Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Als das Bild des Kaisers verschwand

Von Luise Walchshofer, 20. Jänner 2018, 00:04 Uhr
Als das Bild des Kaisers verschwand
Stefanie Kürner wurde 1911 in St. Peter am Wimberg geboren und lebt heute in Linz. Bild: Alexander Schwarzl

Ihr Vater starb im Ersten Weltkrieg, Stefanie Kürner, 106, sah, wie nach Kriegsende in der Schule das Porträt Kaiser Karls abgehängt wurde, und 1934 erlebte sie in Linz die Februarkämpfe. Luise Walchshofer hat sie ihre Geschichte erzählt.

Die Kunde vom Ende des Ersten Weltkriegs im November 1918 machte rasch die Runde in St. Peter am Wimberg. "Gott sei Dank, jetzt ist der Krieg vorbei, haben die Erwachsenen gesagt", erinnert sich Stefanie Kürner, geborene Sunzenauer. Sie war damals fast sieben Jahre alt. Die Mühlviertlerin, die am 7. Dezember 2017 ihren 106. Geburtstag feierte, ist eine der wenigen, die diese Zeit noch miterlebt haben und davon erzählen können.

Verantwortlich für die Verbreitung von Nachrichten im Ort war der Briefträger. Er trug täglich die Post aus, nachdem der Postmeister sie mit seiner Pferdekutsche von der Bahn abgeholt hatte. "Der wusste alle Neuigkeiten. Zeitungen hatten wir ja damals nicht", sagt Stefanie Kürner.

Der Krieg hatte ihre eigene Familie hart getroffen: Ihr Vater, der 1914 einrücken musste, kam nicht mehr nach Hause. "Er ist 1917 bei einem Giftgasangriff in Italien gestorben. Er hatte eine Schussverletzung am Arm. Sein Cousin hat noch zu ihm gesagt: Jetzt hast du einen Heimatschuss. Er war gerade am Verbandsplatz, als er starb."

Erstmals elektrisches Licht

Dass sich die politische Ordnung Europas grundlegend geändert hatte, spürten die Kinder in St. Peter im Kleinen: "Ich weiß noch, wie sie bei uns in der Volksschule das Porträt des Kaisers abgehängt haben." Sie erinnert sich auch noch an das Notgeld, das zur Zeit der Inflation gedruckt wurde – viele Gemeinden stellten ihre eigenen Scheine her – und wie 1923 erstmals das elektrische Licht nach St. Peter kam. Vorerst gab es nur im Ortskern, im Gasthaus und in Geschäften Strom. "Das wollten gar nicht alle Leute. Manche waren misstrauisch und haben gesagt: Das brauchen wir nicht."

Die Armut, die in der Zwischenkriegszeit herrschte, traf ihre Familie dank der Landwirtschaft nicht ganz so hart. "Wir haben Kartoffeln und Kraut angebaut. Beim Brot haben wir halt gespart. Wir haben nicht üppig gelebt, aber gehungert auch nicht." Ein Mangel herrschte allerdings an Babynahrung. Damit auch die Säuglinge genug zu essen hatten, musste ihre Mutter zum Bürgermeister gehen, um ein Sackerl Kindergrieß zu holen. Wegen Vitaminmangels litten damals viele Kinder an Krampfanfällen, Fraisen genannt.

Schlecht ging es den sogenannten Einlegern, alten Dienstboten, die keine Rente bekamen, sondern am Land von Haus zu Haus zogen, wo sie die Bewohner versorgen mussten. "Das war ein Elend. Manche Bauern haben sie in richtigen Löchern schlafen lassen. Sie waren oft verdreckt und verlaust. Meine Mutter hat sie immer als Erstes in die Wanne gesetzt."

Schüsse in der Stadt

Stefanie Kürner selbst ging schon als junges Mädchen von daheim weg, um als Haushälterin zu arbeiten, zuerst in St. Johann am Wimberg, später in Linz. "Das war ein Glücksspiel, ob man zu einer anständigen Familie gekommen ist oder nicht. Manche waren Hungerleider und schlecht für die Mädchen." Sie war zuerst bei einer kinderlosen Frau tätig, die ihr Kochen beibrachte, danach viele Jahre bei einer Familie. Zu den Kindern hat sie heute noch Kontakt.

In Linz erlebte die Mühlviertlerin auch den dreitägigen Bürgerkrieg von 12. bis 15. Februar 1934, bei denen in ganz Österreich mehrere Hundert Menschen ums Leben kamen. "Die ersten Schüsse sind auf der Landstraße gefallen, beim Hotel Schiff, und man hat es in der ganzen Stadt gehört. Sogar bei uns in der Sonnensteinstraße in Urfahr."

Geschossen wurde nicht in ganz Linz, unsicher fühlte man sich aber überall. "Man wusste nie, was durch die Luft geflogen kam, wann man das Haus verließ." Sie erzählt von einem Fleischhauer in der Eisenhandstraße, der nur kurz vor die Tür ging. "Eine Kugel hat ihn getroffen, und er war tot."

Hitlers Einmarsch

Die Februarkämpfe waren die Eskalation der Spannungen im noch jungen Österreich, die auch im Alltag spürbar waren. "Es gab Leute, denen es gut gegangen ist, und viele, die sehr schlecht dran waren. Die Menschen haben einander misstraut. Es war eine kritische Zeit, eine ungemütliche Zeit. Ich hätte so etwas nicht wieder erleben wollen."

Und viel weniger noch jene Jahre, die darauf folgten. An den Einmarsch Adolf Hitlers in Linz im Jahr 1938 erinnert sie sich ganz genau. "Ich weiß noch gut, wie die Leute geschrien und gejubelt haben am Hauptplatz. Eine richtige Hysterie war das. Und wir haben gesagt: Dabei kann doch nichts Gutes herauskommen."

mehr aus Spezial

Schwammerl: Zwischen Genuss und Gefahr

Ausgebucht! „Der Krieg in der Ukraine: Eine Spätfolge des Zerfalls der UdSSR und ein geopolitischer Konflikt.“

Die Rückkehr der Wildtiere

Fit im Internet: Das Weiterbildungs-Event für alle, die sich für digitale Technologien interessieren.

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

0  Kommentare
0  Kommentare
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Aktuelle Meldungen