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Als Heintje die Hitparade eroberte

Von Sabine Göttel und Olaf Neumann, 14. April 2018, 00:04 Uhr
Heintje rührte Millionen Mütter zu Tränen Bild: Ariola

Zu einer Zeit, als eine Generation junger Erwachsener und Jugendlicher ihren Eltern den Stinkefinger zu zeigen schien, rührte ein braver Bub Millionen Mütter zu Tränen: Heintje. Vor 50 Jahren tauchte das Lied erstmals in der Hitparade in Deutschland und Österreich auf.

Im Jahr 1968 war Rockmusik die wichtigste Waffe im revolutionären Kampf. Jimi Hendrix und die Rolling Stones gaben ihre Statements zur politischen Lage ab. Steppenwolf sangen die Freiheitshymne „Born to be wild“. Und doch schaffte es ein zwölfjähriger Niederländer mit seiner zarten Stimme die Hitparade in Deutschland zu bestimmen – mit einer Version eines Liedes, die zuvor von seiner NS-Propaganda befreit werden musste. Und das ausgerechnet im Jahr der großen Studentenrevolten.

Doch der Reihe nach. 1966 trat Hendrik Nikolaas Theodoor Simons, kurz Heintje, in einem Talentwettbewerb in Schaesberg auf; er stellte die niederländische Version des Schlagers „Mamma“ vor. Prompt wurde er von dem Musiker und Produzenten Addy Kleijngeld entdeckt und unter Vertrag genommen. Dieser bemühte sich als sein Manager fortan, dass die goldene Kehle des süßen Jungen nicht nur die niederländische Provinz erfreute. Er komponierte fleißig Schlager und kümmerte sich um Auftritte im Nachbarland Deutschland. Dort stand man auf romantische Schlager von jungen, smarten Männern à la Roy Black. Doch ein niedlicher Kinderstar, wie ihn die junge Republik in den fünfziger Jahren mit Cornelia Froboess hatte („Pack die Badehose ein“), war in den Sechzigern weit und breit nicht in Sicht. Diese Lücke füllten Kleijngeld und sein Schützling perfekt.

„Der goldene Schuss“

Im Dezember 1967 sang Heintje eine deutsche Version von „Mama“ als Stargast von Vico Torriani in der ZDF-Show „Der goldene Schuss“. Ein Millionenpublikum war zu Tränen gerührt, und der damals Elfjährige stürmte im Jahr darauf die Charts.

Doch ganz so harmlos, wie es scheint, ist sein Lied nicht. Geschrieben hatte es ursprünglich der neapolitanische Filmkomponist Cesare Andrea Bixio im Jahr 1938 für den italienischen Opernsänger Beniamino Gigli, der als legitimer Nachfolger von Caruso galt. 1941 drehte der nach Deutschland emigrierte Mailänder Regisseur Guido Brigone auf Grundlage des Liedes den nationalsozialistischen Propagandafilm „Mamma“. Der Textautor Bruno Balz („Kann denn Liebe Sünde sein“) schrieb dafür eine deutsche Fassung des Liedes namens „Mutter“. Jahrzehnte später suchte Kleijngeld nach einem geeigneten Lied für den holländischen Nachwuchssänger Hein Simons und wurde bei Balz fündig, als dieser ein vergilbtes Blatt aus der Schublade hervorkramte. Bevor der adrette, ordentlich gekleidete und nett frisierte Bub „Mama“ einsingen durfte, wurde der Text aber noch schnell von seinem Kriegsinhalt bereinigt.

Heintje mit "Mama":

Allein 1968 war Heintje mit drei Schlagern auf den vorderen Plätzen der deutschen Jahreshitparade vertreten: „Mama“ (Platz 1), „Du sollst nicht weinen“ (Platz 2) und „Heidschi bumbeidschi“ (Platz 4) zogen an den Beatles und Rolling Stones vorbei. 1968 war „Mama“ die meistverkaufte Single in Deutschland. Kein Wunder, denn niemand besang die wichtigste Frau im Leben eines Mannes herzergreifender als der Bub Heintje.
Zu den Hoch-Zeiten der Schüler- und Studentenrevolte verkörperte Heintje den braven Sohn, der sich für Liebe und Fürsorge mit einem Lied bedankte, statt Eltern und Gesellschaft den Stinkefinger zu zeigen. Gigantische Verkaufszahlen belegten die Sehnsüchte nach einer intakten Familie genauso, wie sie dem Konzept findiger Produzenten recht gaben.

In den nächsten Jahren wurde Heintje mit Preisen und Auszeichnungen überhäuft; darunter eine Platin- und 40 Goldene Schallplatten, ein Bambi und zwei Goldene Löwen. Der Verkaufserfolg seiner Singles und LPs war enorm: International wurden fast 50 Millionen Tonträger verkauft; man produzierte eigens drei LPs in englischer Sprache für Fans in Australien, Kanada und den USA.

Heintje "Du sollst nicht weinen":

Auf dem Gipfel seines Erfolgs versuchte sich Heintje wie die Kollegen Peter Alexander und Roy Black auch beim Film. Die sogenannten „Lümmelfilme“ besetzte man damals gerne mit Stars aus der Schlagerbranche. Als renitente Schüler durften sie in diesen Streifen endlich einmal über die Stränge schlagen – natürlich in einem schicklichen Rahmen und ohne gravierende Folgen. Heintje debütierte 1968 mit einer kleineren Rolle in „Zum Teufel mit der Penne“.

„Mir war immer klar, dass ich die Rollen nicht aufgrund meiner schauspielerischen Fähigkeiten bekommen hatte, sondern wegen meiner Popularität. Egal, was man damals mit mir machte – es wurde zu Gold. Auf heute übertragen war ich eine One-Man-Boyband“, sagte Heintje rückblickend in einem Interview.

"Heidschi bumbeidschi" (1968):

Stimmbruch erst mit 17 Jahren

Aber das Konzept ging auf, dem begabten Buben, der immer noch auf seinen Stimmbruch wartete, wurden Hauptrollen auf den Leib geschrieben. Die Filme trugen allesamt verkaufsfördernd seinen Namen: „Heintje – Ein Herz geht auf Reisen“ (1969), „Heintje – Einmal wird die Sonne wieder scheinen“ (1970), „Heintje – Mein bester Freund“ (1970).

Eine Karriere als Schauspieler startete der junge Sänger nach insgesamt sechs Kinoerfolgen in den Jahren 1968 bis 1971 jedoch nicht. Es war zu erwarten, dass sich nach dem Stimmbruch, den er mit 17 Jahren hatte, einiges ändern würde. 1973 versuchte der mittlerweile erwachsene Heintje Simons ein Comeback – mit mäßigem Erfolg; zu sehr war er auf die Rolle des süßen Jungen festgelegt. Er versuchte es auch außerhalb Europas, produzierte zwei LPs für den südafrikanischen Markt: 1975 erschienen „Suid Afrika“ und „Jou Hart is Weer Myne“ auf Afrikaans und bescherten Simons am Kap der Guten Hoffnung noch einmal große Erfolge. In Deutschland aber wurde es immer stiller um den ehemaligen Kinderstar. Die Angebote blieben aus, und als Kleijngeld 1977 starb, gab es niemanden mehr, der sich um Simons’ Karriere kümmerte. Finanziell hatte er zu diesem Zeitpunkt schon längst ausgesorgt. Mehr als 40 Millionen verkaufte Tonträger, von denen sein Manager je einen Gulden für Heintje angelegt hatte, ermöglichen ihm bis heute ein gutes Leben.

Und auch vom in den 1990er-Jahren explodierenden Erfolg der volkstümlichen Musik konnte er profitieren. Bis heute ist der Vater dreier Kinder in den populären Fernsehshows dieses Genres zu Gast und veröffentlicht weiterhin neue Alben. Seine LP „Thuis“ von 2014 hielt sich 13 Wochen in den niederländischen Charts.

Hendrik (Hein) Nikolaas Theodoor Simons Bild: dpa

Wie schaut Hein Simons heute auf seinen Erfolg in Kindertagen zurück? „Auch wenn es Zeiten gab, als ich es richtig blöd fand, wenn mich jemand Heintje nannte, war es eine fantastische Kindheit. Die Reisen, die Konzerte, die schreienden Fans, die Lümmelfilme an der Seite von Peter Alexander. Das war toll.“

Und wie ist es derzeit mit dem Image des Schlagersängers bestellt? „Man wirft Sängern wie mir vor: Du bist so seicht, so lieb! Aber wenn ich neue Lieder mache wie ‚Im tiefsten Dschungel fällt Schnee’, also etwas Umweltmäßiges, dann traut sich keiner ran. Kein Radio spielt sie. Sie sagen: Bring doch mal was Anspruchsvolles! Und wenn ich vom Klimawandel singe, heißt es: Jetzt dreht er durch, jetzt wird er verrückt.“

Heintje war 1968 der Gegenentwurf zu Mick Jagger und Jimi Hendrix. 50 Jahre später feiert der adrette, ordentlich gekleidete und nett frisierte Typ Mann gerade ein Comeback. 50 Jahre nach der Studentenrevolte wird das Schreckgespenst der Alt-68er wieder salonfähig.

 

Zur Person

Hendrik (Hein) Nikolaas Theodoor Simons kam am 12. August 1955 in Bleijerheide an der deutschen Grenze zur Welt. Er war von 1981 bis 2014 verheiratet und hat drei Kinder (zwei Söhne und eine Tochter).
Simons betreibt heute einen Reiterhof in Belgien, den er seit seinem 18. Lebensjahr besitzt. Pferde waren neben der Musik immer seine große Leidenschaft.

 

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7  Kommentare
7  Kommentare
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atmos99 (1.063 Kommentare)
am 15.04.2018 13:11

Im italienischen Originaltext sind keine Kriegsinhalte zu lesen, wie die OÖN fälschlicherweise schreibt, auch ist es nicht “durchtränkt von der nationalsozialistischen Blut-und-Boden-Ideologie” wie die »Die Presse« kolportierte.

Schade, wenn Journalismus so dermaßen verkommt, dass ohne Research einfach von anderen Schreiberlingen, sprich Sekundärliteratur abgeschrieben wird – selbst, wenn es noch so ein Schmarrn ist.

Bei diesem heiklen Thema ist besondere Sorgfalt geboten, vor allem journalistische Sorgfalt!

Gewiss wurde das Lied im Krieg so interpretiert, dass Mütter um ihre Söhne nicht weinen sollten. Durchaus wahrscheinlich, dass es auch mit diesem Kalkül geschrieben wurde. Jedoch enthielt es keine Zeile der besagten NS-Propaganda respektive verfasste man keine — wie von der Tertiärpresse behauptet — Kriegsinhalte.

Heute damit Heintje zu beschmutzen, finde ich infam. Die jouranalistische Fehlleistung mangels Professionalität und wissenschaftlicher Genauigkeit geradezu kurios!

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Orlando2312 (22.311 Kommentare)
am 15.04.2018 11:39

der Bioheini eifert fleissig dem cochran nach. An Blödsinnikeit hat dieses Posting schon den cochran-Standard fast erreicht.

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Biobauer (6.035 Kommentare)
am 15.04.2018 14:40

Mein lieber Orlando, falls Sie mich meinen darf ich Sie an Ihre Kinderstube erinnern.
Kurz gesagt ich wir kennen uns nicht und ich möchte von ihnen keine Zusatznamen bekommen

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Gugelbua (31.906 Kommentare)
am 14.04.2018 11:24

ja die gute heile Welt, heute haben wir die Fischer grinsen

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Biobauer (6.035 Kommentare)
am 14.04.2018 21:14

Gut das Heintje kein Burschenschafter ist, sonst würde das Linke Rollkommando auffahren und uns erklären das das Lied "Mama du sollst nicht um deinen Jungen weinen", schon in der NS Zeit gesungen wurde.

Muss ich meine Heintje Schallplatte jetzt einstampfen

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gutmensch (16.669 Kommentare)
am 14.04.2018 21:42

Du hast eine Heintje Schallplatte? OK. 🤔

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Biobauer (6.035 Kommentare)
am 15.04.2018 04:08

Ist das schon Wiederbetätigung?????????

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