Schulfächer abschaffen? - "Grundkenntnisse muss es immer geben"

Von Elisabeth Prechtl   01.Juni 2017

Erste Stunde Deutsch, dann kommt Mathematik, und an die Englisch- schließt die Geschichte-einheit an. Der Stundenplan österreichischer Schüler ist seit jeher fein säuberlich in einzelne Fächer aufgeteilt.

Ein Vorstoß gegen dieses Unterrichtssystem wird aktuell in Finnland ausprobiert, wo im Schuljahr 2016/17 erstmals in allen Einrichtungen das fächerübergreifende "Phänomen-basierende Lernen" (PBL) angewandt wird. Die Schüler bekommen ein "Phänomen", einen bestimmten Themenkomplex, zugeteilt. Welche Informationen sie zusammentragen, um diesen zu verstehen, bleibt ihnen überlassen (die OÖNachrichten haben berichtet). Bildungsexperte Emmerich Boxhofer, Leiter des Departments für Schulpraktische Studien an der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz, verweist darauf, dass fächerübergreifendes Lernen punktuell bereits an Pflichtschulen praktiziert werde.

"Wichtig ist die Balance"

Den kollaborativen Ansatz hält er für begrüßenswert, der Teufel stecke aber im Detail. "Die Schüler lernen so, vermehrt Alltagsprobleme zu lösen. Die Frage ist jedoch, wie man trotzdem die Grundkenntnisse wie Lesen, Schreiben oder Rechnen garantieren kann." Wichtig sei, die Balance zu finden, so Boxhofer; "Was muss ein Mensch beherrschen, wo kann ich ihm Freiräume geben?"

Darauf, dass fächerübergreifender Unterricht in Oberösterreich bereits in Ansätzen existiert, verweist auch Bildungslandesrätin Christine Haberlander (VP). Eine Abschaffung der Unterrichtsfächer ist für sie nicht vorstellbar.

Kein großer Anhänger des finnischen Modells ist auch Paul Kimberger, Chef der Pflichtschullehrergewerkschaft. "Natürlich muss man auf andere Länder schauen. Ein anderes Modell einfach zu kopieren, bringt aber nichts." Dass das finnische Schulsystem erfolgreich ist, habe nichts mit der Abschaffung von Fächern zu tun. In oberösterreichischen Schulen würden Fächer ohnehin nicht isoliert bestehen. "Große Themen der Zukunft, wie etwa die Digitalisierung, werden in alle Bereiche hineingreifen, von den Naturwissenschaften bis zu Deutsch", sagt Kimberger.

Das Bildungsministerium war trotz mehrmaliger Versuche für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.