedroht gefühlt.“ Gewalttätig sei aber niemand geworden: „Wir wollten die Kräfteverhältnisse zeigen und klarmachen, dass es so nicht geht“, erinnert sich Moringer. Später verhängte der Dekan sogar einen Lehrveranstaltungsstopp. Gelöst wurde der Fall erst, als die zuständige Ministerin, Hertha Firnberg, nach Linz kam: Der Student wurde eingestellt, die Zahlungen für die Professoren überprüft.

Mittlerweile sind viele Jahre vergangen. Moringer machte als Anwalt Karriere, wurde als Partner der renommierten Linzer Kanzlei „Haslinger, Nagele und Partner“ für Fälle in ganz Österreich beauftragt. Heute würden wieder viele der damals erreichten Veränderungen in Frage gestellt, sagt der Linzer: „Die vergangenen zehn Jahre sind durch einen Backlash geprägt. Es werden in allen gesellschaftlichen Bereichen Bedrohungsszenarien aufgebaut, die immer weiter zur Verstärkung der Polizei führen.“ Mit der heutigen Gesellschaft geht er hart ins Gericht: „Man will nur noch konsumieren. Böse werden die Leute erst dann, wenn sie daran gehindert werden, ungestört bei H&M einzukaufen.“ Genauso unverklärt blickt er auf die eigene Generation. Was denn aus den Akteuren von damals geworden sei? „Alte Leute“, sagt er lakonisch. Aber: „Den aufmüpfigen Geist, den haben wir uns bewahrt.“

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