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Fusionsgemeinden ziehen Bilanz: „Es hat sich ausgezahlt“

Von Barbara Eidenberger, 23. März 2019, 00:05 Uhr
Fusioniert, aber zufrieden – ein Blick in drei Mühlviertler Gemeindestuben
2014 stimmten die Aigner und die Schlägler über die Fusion ab. Zwei Befürworter: die beiden Amtsleiter Norbert Etzelsdorfer und Günter Siegl Bild: Volker Weihbold

MÜHLVIERTEL. OÖN-Lokalaugenschein in Aigen-Schlägl, Rohrbach-Berg und St. Stefan-Afiesl.

Rohrbach ist besonders fusionsfreudig. Seit 2015 gibt es fünf Gemeinden weniger in diesem Bezirk. Die OÖNachrichten hörten sich bei einem Lokalaugenschein um, wie es drei Fusionsgemeinden geht. Und um das Ergebnis vorwegzunehmen: Bestens geht es ihnen.

Finanziell stehe man auf jeden Fall besser da, sind Andreas Lindorfer (VP), Bürgermeister von Rohrbach-Berg, und Elisabeth Höfler (VP), Bürgermeisterin von Aigen-Schlägl, einig. Zum einen bedeuten mehr Einwohner auch mehr Ertragsanteile. Zum anderen bilanziert keine Fusionsgemeinde mehr negativ: "Wir sind keine Abgangsgemeinde mehr und dadurch unabhängiger", sagt Höfler.

Im Haushalt von Rohrbach-Berg gibt es sogar ein dickes Plus. Das führt Lindorfer auf mehrere Faktoren zurück. Fest stehe aber: "Wir haben als Bezirkshauptstadt sicher mehr Gewicht bekommen. Ein Bezirk braucht ein Zentrum mit einer gewissen Größe. Die haben wir jetzt."

Eingespart wurden politische Funktionäre, Personal am Gemeindeamt jedoch nicht. "Die Aufgaben der Gemeinden erweitern sich ständig, ein Personalabbau ist daher gar nicht möglich", sagt Lindorfer. Was aber die Fusion schon gebracht habe, sei eine deutliche Qualitätssteigerung: "Die Mitarbeiter können spezialisierter arbeiten."

Der Weg zur Fusion war in allen Gemeinden nicht einfach. "Bei einem ersten großen Treffen zum Thema im November 2013 war die Luft zum Schneiden", erinnert sich Lindorfer. Nur vier Monate später bei der Auftaktveranstaltung des Fusionsprozesses war die Stimmung eine ganz andere: "Warum, weiß ich bis heute nicht."

Erfolgsfaktor Offenheit

Bei den Erfolgsfaktoren für gelungene Fusionen sind sich alle drei Bürgermeister einig: "Ein moderierter Prozess und offene Kommunikation mit der Bevölkerung." Und das gemeinsame Bekenntnis der Bürgermeister: "Die Ortschefs der Fusionsgemeinden müssen an einem Tisch sitzen und sagen: Wir wollen. Sonst wird es nichts", sagt Höfler. So könne es auch gelingen, die Emotionen im Zaum zu halten.

"Da kann schon das Gefühl auftauchen: Uns wird etwas weggenommen", sagt Alfred Mayr, VP-Bürgermeister derzeit ohne Amt und mitten im Wahlkampf für den ersten Urnengang der Fusionsgemeinde St. Stefan-Afiesl am 7. April. Die Sorgen der Menschen dürfe man nicht kleinreden, auch wenn sich bei einer Zusammenlegung nichts ändert.

"Identität ist Killerargument"

Als Hauptsorge wird oft der "Verlust der Identität" genannt. Für Lindorfer ein "Killerargument": "Identität hat ja nichts mit Verwaltung zu tun." Das bestätigt auch Höfler, die von vielen Bürgerabenden erzählt: "Wir haben alles ernst genommen. Aber weder die Identität noch Traditionen gehen durch eine Fusion verloren." Es habe sich gezeigt: "Sachlich gibt es kein Argument gegen Gemeindezusammenlegungen." Die vielen Gespräche waren erfolgreich, das Ergebnis der Volksbefragung eindeutig: 84,22 Prozent Ja-Stimmen in Schlägl, 90,88 Prozent in Aigen. In St. Stefan und Afiesl hat man auf eine Abstimmung verzichtet. "Wir wollten die Bevölkerung nicht polarisieren", so Mayr. Der Beschluss in den beiden Gemeinderäten war aber einstimmig.

Schwierige Partnerwahl

Dass Fusionen eine Dynamik in einer Region auslösen können und plötzlich bei der Partnerwahl die Auswahl gering wird, diese Erfahrung musste Mayr machen. Ursprünglich war eine große Lösung mit Helfenberg, Ahorn, Schönegg, Afiesl und St. Stefan geplant. Doch Schönegg zog es zu Vorderweißenbach, Helfenberg und Ahorn gingen zusammen – und St. Stefan und Afiesl blieben übrig. Keine einfache Konstellation, weil es auch einige Afiesler nach Helfenberg zog. Also wurde die Gemeinde aufgeteilt. Vier Ortschaften gehören nun zu St. Stefan-Afiesl und eine zu Helfenberg. Eine Lösung, mit der nicht alle glücklich sind, wie Mayr zugibt: "Wie groß die Gruppe der Unzufriedenen ist, werden wir bei der Wahl am 7. April sehen." Gegenkandidaten als Bürgermeister hat Mayr jedoch nicht.

Auch das ist ein nicht zu unterschätzender Aspekt bei Fusionen: Wer wird Bürgermeister? In Rohrbach-Berg wurde die Zusammenlegung erst spruchreif, als sich das Ende der Amtszeit der damaligen Bürgermeister abzeichnete. "Da war uns klar: Wenn, dann jetzt. So wird niemandem etwas weggenommen", erinnert sich Lindorfer.

Wunsch nach mehr Hilfe

Und in noch einem Punkt sind sich die drei einig: Die Unterstützung durch das Land und den Gemeindebund sei ausbaufähig, wie Höfler es diplomatisch ausdrückt. Sie wünscht sich einen Maßnahmenkatalog, was bei einer Fusion zu beachten sei und welche Schritte man setzen müsse: "So müsste man das Rad nicht jedes Mal neu erfinden."

Lindorfer formuliert es direkter: "Es gab keine Hilfe und bei Problemen auch keine aktive Unterstützung." Auch bei den rechtlichen Rahmenbedingungen müsse nachgeschärft werden. Bei jeder Fusion gibt es eine Phase des Leerlaufs, weil die Wahlen für die neuen Gremien erst mit vollzogener Zusammenlegung ausgeschrieben werden können.

Nachteile? Keine

Bleibt die Frage nach den Nachteilen einer Fusion. Die Antwort aller drei Bürgermeister: Schweigen. "Da fällt mir wirklich nichts ein", sagt Höfler. Für Lindorfer ist der einzige Nachteil, dass man zu lange gewartet hat: "Wer weiß, wie der Bezirk dastünde, hätte man die Fusion schon bei der Stadterhebung vor 30 Jahren gewagt."

 

Fusionen

14 Gemeinden wurden seit dem Jahr 2000 in Oberösterreich zu sieben Gemeinden fusioniert: Weyer-Land und Weyer-Markt, Aigen und Schlägl, Rohrbach und Berg, Peuerbach und Bruck-Waasen, Vorderweißenbach und Schönegg, St. Stefan am Walde und Afiesl, Helfenberg und Ahorn.

2 neue Gemeinden entstanden erst mit 1. Jänner 2019 (St. Stefan-Afiesl und Helfenberg-Ahorn), zwei Fusionen wurden 2018 vollzogen (Vorderweißenbach und Peuerbach), zwei im Jahr 2015 (Aigen-Schlägl und Rohrbach-Berg) und eine im Jahr 2007 (Weyer).

115 Gemeinderäte und sieben Bürgermeister wurden mit den Fusionen eingespart.

92,3 Prozent stimmten in Peuerbach für eine Fusion mit Bruck-Waasen. Dort sprachen sich nur 51,8 Prozent für den Zusammenschluss aus. Das sind der jeweils höchste und der niedrigste Wert bei allen durchgeführten Volksbefragungen.

85 Prozent der Wahlberechtigten stimmten 2014 in Innerschwand gegen eine Fusion mit Mondsee, Tiefgraben und St. Lorenz. Damit war der Zusammenschluss dieser vier Gemeinden, die schon seit 100 Jahren eine Verwaltungsgemeinschaft haben, vom Tisch.

 

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Autorin
Barbara Eidenberger
Leiterin Online-Redaktion
Barbara Eidenberger
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12  Kommentare
12  Kommentare
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PeteI (93 Kommentare)
am 25.03.2019 09:39

Mondsee, Tiefgraben und St.Lorenz gehören dringend fusioniert. Ob Innerschwand mitmacht ist belanglos. Nicht einmal die Ortstafeln bezeichnen die einzelnen Gemeinden. Und wenn man jemanden fragt, von wo er herkommt sagt jeder automatisch Mondsee.

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mike12_2008 (843 Kommentare)
am 24.03.2019 11:15

Eine grundvernünftige Angelegenheit,
Bravo den vorausdenkenden Mühlviertlern!

Bedarf gäbe es aber auch in der Mitte des Landes (z.B. Hausruckviertel, Teile d. Innviertels) genug.

Dieser Bereich sieht auf der Landkarte aus wie der reinste Fleckerlteppich.

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jago (57.723 Kommentare)
am 24.03.2019 14:43

Weniger Gemeinden sind vorwiegend weniger Scherereien für die Landesregierung.

Was für Vorteile fallen dir dazu ein? Vorteile für die Bürger?

Die Bürger ziehen ja eh vom Land in Stadtgemeinden, wenn sie dort Vorteile sehen und jammern dann "die Politik" an um Förderungen. Und die Unternehmen, die Arbeitgeber.

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jago (57.723 Kommentare)
am 23.03.2019 09:51

Na sowieso - der OÖN-Reporter hat das gefördert und vorangetrieben, daher wird es die OÖN-Reporterin nicht kritisieren sondern loben.

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PeteI (93 Kommentare)
am 25.03.2019 09:41

Dieser Beitrag zu Gemeindefusionen ist der beste seit langem.

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spoe_unlocked (638 Kommentare)
am 23.03.2019 09:11

Gratulation allen Veränderungswillige und Veränderern, die gegen die üblichen Widerstände ankämpften.

Wenn etwas verändert wird, kann man Verbesserungen einfließen lassen, Stillstand verhindert diese Optimierungen und Anpassungen.

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Zum Foto: schon interessant, dass moderne und weltoffene Personen meistens sportlich und ebenso modern wirken, auffälligen Schmuck oder Accessoires sucht man vergeblich.

Man soll eigentlich keine Vorurteile haben, aber sachliche Menschen stellen sich selbst selten in den Vordergrund. Auffällige Frisuren, bunte Brillen oder extremer Klunker am Körper lässt bei mir die Alarmglocken läuten.

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mobilstation (622 Kommentare)
am 23.03.2019 08:40

Die Steiermark hat es vorgezeigt. Mit Mut und Entschlossenheit kann man sinnvolle Fusionen umsetzen. Der Hauptfehler war immer die Veränderung des gemeinsamen Ortsnamens. Dabei müsste man ja nichts ändern, jede Gemeinde hat verschiedene Ortsteile. Dann würde es auch mit einem Schlag weniger Gegner geben.

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Flockinho (205 Kommentare)
am 23.03.2019 08:08

Diese Erfahrungen sollte man sich zu Herzen nehmen und endlich ernsthaft über eine Fusion Linz-Leonding-Traun-Pasching-Ansfelden-Haid-Steyregg sprechen. Nur dann kann man das öffentliche Verkehrsnetz anpacken und den Autoverkehr reduzieren!

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alteraloisl (2.658 Kommentare)
am 23.03.2019 06:39

Ich bin sicher, das man mittelfristig auch beim Personal optimieren kann. Wenn 2 in Pension gehen, nur mehr einen Posten nachbesetzen.Wenn man anstatt 3 Gemeindeämter nur mehr eines benötigt, bringt das auch eine Einsparung beim Sachaufwand, Reparaturen, Instandsetzung usw. Das schlimme bei den Ämtern und geschützten Werkstätten ist allerdings, das man beim Personal gar nichts verändern soll. Das wird auch das Dilemma bei den Krankenkassen. Die Politiker sind leider zu schwach um echte Reformen umzusetzen.

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Harbachoed-Karl (17.883 Kommentare)
am 23.03.2019 07:28

Aber sicher finden wir auch für alte Loisln genug Arbeit, dass sie sich nicht fadisieren müssen. Fürs Posten brauchen sie auch immer noch Zeit, wir sind ja nicht so.

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Killerkaninchen (7.975 Kommentare)
am 23.03.2019 10:51

Ob man nun für 4 "Stadtteile" jeweils einen Bürgermeister braucht, das ist die Frage.

Bei den Einsparungen beim Personal ….. die Arbeit wird ja nicht weniger, durch eine Fusion. Nur weil aus 4 dann eine Gemeinde wird, heißt es ja nicht, dass es weniger Bürger und weniger Arbeit gibt.

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sauwaldler (1.080 Kommentare)
am 23.03.2019 05:12

Schärding und St. Florian sollten auch den Mut haben genauso Brunnenthal.
Das Rathaus muss ja nicht in Schärding stehen, das Gebäude am Stadtplatz könnte man sicher gut verkaufen. Wäre mit Sicherheit kein Problem wenn man die Behördengänge z.B. in St. Florian erledigen müsste.
Ein bisschen mehr Phantasie muss sich halt Bgm. Angerer auch einfallen lassen.

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