"Ich stehe schon dafür: Eine Leistung, die beansprucht wird, hat einen Wert"

Von Heinz Steinbock   12.Februar 2018

Eine Abmeldungsflut in mehreren Gemeinden verärgerte Eltern und Bürgermeister: Die Nachmittags-Gebühren in den Kindergärten sind politisches Streitthema. Im OÖN-Interview verteidigt Landesrätin Christine Haberlander (VP) die Entscheidung.

OÖNachrichten: Mit der Verordnung der Kindergarten-Gebühren haben Sie Ihren ersten politischen Wirbel. Haben Sie die Aufregung unterschätzt?

Christine Haberlander: Es war klar, dass dieses Thema auch emotional und ideologisch diskutiert wird. Es war mir bewusst, dass Veränderungen immer Sorgen mit sich bringen. Da muss man hinschauen, und diese Sorgen muss man ernst nehmen.

Es gibt eine große Zahl an Abmeldungen von der Nachmittagsbetreuung. Vor kurzem haben Sie auf eine Landtagsanfrage noch gesagt, die Auswirkungen seien hypothetisch. Müssen Sie Ihre Ansicht revidieren?

Als wir die Anfrage beantwortet haben, waren sie hypothetisch, weil die Gebühr noch nicht in Kraft war. Jetzt sieht man langsam, wie sich die Dinge entwickeln. Aktuelle genaue Daten liegen uns noch nicht vor. Wir kennen derzeit auch nur die Medienberichte.

Aber die ersten Zahlen sind hoch, in manchen Gemeinden werden bis zur Hälfte der Kinder abgemeldet.

Man muss genau hinschauen, warum manche Kinder nicht mehr in der Nachmittagsbetreuung sind. Da gibt es sicher unterschiedliche Gründe. Da wird wahrscheinlich in der Familie überlegt, wo der beste Betreuungsplatz für das Kind und wie der Bedarf ist. Und jede Gemeinde und jeder Bürgermeister wird sich überlegen: Wie kann ich den Bedarf der eigenen Bürger decken?

Etliche Bürgermeister sagen, sie stünden unter Druck, Gebühren vorzuschreiben, die sie nicht wollen. Was droht Gemeinden, wenn sie die Landesverordnung nicht umsetzen?

Erstens sind wir in einem Rechtsstaat, und die notwendigen Verordnungen sind umzusetzen. Das gilt für alle Institutionen. Ich gehe davon aus, dass sich jede Gemeinde bemüht, Rechtskonformität herzustellen. Wenn nicht, dann muss man genau hinschauen. Dann wird eine Aufforderung an die Gemeinde folgen, den rechtmäßigen Zustand herzustellen.

Und in letzter Konsequenz werden Förderungen gekürzt oder gestrichen?

Unser Fördersystem ist so aufgebaut. Wenn Rechtskonformität besteht, gibt es auch Förderung.

Auch der Gemeindebund hat gefordert, dass die Gebühren nicht so kurzfristig, sondern erst mit dem nächsten Kindergartenjahr kommen. Warum hat man nicht auf ihn gehört?

Mir liegt Ankündigungspolitik nicht. Wir haben uns in der Landesregierung dazu bekannt, einen Beitrag am Nachmittag einzuführen, und dann schauen wir, dass er möglichst rasch wirksam wird.

Sie haben gesagt, es sei auch ein ideologisches Thema. SPÖ und Grüne werfen Ihnen vor, der Nachmittagsbetreuung wenig Wert beizumessen und berufstätige Mütter zu belasten.

Ich stehe schon dafür, dass man sagt: Eine Leistung, die beansprucht wird, hat auch einen Wert. Diesen hat auch der Nachmittag im Kindergarten, da werden die Kinder pädagogisch betreut. Darum haben wir einen sozial verträglichen Tarif eingeführt, der bei 21 Euro pro Monat beginnt. In allen Bundesländern außer Wien galten schon Nachmittagsgebühren. Die Gemeinden haben auch die Möglichkeit, soziale Härtefälle zu definieren, bei denen von der Zahlung abgesehen wird.

Garantieren Sie, dass der Kindergarten am Vormittag gratis bleibt?

Das steht nicht zur Diskussion. Der Vormittag bleibt bewusst beitragsfrei, weil wir wissen, dass 57 Prozent der Kinder bis 13 Uhr in den Gruppen sind.

Es geht dabei um 13 Millionen Euro an Einsparungen, bei fünf Milliarden Euro Landesbudget. Ist die Verärgerung das wert?

Es ist ein Beitrag, der uns helfen wird, die Finanzierbarkeit des Systems aufrechtzuerhalten.

 

Zur Person

Christine Haberlander (VP) ist seit 6. April 2017 Landesrätin für Bildung, Gesundheit und Frauen. Die umstrittene Verordnung zu den Kindergarten-Nachmittagsgebühren, die am 16. Jänner von der Landesregierung beschlossen wurden und die seit 1. Februar in Kraft sind, wurde von ihrem Ressort ausgearbeitet.