Wundervolle Stille Nacht
Es ist das wohl berühmteste Lied der Welt, das vor 199 Jahren in Oberndorf zum ersten Mal gesungen wurde. Ein Lied, voller Zuversicht, das ohne das große Elend von damals nie die Menschen erreicht hätte.
Es ist der Gänsehautmoment im Kirchenjahr, wenn landesweit die Menschen in der Christmette sitzen und gemeinsam zu „Stille Nacht“ ansetzen. Einmal im Jahr wird das wohl berühmteste Lied der Welt hierzulande gesungen. Und obwohl der Text so viel mehr vermittelt, als er beim einmaligen Singen preisgibt, ist die Botschaft des Liedes spürbar. Doch um zu verstehen, was alles in diesen sechs Strophen steckt, muss man das Lied im Kontext der Zeit, in der es geschrieben und komponiert wurde, sehen. Dazu bedarf es einer Zeitreise.
Joseph Mohr wurde gerade zum Priester geweiht, ihm wurde eine Stelle in Mariapfarr zugeteilt. Es war 1815. Dem Jahr, als in Indonesien der Vulkan Tambora ausbrach und zehn Tage lang Asche, Gase und Gestein in die Atmosphäre spie. Freilich ohne von den Menschen in Europa wahrgenommen zu werden. Das änderte sich im Jahr darauf, dem Jahr, welches als das Jahr ohne Sommer in die Geschichtsbücher einging.
Europa war eben erst zur Ruhe gekommen. Im Wiener Kongress von 1814 bis 1815 wurde der Kontinent neu geordnet. Doch die Nachwehen von den Napoleonischen Kriegen waren überall zu spüren. Soldatentruppen, die in Dörfer und Städte eingefallen waren, und diese geplündert und zerstört hatten, haben die Menschen traumatisiert.
Das Elend war greifbar. Die Bevölkerung schrumpfte seit Jahren. Die Kindersterblichkeit war enorm, die Neugeborenen mussten kurz nach der Geburt getauft werden, weil sie oft nicht älter als wenige Tage wurden. Doch die Zuversicht war da. Alles sollte besser werden. Die Hoffnung auf eine reiche Ernte im Jahr 1816 war groß – doch vergebens.
Die Temperaturen sanken im Sommer massiv ab. Die Ernte fiel Frost, sintflutartigen Regenfällen und Überschwemmungen zum Opfer. Lebensmittel wurden rar und teuer. Rezepte, wie man aus so gut wie nichts noch halbwegs gehaltvolle Mahlzeiten herstellen konnte – nämlich indem man sie mit Moos, gemahlenen Buchecken, Rosskastanien, Baumrinde oder Holzmehl streckte –, machten die Runde. Pferde wurden geschlachtet und verspeist, wodurch die Mobilität massiv eingeschränkt wurde (als direkte Folge erfand übrigens Karl Freiherr von Drais das Laufrad). Von einer „Strafe Gottes“ sprachen die Menschen damals.
„Fleischlich verbrochen“
In dieser Zeit lebte Joseph Mohr, der selbst wie durch eine Fügung zum Priester wurde. Seine Voraussetzungen waren schlecht. Die Mutter, Anna Schoiber, war eine Strickerin. Sie erstattete 1796 Selbstanzeige weil sie sich „fleischlich verbrochen habe und schwanger sey. Dies ist mein viertes Verbrechen. Das dritte geschah vor drei Jahren mit dem Soldat Joseph Mohr ...“ Soldat Mohr desertierte, er sah seinen Sohn nie. Der Scharfrichter von Salzburg, Franz Wohlmut, übernahm die Patenschaft. Salzburgs Domvikar Nepomuk Hiernle ermöglichte dem talentierten Spross den Zugang zur Bildung – er besuchte unter anderem das Benediktinerstift Kremsmünster. Danach trat er ins Priesterseminar St. Peter in Salzburg ein, wo er im Jahr des Vulkanausbruchs zum Priester geweiht wurde und nach Mariapfarr kam.
Holder Knab’ auf dem Altarbild
Und hier schrieb er ihn, den Text zu „Stille Nacht“. Was heute klar scheint, war es lange nicht. Lange Zeit ging man davon aus, dass beides, Text und Melodie, erst in Oberndorf geschaffen wurden. Doch mittlerweile ist klar, dass Mohr seinen Text in Mariapfarr geschrieben hat. Und wer in der Kirche einen Blick auf den Altar wirft, dem fällt er vielleicht auf, der holde Knab’ im lockigem Haar ...
Wahrscheinlich, so spekulieren viele, die sich auf die Spuren des Liedes begeben haben, wollte Mohr mit diesem Text den Menschen Zuversicht schenken in diesen harten Zeiten.
Mohr war nicht mit einer Rossnatur gesegnet – er litt an einer Lungenkrankheit. Und die Wege, die ein Priester damals hatte, waren hart. Berge rauf und runter, durch den Schnee, bei Kälte, Eis und Finsternis. Mohr wurde krank und kam zurück nach Salzburg und dann nach Oberndorf. Nach dem Wiener Kongress wurden die Grenzen neu gezogen und die Salzach teilte über Nacht Laufen und den einstigen Stadtteil Oberndorf auf zwei Länder auf. Zurück blieb auf österreichischer Seite ein Ort ohne Infrastruktur. Unter anderem wurde auch ein neuer Priester gesucht ...
Lied und Text vereint
Zu dieser Zeit war bereits Franz Xaver Gruber als Organist in Oberndorf tätig. Gruber, der im oberösterreichischen Hochburg-Ach geboren wurde, kam 1807 als Lehrer nach Arnsdorf, das nur wenige Kilometer von Oberndorf entfernt liegt. Auch er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und musste das Weberhandwerk von seinem Vater lernen. Gegen dessen Willen machte er, gefördert vom Lehrer und Organisten von Hochburg, Andreas Peterlechner, die Ausbildung im „Lehrerhandwerk“. Dabei erhielt er auch eine musikalische Ausbildung, da dieser das Talent des jungen Gruber schon früh erkannt hatte.
Seinen musikalischen Feinschliff erhielt er im nahen Burghausen, in Bayern, bei Stadtpfarrorganisten Georg Hartdobler. Wobei der Weg nach Bayern große Gefahren barg. So schrieb beispielsweise der Pfarrer von Hochburg 1800 in die Ortschronik, dass er hoffe, künftig nicht mehr so viele Tote, die durch die Gräuletaten der Napoleonischen Soldaten gestorben waren, zu Grabe tragen müsse.
Fertig ausgebildet wurde dem 20-jährigen Gruber eine Stelle in Arnsdorf in Salzburg angeboten. Allerdings musste er dafür seine Lehramtsprüfung in Salzburg erneut ablegen, vom Militärdienst befreit werden und die zwölf Jahre ältere Witwe des verstorbenen Lehrers in Arnsdorf heiraten, die bereits zwei Kinder hatte.
Die erste „Stille Nacht“
Und hier, in Oberndorf, trafen sie sich 1817 zum ersten Mal, Mohr und Gruber. Die beiden schlossen auf Anhieb Freundschaft. Mohr, der Hilfspriester, der stets alles für die arme Bevölkerung spendete und Gruber, der Lehrer, der in Oberndorf im Jahr zuvor zusätzlich die Stelle des Organisten übernahm. Letzteren bat Mohr am 24. Dezember 1818, seinen Text musikalisch zu unterlegen. Schon damals, nach der Christmette, waren die von der Armut gebeutelten Menschen vom Lied gerührt und haben es auch mit Beifall bedacht.
Als ob sie sich nur für dieses Stück kennengelernt hätten, trennten sich die Wege der beiden schon ein Jahr später wieder. Mohr musste Oberndorf verlassen, Gruber blieb noch bis zum Tod seiner ersten von drei Frauen. Danach dürften sie sich nicht mehr wieder gesehen haben.
All dies, die Armut, die politischen Unruhen, die hohe Kindersterblichkeit, aber auch die Hoffnung und Zuversicht auf bessere Zeiten, hat Mohr in seinen Text gepackt, den Gruber am Heiligen Abend vor 199 Jahren so gefühlvoll musikalisch veredelt hat, schwingt mit, wenn am 24. Dezember wieder landesweit in der Christmette „Stille Nacht“ gesungen wird. Ein Moment der vielen Menschen eine Gänsehaut beschert.
Wo das Lied „Station“ machte
Franz Xaver Gruber wuchs in Hochburg-Ach auf, in Steyr wurde das Lied zum ersten Mal gedruckt und was es sonst noch zu wissen gibt.
Nächstes Jahr jährt sich die Erstaufführung von „Stille Nacht“ zum 200. Mal. Das Land Salzburg widmet diesem Jubiläum im kommenden Jahr (29. September bis 2. Februar 2019) eine Landesausstellung, bei der auch Oberösterreich und Tirol Stationen sind.
Hochburg-Ach im Innviertel, als Geburtsort von Franz Xaver Gruber, spielt dabei eine wichtige Rolle. Dementsprechend laufen schon die Vorbereitungen im rührig geführten Gruber-Museum. Mit Liebe zum Detail und großem Wissen über die damalig Zeit erzählen beispielsweise Elfriede Peterlechner und Kustos Hans Schwarzmayr die Geschichte, wie es zum Lied gekommen ist. Und wie schwer es für den jungen Franz Xaver Gruber war, gegen den Willen des Vaters, Musikunterricht zu nehmen, aber auch wie gefährlich es war, damals, als die Napoleonischen Soldaten im Land waren, den Weg vom Familienhaus, der Steinpointsölde, ins bayerische Burghausen anzutreten, um dort beim Stadtpfarrorganisten Georg Hartdobler eine musikalische Ausbildung zu erhalten.
In Oberösterreich sind noch Steyr und Ried/Innkreis als relevante Stationen zu nennen: Ried, weil Gruber dort die Lehrerausbildung absolviert hat und Steyr, weil dort das Lied zum ersten mal vom Buchhändler Joseph Greis gedruckt wurde.
Stationen bei der Landesausstellung sind neben Hochburg-Ach noch:
Oberndorf: (Stille-Nacht-Kapelle)
Arnsdorf: Grubers erste Stelle
Salzburg: Geburtsort von Mohr
Hintersee: Mohrs erste Stelle als selbstständiger Vikar
Hallein: Grubers letzte Station
Wagrein: Mohrs letzte Station
Mariapfarr: Hier schrieb Mohr den Text
Fügen: Von hier aus ging das Lied in die Welt
Rund um das Jubiläum wird kommendes Jahr in Salzburg ein thematisches Musical aufgeführt. Für die Landesausstellung wird es eine gemeinsame Homepage geben, sowie ein „all4one“-Tickt für alle Stationen.
Ein Lied erobert die Welt
Drei Milliarden Menschen auf der Welt kennen es. In 300 Sprachen und Dialekten wird es gesungen. Doch wie gelangte „Stille Nacht“ in die Welt?
In Grönland wird ein Lied mit der „Stille Nacht“-Melodie bei Beerdigungen gesungen, in China gilt es als Wiegenlied. „Ich habe es auch schon Aborigines singen gehört“, sagt Leo Bauernberger. Der gebürtige Bad Zeller (Mühlviertel) ist Geschäftsführer des Salzburger Land Tourismus. „Stille Nacht“ hat die Welt erobert, wie auch Michael Neureiter, Präsident der Stille-Nacht-Gesellschaft, weiß. Er und sein Team haben mittlerweile (fast) alles erforscht, was mit dem Abstand der Zeit noch zu erforschen und zu rekonstruieren war. So gilt bei der Verbreitung des Liedes diese Version als gesichert:
1819 kam der Orgelbaumeister Carl Mauracher nach Oberndorf, von wo er eine Abschrift des Lieds mit nach Fügen in Tirol nahm. In Fügen wiederum nahmen es die beiden Sängerfamilien Rainer und Strasser in ihr Repertoire auf und trugen das Lied über die Staatsgrenze nach Leipzig und Dresden. Danach verbreitete sich das Lied in Windeseile.
In Deutschland fand das Lied in den 1830er-Jahren Eingang in die Liederbücher (der erste Textdruck des Liedes fand allerdings in Steyr statt). Als es dann 1844 noch Eingang in ein evangelisch-lutheranisches Gesangsbuch einer Hamburger Sozialeinrichtung fand, von der viele Kinder später als Missionare in aller Welt tätig waren und das Lied mitnahmen, war der „Siegeszug“ von Stille Nacht besiegelt.
Doch die Urheber blieben lange unbekannt. Als Tiroler Lied wurde es anfangs bezeichnet, später dichtete man es dem Komponisten Michael Haydn zu. Erst 1854 kam Licht ins Dunkel: Der Preußische Domchor schickte eine Anfrage ans Stift St. Peter in Salzburg, wie man das Lied denn zu deuten habe – und in einem Nebensatz, wer es denn geschrieben habe. Franz Xaver Grubers jüngster Sohn – eines von nur vier seiner zehn Kinder, die ihr Erwachsenenalter erlebt haben – erfuhr von der Anfrage und konnte den Irrtum aufklären. Gruber selbst schrieb dann am 30. Dezember eine sogenannte authentische Veranlassung, in der er minutiös beschrieb, wie es zum Lied kam. Einem Lied, das im Original das Wort „Frieden“ nicht enthält, das aber als Friedenslied um die Welt ging.
Ein hintergründiges Gedicht, das sich der Sentimentalität entgegenstellt, die gerade in der Adventzeit blüht und gedeiht, hat Robert Gernhardt geschrieben. Man liebt es oder man hasst es:
"Als aber in der finstren Nacht
die junge Frau das Kind zur Welt gebracht
da haben das nur zwei Tiere gesehn
die taten grad um die Krippen stehn
es waren ein Ochs und ein Eselein
die dauerten das Kindlein so klein
das da lag ohne Schutz und Haar
zwischen dem frierenden Elternpaar
Da sprach der Ochs "ich geb dir mein Horn, so bist du wenigstens sicher vorn"
Da sprach der Esel "nimm meinen Schwanz, auf dass du dich hinten wehren kannst"
Da dankte die junge Frau, und das Kind empfing Hörner vorn und ein Schwänzchen hint
und ein Hund hat es in den Schlaf gebellt. So kam der Teufel auf die Welt."
St.Florianer Sängerknaben - Stille Nacht, heilige Nacht
https://www.youtube.com/watch?v=I1ku2TkfBZY
Gesegnete Weinhachten!
Hirten erst kund gemacht
Das ist gut gemeint aber IMHO falsch.
Die große Wiese, auf der die Hirten für ihre Tiere Nachtwache geschoben haben, ist für eine Party benötigt worden. Das könnte ich ebenso als einen feierlichen Aufmarsch des Soldaten-Engel- Bataillons bezeichnen, dessen Kommandeur gerade auf der Erde als Baby-Inkarnation geboren worden ist. Eine Engel-Vorhut musste die Hirten ablenken und verscheuchen. "Gloria in excelis deo et pax hominibus bonae voluntatis" haben sie auf lateinisch gesungen, die Soldaten
Frohe Weihnachten!
Auch dir mein Bienchen, und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
FROHE WEIHNACHT .....
JOYEUX NOÊL...
BUON NATALE ...
FELIZ NAVIDAD...
MERRY CHRISTMAS...
WÜNSCHT / souhaite pepone
Ich wünsche ALLEN hier im Forum
FROHE WEIHNACHTEN!!
grisu
....dem schließe ich mich an....
Servus Grisu
Unglaublich, wie viele Leute damit heute noch Geld verdienen und Aufmerksamkeit auf sich lenken, mit vorwiegend entsetzlich aufdringlichen Interpretationen und sogar Fälschungen. Mit dem Aufmotzen miserabler Veranstaltungen und mit Sendungen und Artikeln drüber
Deswegen, Jago,
lasse ich mir Weihnachten nicht vermiesen.
Bei vielen Sachen, die mich stören, schaue ich weg,
Bei etlichen geht's nicht so leicht.
Dort treffen wir uns wieder.
Wärs nicht schön, sich
im Angenehmen zu treffen?
Ach wie schön, dass ich dich damit getriggert habe. Das Angenehme überlasse ich gern den andern
Hier ist Kommentar:der Titel lautet "Wundervolle Stille Nacht". Das Wort ist mit dem Synchronisieren des "wonderful" in die deutsche Vulgärsprache eingedrungen obwohl "wunderbar" fast die gleiche Lippenbewegung gehabt hätte.
LOL!
Ist das dann so mit "It makes no sense"?
Und alle sagen dann "es macht keinen Sinn".
Hier sitz ich, ich kann nicht anders.
Die Trägheit der Massen ist mein Pläsor; besonders wenn sie losgelassen, die Massen.
Dem Grassböck Ali wär sicher auch was dazu eingefallen...
Beim konzipierten Bild oben schaut der Schnee beinahe blutig aus. Übertriebenes gewollt ist schon schlecht.