"Es ist notwendig, dass die Gemeinden wirtschaftlich geführt werden"

Von Josef Lehner   30.August 2017

Die Gemeindeorgane müssten ihre Kontrollaufgaben wahrnehmen, mahnt Landesrat Max Hiegelsberger (VP). Künftige Aufgaben, etwa die Betreuung unter dreijähriger Kinder in Krippen, seien vielerorts unfinanzierbar, wenn künftig nicht grenzüberschreitend gearbeitet werde.

 

OÖN: Es hat haarsträubende Fälle gegeben, wo Verfahren unterlassen wurden, Akten liegen blieben und verjährten. Hat das Land die Gemeinden im Griff?

Hiegelsberger: Es sind Einzelfälle. Die Erstkompetenz muss die Gemeinde wahrnehmen. Es gibt ja einen Gemeinderat, einen Vorstand, einen Bürgermeister, einen Amtsleiter und die interne Kontrolle im Prüfungsausschuss. Wir sehen, dass wir beim Prüfungsausschuss eine Schulungsaufgabe haben. Die Bezirkshauptmannschaften prüfen die Rechnungsabschlüsse der Gemeinden. Dann gibt es Landesaufsicht und Rechnungshof. Also, die Kontrolle reicht.

Bringt die "Gemeindefinanzierung neu" nur dem Land etwas oder wirklich den Gemeinden?

Es gibt eine finanzielle Grundausstattung und zweitens einen Härteausgleich. Es ist notwendig, dass Gemeinden wirtschaftlich geführt werden. Das sind ja kleine bis mittlere Unternehmen mit zehn bis 50 Mitarbeitern. Die müssen sich die Kosten anschauen. Wenn sie in Vergleichen schlecht liegen, müssen sie kooperieren, fusionieren oder Aufgaben auslagern. Mit der Grundausstattung können sie aber deutlich mehr gestalten. Die Parteien müssen im Gemeinderat entscheiden, welche Projekte sie umsetzen wollen. Sie können sich nicht mehr auf den zuständigen Landesrat ausreden. Das ist ein Schritt zu mehr Bürgerinteresse.

Wer nicht fusioniert oder kooperiert, kriegt weniger Geld?

Wir haben in der neuen Gemeindefinanzierung Instrumente eingebaut, wie sie das wirtschaftlich auf die Reihe kriegen. Eine finanzielle Herausforderung wird die Kinderbetreuung. Da brauchen wir verstärkt Kooperationen, weil nicht alles von einer Gemeinde abgedeckt werden kann. Es geht in Zukunft um die regionale Betrachtung von öffentlichen Leistungen.

Sollen regionale Zentren entstehen, Schwerpunktorte?

Nicht nur. Wir müssen die Bau- und Standesämter verstärkt in Zentren geben, weil wir die Verwaltung nur damit rechtlich absichern können. Die Gemeinden sollen aber nicht ausgeräumt werden, sondern sie sollen sich spezialisieren. Eine Gemeinde hat etwa die Krabbelstube, eine andere den Kindergarten, und für alle gibt es ein qualitatives Angebot.

Zum Agrarlandesrat: Es gibt nur noch rund 25.000 bäuerliche Betriebe. Wieso brauchen wir einen Agrarlandesrat?

Weil vier Prozent der Bevölkerung für die 96 anderen Prozent Verantwortung tragen. Die Bauern sind das Fundament für die ländliche Entwicklung.

Die Agrarpolitik wird maßgeblich von der EU bestimmt. Was kann Oberösterreich da tun?

Wir haben neben der EU-Direktförderung in der ersten eine sehr starke zweite Finanzierungssäule, die Bund und Länder mitfinanzieren und wo wesentliche Kriterien für eine bäuerliche, standortbezogene Landwirtschaft ausgeprägt sind. Das ist vor allem die Ausgleichsprämie für Bergbauern. Als einziges Bundesland haben wir ein Grundwasserschutzprogramm für Grünland. Wir unterstützen mit Fördermitteln jene Elemente, die der Gesellschaft wichtig sind. Wir haben eine Investitionsförderung, die ganz wesentlich ist für Jungunternehmer.

Investitionsförderung führt doch zu Großbetrieben und Intensivwirtschaft?

Nein, denn die Förderung ist in der Finanzperiode bis 2021 mit 400.000 Euro anrechenbarer Investitionssumme pro Betrieb begrenzt. Die Förderung beträgt im Schnitt 20 Prozent. Für Biobetriebe, Jungbauern und tierfreundliche Haltung gibt es Zuschläge.

Die Zusammenarbeit zwischen VP und FP soll in der Landesregierung gut funktionieren?

Die Weichenstellungen, die Oberösterreich braucht, werden sehr gut machbar sein. Wir müssen verstärkt in Investitionen gehen, etwa Digitalisierung. Da brauchen wir auf der anderen Seite Einsparungen. Die sind mit dem Partner FPÖ umsetzbar. Die Gesellschaft ändert sich, damit auch die Aufgaben. Ich sage: Digitalisierung ja. Aber wir dürfen – für mich ganz wesentlich – den Straßenbau im ländlichen Raum nicht vergessen.