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Gleich, Gleicher, Zwilling?

Von Roswitha Fitzinger, 01. Juli 2017, 00:04 Uhr
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Bildergalerie Babyglück: Prominente Zwillingseltern
Bild: facebook.com/cristiano

Künstlichen Befruchtungen haben den Mehrfachgeburten ein Hoch beschert. Ein eineiiger Zwilling zu sein, ist jedoch immer noch etwas Besonderes. Wie es ist, seit 75 Jahren einen Zwilling an seiner Seite zu haben, haben Gerda Rogers und Renate Neuhofer Roswitha Fitzinger erzählt.

Nicht die Verwechslungsgefahr war ausschlaggebend, dass es nicht ein Treffen, sondern die Treffen gab. Gerda Rogers und Renate Neuhofer sind schwer beschäftigt. Obwohl sich das berufliche Wirken der beiden auch in Linz abspielt – die Astrologin Rogers hat eine Praxis in der Hafnerstraße, ihre Schwester Renate betreibt eine Modeboutique auf der Spittelwiese – ist ein gemeinsamer Termin kurzfristig nicht möglich. Wenn das zur Annahme verleitet, das Leben der Zwillinge verlaufe in unterschiedlichen Bahnen, dem sei verraten: weit gefehlt.

Bereits die Bitte, den Stellenwert ihrer Schwester in ihrem Leben auf einer Skala zwischen 1 und 10 zu bewerten, lässt keinen Zweifel aufkommen. Keine 3, auch keine 2, sondern eine 1 ist die Antwort, abgeschwächt lediglich durch ein "fast". Enger als zur eigenen Tochter sei die Verbindung, "einfach weil alles so gleich ist", sagt Renate Neuhofer. Dass sich die eineiigen Zwillinge äußerlich wie ein Ei dem anderen gleichen, ist nicht zu übersehen. Aber wie eng die geschwisterliche Beziehung auch auf gedanklicher Ebene ist, überrascht die beiden Frauen selber immer wieder. Der Begriff "telepathisch" wird von beiden in den Mund genommen. Nicht nur einmal sei ihre eineiige Hälfte einem beabsichtigen Anruf zuvorgekommen, "gerade als ich zum Telefon gehen will, ruft sie an", sagt Gerda Rogers.

Nicht nur gedanklich eins

Einmalig dagegen war ihre Warnung an die Schwester, aufgrund einer astrologisch bedingten "Unfallkonstellation" im Straßenverkehr besondere Vorsicht walten zu lassen. Es ist schließlich die Astrologin selbst, die verunglückt. "Mir ist Gott sei Dank nichts passiert", erzählt sie, "aber 14 Tage später fährt meiner Schwester an der exakt gleichen Stelle auch jemand in das Auto. Man hätte einen Zentimeter nehmen können."

Eine besonders gedankliche Verbindung ist jedoch nicht das einzige, das beide eint. "Wir haben auch dieselben Talente, sind etwa beide wirtschaftlich veranlagt. Ich könnte ihren Job machen und sie meinen", sagt Gerda Rogers, und ihre Schwester ergänzt: "Wir haben aber auch die gleichen Hobbys. Wir reisen, garteln und kochen beide gerne." "Wir fahren sogar die gleiche Automarke. Es ist fast schon langweilig", sagt Gerda Rogers und lacht ihr unverkennbares Lachen. Die Liste lässt sich fortsetzen – so haben beide Frauen die Selbstständigkeit als Berufsform gewählt, leben beide in Baden bei Wien, haben dort zwar jede ihr eigenes Haus, "aber de facto wohnt Gerda bei mir. Sie sperrt am Abend ihr Büro zu und kommt zu mir herüber", erzählt Renate Neuhofer: "Meine Tochter hat immer gesagt, sie hat zwei Mamis. Und der Sohn meiner Schwester war für mich immer wie mein eigenes Kind. Das Gefühl für beide Kinder ist komplett gleich." Auch der Urlaub wird gemeinsam verbracht – "jetzt, da die Männer weg sind".

Selbst als sich die Wege der Schwestern mit 33 Jahren trennen – Gerda Rogers heiratet und geht ins Ausland – reißt der Faden nie ab. "Die Verbindung war immer eng." Darüber hinaus sind die Parallelen in punkto Partnerschaft augenscheinlich. Beide sind in erster Ehe geschieden, beiden waren mit einem 15 Jahre älteren Mann verheiratet, beides Männer im Sternzeichen Zwilling. Sowohl Rogers als auch Neuhofer schlossen ein weiteres Mal den Bund der Ehe, sind mittlerweile jedoch Witwen. Beide.

Dass es bei all der Gleichheit und Verbundenheit Unterschiede gibt, ist schwer vorstellbar und doch gibt es sie – sie äußern sich im Charakter. "Die Stärkere, das ist meine Schwester, außerdem die etwas Dominantere sowie die Emotionalere. Sie übernimmt schneller das Kommando und prescht auch häufiger vor", sagt Gerda Rogers. Sie dagegen sei immer die Vorsichtigere gewesen. "Aber ich glaube, ich habe mich jetzt auch entwickelt", sagt sie, begleitet von einem erneuten Lachen. Renate Neuhofer bezeichnet sich selber als die "vielleicht Überlegtere, die Familiärere. Eventuell bin ich auch genauer und gelassener. Gerda ist dafür zurückhaltender, aber auch hektischer."

Zehn Minuten trennen die Schwestern. Eine minimale Zeitspanne im Vergleich zu herkömmlichen Geschwistern. Doch die Erstgeborene zu sein, ging immer auch mit der elternlichen Erwartungshaltung einher, auf die kleine/jüngere Schwester aufpassen zu müssen. "Für meinen Vater war klar, ich bin die Ältere, auch wenn es nur zehn Minuten waren. Ich dagegen habe das nie so empfunden."

Ich bin du und du bist ich

Ein eineiiger Zwilling zu sein, darin sehen die beiden Schwestern nur Vorteile. Man fühle sich nie allein, lustiger sei es obendrein und außerdem praktisch. "Wir können uns bei gesundheitlichen Problemen gegenseitig Organe spenden, können die gleiche Kleidung tragen und tun das auch", sagt Gerda Rogers. Schulstreiche à la "Ich bin du und du bist ich" allerdings haben die beiden angeblich nie ausgeheckt. "Unsere Begabungen waren so gleich, den Lehrern war es egal, wer die Leistungen erbracht hat. Die Zeiten waren damals aber noch andere", sagt Renate Neuhofer. Einen negativen Aspekt an ihrem Zwillingsdasein kann das Geschwisterpaar dann aber doch ausmachen. Auch in diesem Punkt sind sich Gerda Rogers und Renate Neuhofer einig: Das anderen Geschlecht hat es nicht leicht. "Der Partner hat es mit Zweien zu tun. Das ist sicher schrecklich", sagt die Astrologin. "Gleichzeitig ist die Schwester immer auch ein Partnerersatz. Du erzählst und vertraust ihr mehr an, als deinem Ehemann, weil du das Gefühl hast, sie versteht dich besser", so die Erstgeborne, und die Zweitgeborene ergänzt, dass auch das Loslassen und Beenden von Beziehungen mitunter leichter falle, weil man stets die Gewissheit hätte, die andere fange einen auf.

Eifersucht auf ihre bekanntere und in der Öffentlichkeit stehende Schwester ist Renate Neuhofer fremd. Ihre Modeboutique, eine der ältesten in Linz, führt zwar mittlerweile die Tochter, aber die 75-Jährige steht ihr tatkräftig zur Seite. Zu Verwechslungen mit ihrer Schwester komme es natürlich, sagt sie: "Wenn ich in Baden irgendwo sitze, werde ich oft mit Frau Rogers gegrüßt. Ich grüße dann halt zurück."

 

Zwillingsfakten

Völlig identisch? Eineiige Zwillinge verfügen zwar über identische Blut- und Speichelproben, ihre Fingerabdrücke sind es jedoch nicht. Zwar gibt es Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten hinsichtlich Lage und Form der so genannten Papillarleisten, doch wurden weltweit noch keine zwei Menschen mit den gleichen Fingerabdrücken entdeckt. Ab dem vierten Embryonalmonat sind diese Papillarleisten, die durch eine Vielzahl komplexer Faktoren innerhalb der Gebärmutter beeinflusst werden, unveränderbar und bis zum Tod festgelegt.

Die Gene: Obwohl eineiige Zwillinge aus derselben Eizelle entstanden sind und somit auf dem gleichen Genom basieren, ist es möglich, dass sich ihr Erbgut unterschiedlich entwickelt. Der Genealoge Carl Bruder von der Universität Alabama in Birmingham hat 2008 19 eineiige Zwillinge untersucht und herausgefunden, dass in einigen Fällen ein Zwilling eine andere Häufung einzelner Gene besaß als sein Bruder oder seine Schwester.

Geografische Verteilung: Die Yoruba, eine Bevölkerungsgruppe in West-Afrika, verzeichnen weltweit die meisten Zwillingsgeburten. Die Zwillingshäufigkeit liegt bei rund 20 Prozent, während sie hierzulande zwischen einem und zwei Prozent liegt. Ein Vergleich von Zwillingsgeburten ergab, dass sie am häufigsten in Afrika und am seltensten in Asien vorkommen.

Einflussfaktoren: Gibt es bereits Zwillinge in der Familie, insbesondere mütterlicherseits, dann ist die Wahrscheinlichkeit einer Zwillingsgeburt viermal so hoch. Auch steigt die Wahrscheinlichkeit im Alter. Je älter eine Frau, desto mehr den Eisprung auslösenden Hormone werden produziert. Das ist besonders zwischen 34 und 39 Jahren der Fall.

Häufigkeit: Ein Drittel der Zwillingsgeburten ist eineiig, ein weiteres Drittel zweieiig und gleichgeschlechtlich und ein weiteres Drittel ist zweieiig und gegengeschlechtlich.

Wahrscheinlichkeit von Mehrlingsgeburten: Betrachtet man die Wahrscheinlichkeit spontan auftretender Mehrlingsgeburten, liegt die Wahrscheinlichkeit, Zwillinge zu gebären, bei 1:85, die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um eineiige Zwillinge handelt, liegt bei 1:300. Die Wahrscheinlichkeit, Drillinge auf die Welt zu bringen, liegt bei 1:825.

Zwillingsgeburten: Laut Statistik Austria wurden im Vorjahr in Österreich 87.965 Kinder geboren, 1341 davon waren Zwillingsgeburten. Etwa ein Drittel davon ist eineiig.

Oberösterreich: Im Land ob der Enns kamen im Vorjahr 15.464 Kinder zur Welt, 483 waren Zwillinge. Im Vergleich: 1991 wurden 308 Zwillingsgeburten verzeichnet, bei insgesamt 17.457 Geburten.

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