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"Verzicht nimmt nicht, Verzicht gibt"

21.März 2016

Ich möchte kein Sklave meiner Gewohnheiten sein. Deshalb übe ich mich immer wieder im Verzicht", sagt Felix Gottwald, Österreichs erfolgreichster Olympiasportler und Motivations-Coach im Interview mit den OÖN. In der Fastenzeit verzichtet der 40-Jährige regelmäßig auf Alkohol; diesmal auch auf Kaffee. "Das Weglassen von liebgewonnenen Gewohnheiten fällt dann leicht, wenn man sich nicht die gesamten 40 Tage vorstellt, sondern nur den heutigen Tag."

Verzichten ist für den Vater zweier Töchter nichts Negatives. "Im Gegenteil: Verzicht nimmt nicht, Verzicht gibt", zitiert Gottwald den Philosophen Martin Heidegger, der im Verzicht die "unerschöpfliche Kraft des Einfachen" vermutete.

Seit 2010 isst Felix Gottwald keine Schokolade mehr, seit 2013 verzichtet er auch auf Fleisch. "Das tut mir einfach gut."

Als Asket würde er sich auf keinen Fall bezeichnen. "Nach der Fastenzeit, die ich übrigens auch vor Weihnachten einlege, freu ich mich immer unbändig auf ein Glas Bier oder auf ein Achterl Wein. Verzicht macht den Genuss meiner Meinung nach noch viel intensiver."

Ein Jahr "Shopping-Abstinenz"

Nunu Kaller (34) hat ein Jahr lang darauf verzichtet, Kleidung zu kaufen. "Wenn Verzichten ein Muss ist, macht es keinen Spaß. Bei mir war es das nicht. Ich bin auch durch das Kaufnix-Jahr nicht zur Asketin geworden. Das liegt mir nicht", sagt die Konsumentensprecherin von Greenpeace Österreich. Vorher war sie so etwas wie ein "Shopoholic", jetzt sei sie kritische Konsumentin.

"Verzicht kann sich echt gut anfühlen, kann Spaß machen. Ich hab in diesem Jahr viel gelernt", sagt Kaller. Ihr Gewinn aus dem Verzichtsjahr: "Lebensqualität und mehr Zeit, die ich nicht in Online-Shops verbringe."

Heute hat Kaller nicht mehr das Gefühl, auf etwas zu verzichten. "Das Jahr hat einen Paradigmenwechsel gebracht. Mein altes Einkaufsverhalten gibt es nicht mehr. Ich kaufe jetzt mit Rücksicht auf die Umwelt und die Mitmenschen." Das bringe mehr Leichtigkeit in ihr Leben.

Ein Training der Selbstdisziplin

Ob Verzicht jetzt alle glücklich macht oder nicht – auf jeden Fall schult er die Selbstdisziplin. Und Selbstkontrolle wiederum macht Menschen froh, hat ein deutsch-amerikanisches Forscherteam erst kürzlich herausgefunden. Demnach erleben Menschen mehr positive Gefühle und sind zufriedener mit ihrem Leben, wenn sie sich gut im Griff haben – und Bedürfnisse aufschieben können, um ein anderes, wichtiges Ziel zu erreichen.

Bei allen Untersuchungen zeigte sich außerdem ganz deutlich: Wer öfter auf die Befriedigung seiner spontaner Gelüste verzichtete, empfand mehr Wohlbefinden und war mit dem eigenen Leben zufriedener als jene, die sich immer alles gönnten – letzteren ging der Genuss verloren. (bar/ried)

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