"Starkes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit"
Sabine Haag, Generaldirektorin Kunsthistorisches Museum Wien
"Als Person des öffentlichen Lebens bekomme ich die unterschiedlichsten Reaktionen auf meine Arbeit: Menschen schreiben mir per Mail und bedanken sich für das Kunsterlebnis bei uns im Museum, machen mir Verbesserungsvorschläge, geben persönliche Tipps oder beschweren sich einfach. Das Kunsthistorische Museum ist seit vielen Jahren sehr aktiv im digitalen Bereich.
Wir haben beobachtet, dass wir mit unseren Themen im Allgemeinen eine hohe Akzeptanz und Identifikation beim User generieren, das dürfte auch der Grund für die durchwegs positiven Kommentare und zahlreichen Likes sein – negative Reaktionen sind hier die Ausnahme, nicht zu verwechseln mit kritischen Kommentaren, die uns eine wichtige Feedbackquelle sind. Meinungen und Auseinandersetzungen verlagern sich zunehmend auf soziale Plattformen und sind dort sehr schwer kontrollierbar – Anonymität im Netz begünstigt diese Entwicklung zusätzlich.
Die Menschen haben offenbar ein starkes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und „gehört werden“. Die Kommunikation hat sich durch die digitale Welt extrem intensiviert, ist schnelllebig und kurzfristig geworden. Museen und Kunst im Allgemeinen können der digitalen Welt entschleunigte Orte der Kontemplation entgegenstellen.
Kunst spiegelt seit Jahrtausenden die Auseinandersetzung mit den großen Themen der Menschheit. Die Aura des Originals bei der Bildbetrachtung, die Assoziationen damit, die Symbolik, die Zwischentöne, die Aussagekraft – verweilen, durchatmen, schauen, nachdenken oder einfach genießen. Da können wir als Museen ein unglaublich vielfältiges und „respektvolles“ Angebot machen."