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Ein Mord, der immer noch ein Rätsel ist

Von Alfons Krieglsteiner, 24. Februar 2018, 00:04 Uhr
Ein Mord, der immer noch ein Rätsel ist
Der Tatort auf dem Tummelplatz nahe der Treppe zum Linzer Schloss. Bild: OON

LINZ. Vor 30 Jahren wurde Sportredakteur Günther Schädel in Linz erschossen - die OÖN sprachen mit einem Ermittler.

Ein "Cold Case" ist ein Mordfall, bei dem alle heißen Spuren erkaltet sind. Der Mord an Günther Schädel ist so ein "Cold Case". Vor dreißig Jahren, am Morgen des 27. Februar 1988, wurde der 42-jährige OÖN-Redakteur auf dem Heimweg von einer Lokalrunde auf dem Tummelplatz in der Linzer Altstadt erschossen. Die Hintergründe sind immer noch ungeklärt.

Bis heute liegt der Akt im Landeskriminalamt. Dort wird in der Tatort-Munitionssammlung das wichtigste Beweisstück aufbewahrt: eine Patrone Kaliber 7,65 Millimeter. Die Spurensicherer hatten sie am Tatort im Schnee gefunden und so die Tatwaffe identifiziert: eine Pistole der in Ungarn hergestellten Typen "Frommer stop" oder "Frommer baby", eine Dienstwaffe des 1. Weltkriegs.

Tatwaffe bleibt verschwunden

"Aufgetaucht ist sie nie", sagt Oberst Erwin Meindlhumer. Heute im Führungsstab des Landeskriminalamtes, gehörte er damals der 15-köpfigen Ermittlergruppe unter Leitung von Kripochef Karl Sturmberger an. "Wir haben an 55 in Frage kommenden Pistolen kriminaltechnische Schusstests durchgeführt, aber ohne Ergebnis", so Meindlhumer. Nur eine fehlt bis heute: Sie soll kurz vor dem Mord einem steirischen Drogensüchtigen, der damals in Linz lebte, entwendet worden sein. "Es gab Hinweise auf zwei Linzer ‘Giftler’, die sie gestohlen hatten, doch wir konnten nichts beweisen, die besagte Waffe blieb verschwunden."

Von Anfang an habe die spärliche Spurenlage den Ermittlern zu schaffen gemacht. "Da liegt ein B’soffener!", lautete der Notruf des Taxifahrers, der Günther Schädel gefunden hatte. Die Einsatzkräfte gingen zunächst von einem Unfall aus. Erst im AKH Linz wurde die Schusswunde beim rechten Ohr entdeckt. Minuten später war "mungo", wie Schädel seine OÖN-Beiträge gezeichnet hatte, tot.

Nun wurden die Mordermittler eingeschaltet. Doch in der Nacht hatte es alle Spuren zugeschneit. Zunächst sei man von einem Raubüberfall ausgegangen, "doch dann haben wir unter dem Schnee weit verstreut Geldscheine gefunden, das Wechselgeld vom letzten Lokal, in dem er gesehen wurde".

Man habe in alle Richtungen ermittelt. "Anfangs vermuteten wir, es seien Italiener im Spiel gewesen, die mit einer dem Opfer nahestehenden Person in Verbindung standen." Dann kam die "Vanilli"-Bande ins Gerede, benannt nach einem Tresor-Einbruch ins Altstadtlokal "Vanilli", in dem Schädel gerne zu Gast war. Auch einer Spur in die bayerische Unterwelt-Szene ging man nach. Alles ohne Ergebnis.

Ein Mord, der immer noch ein Rätsel ist
Günther Schädel

Günther Schädel

"Diesen Fall vergisst man nicht"

Die Gerüchteküche brodelte: "Da gab es einen Häf’n-Friseur, der uns ständig ‘Gschichtln’ aufgetischt hat, die ihm Häftlinge berichtet hatten – aber die waren alle nur auf Haftbegünstigungen aus, nichts davon hat uns weitergebracht."

Rückblickend ist der Ermittler überzeugt: "Das war sicher kein Berufskrimineller, sondern es gab eine enge Beziehung zwischen Opfer und Täter - nur beweisen kann man es nicht."

Im September 2017 wurde der Fall in der ORF-Sendung "Thema" noch einmal aufgerollt. "Danach sind ein paar Hinweise eingegangen", sagt Meindlhumer. Aber eine neue "heiße Spur" war nicht dabei.

"Diesen Fall vergisst man nicht, die Bilder haben sich ins Gedächtnis eingebrannt", sagt Meindlhumer. Ob er irgendwann gelöst werden kann? "Vielleicht, wenn der Täter eines Tages doch noch sein Gewissen erleichtern will." Denn Mord verjährt nie.

Am Tag nach dem Mord setzten die OÖN eine Ergreiferprämie aus
Der erste Beitrag über den Mord erschien am Montag, 29. Februar.

Am Tag nach dem Mord setzten die OÖN eine Ergreiferprämie aus

 

Am Sonntag, einen Tag nach dem Mord an Günther Schädel, setzten die OÖN eine Belohnung von 50.000 Schilling für Hinweise aus.

"Seit Samstag früh wurden 30 Personen vernommen", heißt es in dem Beitrag am Montag, 29. Februar 1988, in dem der aktuelle Wissensstand zusammengefasst wurde – den ganzen Beitrag hier lesen. Gegen 3.40 Uhr hatte eine Anrainerin am Tummelplatz einen Knall gehört, dem aber keine Bedeutung beigemessen. Gegen 3.50 Uhr kam ein 27-jähriger Taxler zum Tummelplatz, konnte aber die Engstelle vor dem Theater-Vorplatz nicht passieren, weil ein Körper am Gehsteig lag. Er dachte an einen Unfall und alarmierte über Funk die Rettung.

Mit dem Notarztwagen wurde Günther Schädel, dessen Herz bereits zu schlagen aufgehört hatte, ins AKH gebracht, wo er trotz aller Wiederbelebungsversuche zwei Stunden später starb. Der Kopfschuss war laut Gerichtsmediziner aus nächster Nähe abgegeben worden, es gab keine Abwehrspuren.

Nach Redaktionsschluss war Schädel am Freitag um 23.15 Uhr in die Altstadt aufgebrochen. Um 3.30 Uhr verabschiedete er sich im Lokal "Klausur" von einem jungen Kollegen, der ihn begleitet hatte, und ging alleine heim. Der Täter dürfte ihm aufgelauert oder ihn verfolgt haben. Schädel hinterließ seine Frau und einen 12-jährigen Sohn. 2013 hat die Witwe 13.600 Euro zur Ergreifung des Täters ausgelobt.

 

"Der Günther, das ist doch nicht möglich"

Meinhard Buzas   Bild: (Volker Weihbold)

Meinhard Buzas, Ex-Lokalchef der OÖNachrichten, und seine Erinnerungen an den Mordfall Schädel.

Es begann so, wie dereinst einmal das Ende der Welt angekündigt werden wird: mit einem Telefonanruf zu nachtschlafener Zeit am Samstag, 27. Februar 1988. Ich war damals Lokalchef der Oberösterreichischen Nachrichten, deshalb war mir auch klar, dass es sich um etwas Wichtiges handeln müsse.

Als ich den Hörer abgehoben hatte, trafen mich die knappen Sätze allerdings völlig unvorbereitet, wie ein Schlag in die Magengrube. "Ich muss ihnen leider mitteilen, dass ihr Redakteur Günther Schädel heute gegen drei Uhr früh auf dem Tummelplatz in der Linzer Altstadt erschossen wurde."

Ich stammelte ein paar Fragen, die der Anrufer, der Linzer Polizeidirektor, zu diesem Zeitpunkt natürlich nicht beantworten konnte. Aber dass es ein Mord sei und noch dazu ein heimtückischer – ein Schuss von hinten in den Kopfbereich –, daran gebe es kaum einen Zweifel. Die Angehörigen seien schon verständigt.

Ich war wie gelähmt. Der Günther, das ist doch nicht möglich. Gestern haben wir noch über die Olympischen Winterspiele in Calgary geplaudert und die Schwierigkeiten, die eine so lange Zeitverschiebung für die Sportredaktion mit sich bringt, und heute soll er nicht mehr am Leben sein?

Er, der zu Anfang im Lokalressort in seinem prägnanten Stil aus Gerichtssälen und über Prozesse berichtet hatte und dann in sein Wunschressort, die Sportredaktion, gewechselt hatte. Günther, der gemeinsam mit Leo Strasser und mir zur Berichterstattung über die Sommerspiele 1980 in Moskau gewesen war, mit dem wir Schladming bei der Ski-WM 1982 unsicher gemacht und neben der schreiberischen Tagesarbeit eine Menge Spaß gehabt hatten.

Dreißig Jahre später ist der Mord, der in ganz Österreich größtes Aufsehen erregte, noch immer ungeklärt. Es gab viele Spuren, auch zur Mordwaffe, eine seltene, kleinkalibrige Pistole vom Typ Frommer, aber alle verliefen im Nichts. Günther war in der Mordnacht nach langem Spätdienst auf eine Altstadt-Tour aufgebrochen, dafür fanden sich zahlreiche Zeugen, aber im entscheidenden Moment, auf dem Heimweg, hatte ihn niemand gesehen. Nur der Mörder (oder eine Mörderin?). Der einzige Mord an einem Journalisten in Österreich ist nicht vergessen, das Opfer ebensowenig. Geklärt wird der Fall wohl nie mehr.

 

Ungeklärte Mordfälle

18. Mai 1970: Die Pensionistin Maria Gatterbauer wird in ihrer Wohnung in Linz von einem Unbekannten erstochen.

12. November 1986: Die 17-jährige Martina Posch wird in Vöcklabruck erwürgt und am Mondsee-Ufer abgelegt.

27. Februar 1988: OÖN-Sportredakteur Günther Schädel wird in Linz erschossen.

1. Mai 1991: Am Heimweg vom Urfahranermarkt fällt die 47-jährige Theresia Almesberger in den Ebelsberger Traunauen einem Sexualmord zum Opfer.

17. November 1996: Petra Rothmayer (27) wird in der Traun ertränkt.

10. März 2008: Zwei Linzer Tontechniker sterben an Schnittverletzungen, die ihnen ein Unbekannter zugefügt hat.

21. April 2011: Die pensionierte Wirtin Elisabeth Faschl (86) wird in Gosau von einem Einbrecher erstickt.

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