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Zwischen Optimismus und Verzweiflung

Von Dietmar Mascher, 23. März 2016, 00:04 Uhr
Zwischen Optimismus und Verzweiflung
Ansgar Kreutzer ist Professor für Fundamentaltheologie an der Katholischen Privat-Universität Linz. Bild: KU Linz

LINZ. Die Hoffnung und ihre Funktion in Religionen und Werbewirtschaft, das Fehlen der großen Utopien und Möglichkeiten einer "neuen christlichen Hoffnung".

Und wenn alles schiefgeht im Leben, gibt es wenigstens ein Leben nach dem Tod. Dieses ist mit großer Wahrscheinlichkeit viel schöner als das Diesseits. Mit Verheißungen dieser Art arbeiten Religionen dieser Welt seit Jahrtausenden. Christentum, Islam und mit dem Aufkommen des Christentums auch das Judentum zelebrieren diese Hoffnung auf Auferstehung besonders intensiv und binden Gläubige damit an sich.

Die Erlösung wird auf diese Art zum zentralen Element der Hoffnung, aber auch ein Mittel, Gläubige von einer Religionsgemeinschaft abhängig zu machen. Darin unterscheiden sich Religionen nur in Nuancen von der Werbewirtschaft der Gegenwart. Werbung ist das Geschäft mit der Hoffnung. Schon Charles Revson, der Gründer des Kosmetikkonzerns Revlon, sagte einst: "In der Fabrik stellen wir Kosmetik her, im Geschäft verkaufen wir Hoffnung." Das gilt für Parfüms ebenso wie für Markenartikel in der Mode, für Handys und für Energy-Drinks.

Doch die Zeiten haben sich geändert, zumindest für die Religionen. "Die große Jenseitshoffnung verliert in unserer Gesellschaft an Plausibilität. Die Hoffnung konzentriert sich vielmehr auf das Hier und Heute", sagt Ansgar Kreutzer, Professor an der Katholischen Universität Linz im Gespräch mit den OÖNachrichten.

Zwar sei der Glaube an Gott oder an eine andere höhere Gewalt relativ stabil, der Glaube an die Auferstehung rückt dagegen in den Hintergrund. "Die Zeit der großen Utopien ist vorbei."

Das Glücksstreben wurde individualisiert. Das beweisen auch Umfragen. Die Zahl jener steigt, die sagen, dass "man sich das Leben so angenehm wie möglich machen soll" oder dass der Sinn des Lebens sei, "das Beste für sich rauszuholen". Junge Leute würden ihr Glück auf sich selbst und ihr Wohlbefinden reduzieren. Es gehe darum, dem Leben selbst einen Sinn zu geben. Sei es über Liebe, sei es über Leistung und Wohlstand.

Die Individualisierung, eingebettet in einer Leistungsgesellschaft, berge jedoch die Gefahr, dass der Druck auf den Einzelnen zu groß wird und in der dauerhaften Flexibilität eine gewisse Erschöpfung Platz greift.

Schwächen eingestehen

Dazu kommt: Nach 1945 war unsere Gesellschaft lange Zeit von einem Fortschritts- und Wachstumsglauben geprägt, der ein Hinterfragen des Systems für viele obsolet erscheinen ließ. Der Zuwachs wurde zur Selbstverständlichkeit.

Mehr und mehr nagt aber heute die Frage, ob "denn alles so weitergehen kann. Das steigert sich sogar in negative Utopien. Parallel dazu steigt das Bedürfnis nach ethischer Orientierung.

"Dies passiert in einem Umfeld, in dem es nicht opportun ist, Fehler und Schwächen zuzugeben", sagt Kreutzer, der hier den Ansatz für die christliche Hoffnung sieht. "Hoffnung soll das Scheitern integrieren, die Gelassenheit und den Mut, (sich) eigene Fehler einzugestehen. Was einer Welt widerspricht, in der die Selbstoptimierung zum Prinzip geworden ist."

Womit man bei wieder bei der Frage ist, was Hoffnung eigentlich ist. "Hoffnung ist etwas sehr Realistisches und liegt zwischen überschäumendem Optimismus und Verzweiflung", sagt Kreutzer und zitiert die Definition des deutschen Sozialphilosophen Hans Joas: "Der Witz an der Hoffnung ist, dass wir auch bei schlechten Aussichten nicht verzweifeln."

Demnach bewahrt die Hoffnung die Äquidistanz zu Gutem und Schlechtem. Es bringt nichts, negative Aspekte zu verdrängen. Man müsse sie als Teil der Realität anerkennen. Was den Menschen helfen würde, wäre eine Art "bescheidene Hoffnung", eine Hoffnung der kleinen Schritte, sagt Kreutzer.

Übersetzt ins Oberösterreichische entstünde daraus möglicherweise die bekannte Devise: Vieles hat alles sein Gutes.

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