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"Von hinten hat ihn eine Kugel in den Bauch getroffen"

Von Von Hannes Fehringer, 24. Februar 2018, 05:23 Uhr
"Von hinten hat ihn eine Kugel in den Bauch getroffen"
Bild des Vaters, tüchtigen Vorarbeiters und Betriebsrates an der Wand: Altbürgermeister Franz Weiß (SP) Bild: VOLKER WEIHBOLD

Eine Kugel raubte die glückliche Kindheit: Der Vater des Steyrer Altbürgermeisters Franz Weiß (97) wurde bei den Februarkämpfen auf der Straße erschossen. Der damals 13-jährige Bub wurde dann sechs Monate in die Schweiz verschickt. Ein Interview.

Wann haben Sie Ihren Vater Johann Weiß das letzte Mal lebend gesehen?

Es war der Sonntag, 11. Februar 1934, ich war ein Bub von dreizehneinhalb Jahren. Ich habe meinen Vater, der, nachdem die Reithofferwerke in Steyr zugesperrt hatten, in Linz bei der Gebietskrankenkasse als Hausverwalter arbeitete, zum Zug in Garsten begleitet. Er verabschiedete sich: "Passt morgen auf die Mutter auf und bleibt zu Hause!"

Dann kam der Unheilstag ...

Meine Mutter bekam am Mittwoch einen Anruf aus Linz, dass mein Vater im Spital gestorben ist. Als die Unruhen am Montag in Linz begannen, war er auf die Straße geeilt und flüchtete, als Schüsse fielen, ins Haus der Krankenkasse. Von hinten hat ihn eine Kugel in den Bauch getroffen. Erst zwei Stunden später kam er ins Krankenhaus, weil auch die Rettungsleute beschossen wurden, als sie ihm helfen wollten.

Ihr Vater war, bevor die Reithofferwerke von Semperit übernommen und dann zugesperrt wurden, Betriebsratschef und ebenso bei der Gebietskrankenkasse und Unfallversicherung ein hochrangiger Funktionär.

Wir waren ein gepflegter Arbeiterhaushalt. Wir hatten vor unserer Werkswohnung Beete, wo wir Gemüse anbauten. Wir kauften wenig, mein Vater verdiente, da kam auch Fleisch auf den Tisch.

Dann sahen Sie Ihren Vater im offenen Sarg wieder.

Bereits am Freitag war die Bestattung beim Urnenfriedhof in Steyr. Die Heimwehr riegelte in einem Kordon mit aufgepflanzten Bajonetten alles ab, nur Mutter, Tante, Onkel, Großvater ich und meine Geschwister – insgesamt sieben Angehörige – wurden zur Trauer durchgelassen.

Wie haben Sie das als Kind verarbeitet, eine Halbwaise geworden zu sein, nachdem Ihr Vater umgebracht worden ist?

Ich hatte Ablenkung, denn ich kam durch die Kinderverschickung in die Schweiz, die über dortige Gewerkschafter organisiert wurde. Die Gasteltern hatten Nummern gezogen und wir trugen Taferl mit den Ziffern um den Hals. Weil die Gasteltern eher an ein Kleinkind dachten und nicht an einen Halbwüchsigen wie mich, wurde ich weitergereicht. Zuletzt war ich bei einem Käseerzeuger, bei dem ich um fünf Uhr Früh Milch ausliefern musste, der hat mich ausgenutzt.

Die Kinderverschickungsaktion dauerte ein halbes Jahr.

Als ich heimkam, hatte Mutter eine freudige Nachricht: Ich sollte als Lehrling bei den Steyr-Werken anfangen. Wir wurden beim Personalchef vorstellig, der war nebenbei Hauptmann der Heimwehr. Er sah die Trauerspange am Kleid meiner Mutter: "Haben Sie einen Trauerfall?" Meine Mutter antwortete: "Ja, mein Mann. Er wurde im Februar erschossen." Lächelte er: "Als treuer Kämpfer der Heimwehr?" "Schutzbund", sagte meine Mutter. Da sprang er auf und schrie: "Hinaus, ihr rotes Gesindel!"

Mit ein paar Monaten Verspätung wurde es dann doch noch etwas mit der Lehre in den Steyr-Werken?

Ja, der evangelische Pfarrer Fleischmann, der schon mit den "Erdsegen"-Gründen den Arbeitern Äcker gab, dass sie Gemüse anbauen konnten. Er hat beim Generaldirektor vorgesprochen.

Waren Sie damals eigentlich auch schon politisch engagiert?

Nein. Politik hat mich als Jugendlichen angesichts der Kämpfe nicht interessiert. Ich stieg erst nach dem Krieg in den Fünfzigerjahren über die Handballer ein.

 

>>> Mehr wissen: "Von der Euphorie zum Bürgerkrieg" – eine Analyse von Josef Achleitner

 

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12  Kommentare
12  Kommentare
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staatsbuergerin (2.279 Kommentare)
am 24.02.2018 21:31

Nicht die Kugel hat das Leben geraubt sondern der Schütze.

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Naivling (88 Kommentare)
am 24.02.2018 13:33

Da steht soviel Neues in den heutigen OÖN, dass man direkt danken muss, z.B. dass man nicht nur vorne einen Bauch hat, sondern auch am Rücken .
Schlimm war es für den Jungen so und so.

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Gugelbua (31.914 Kommentare)
am 24.02.2018 11:50

auch mein Onkel wurde im Bürgerkrieg beim Hotel Schiff auf der Landstraße erschossen, er war ein überzeugter Sozialdemokrat.

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vjeverica (4.297 Kommentare)
am 24.02.2018 13:11

der Opa meines Mannes auch traurig

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Ludwigg3 (492 Kommentare)
am 24.02.2018 11:26

Welcher Politischen Gruppe gehörte der Schutzbund an.

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vjeverica (4.297 Kommentare)
am 24.02.2018 13:10

Schutzbund - rot
Heimwehr - schwarz

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jamei (25.498 Kommentare)
am 24.02.2018 09:55

Laut Artikelschlagzeile:

"Von hinten hat ihn eine Kugel in den Bauch getroffen?!?"

Sehr geehrter Herr Hannes Fehringer – was halten Sie Anatomie?
Frage: Kann jemanden von VORNE in den Rücken getroffen werden?

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vjeverica (4.297 Kommentare)
am 24.02.2018 10:35

ich verstehe darunter, dass es kein glatter Durchschuss war. Und auch dass die Kugel nicht im Rücken oder Hüfte stecken geblieben ist, sondern im Bauchraum.

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jamei (25.498 Kommentare)
am 24.02.2018 11:41

dann hat die Kugel trotzdem den Rücken als erstes getroffen und ob ein Projektil -Austritt oder nicht lässt sich aus dem Artikel nicht entnehmen.

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vjeverica (4.297 Kommentare)
am 24.02.2018 13:12

nun, der alte Herr hat das halt ein bissi missverständlich ausgedrückt - das Endergebnis war aber leider dasselb.

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Puccini (9.519 Kommentare)
am 24.02.2018 13:29

Das passt doch zu den Schwarzen:
Von hinten, von vorne sind sie zu feig!

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vjeverica (4.297 Kommentare)
am 24.02.2018 09:20

danke für diesen Interview. Es ist immer wieder interessant (und erschütternd), wenn man Berichte aus erster Hand lesen darf.
Hätte ruhig länger sein können grinsen

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