Die Landes-VP hat plötzlich ein Personalproblem

Von Wolfgang Braun   13.Juni 2018

Es ging ein Raunen durch die voestalpine Stahlwelt, als Michael Strugl (VP) Montagabend zu vorgerückter Stunde wider Erwarten beim oberösterreichischen Industrie-Empfang auftauchte. Nachdem die OÖNachrichten vergangene Woche berichtet hatten, dass Strugl aller Voraussicht nach in den Vorstand des Stromkonzerns Verbund wechseln wird, war dieser tagelang abgetaucht. Montag präsentierte er sich gut gelaunt und gelöst. Das Verbund-Hearing sei gut gelaufen, ließ er wissen.

Landeshauptmann Thomas Stelzer (VP) sah zu, dass er den Industrie-Empfang schnell verlassen konnte. Das Ende eines oberösterreichischen Traumduos.

Mit Strugl verliert Stelzer seinen ersten Offizier, mit dem er Oberösterreich wieder in die Champions League der europäischen Standorte führen sollte. Das ist umso pikanter, weil das Zustandekommen dieser Konstellation die Landes-ÖVP in einen tiefen internen Konflikt getrieben hat. Wirtschaftsflügel und Industrie hatten sich nach der Landtagswahl 2015 für ein starkes Standort-Ressort starkgemacht, das Strugl führen sollte. Strugl kokettierte zudem mit einem Wechsel in die Energie AG und hielt so den Druck auf Stelzer und den damaligen Landeshauptmann Josef Pühringer (VP) hoch. Am Ende einigte man sich nach langwierigem Gezerre. "Einen Oscar für die beste Regie werden wir nicht bekommen", so der Kommentar von Pühringer nach der Beilegung des Konflikts. Zum Kompromiss zählte unter anderem, dass sich Stelzer und Strugl die Agenden des Finanzressorts aufteilten.

Eine Portion Unmut

Vergessen sind diese turbulenten Wochen in der ÖVP nicht. Entsprechend groß ist der Unmut, dass Strugl nun nach kurzer Zeit schon wieder von Bord geht. "Politik lebt nicht nur von Strategie, sondern auch von Berechenbarkeit und Teamgeist", sagt ein hoher ÖVP-Funktionär. Auch einige von denen, die sich einst für Strugl ins Zeug warfen und einen Streit mit Parteifreunden in Kauf nahmen, sind konsterniert (siehe Wirtschaftsteil).

Gefüge aus der Balance

Die oberösterreichische Volkspartei braucht damit eine völlig neue Familienaufstellung. Bisher waren Stelzer und Strugl das starke dominante Duo, auch in der öffentlichen Wahrnehmung. Dahinter konnte man es sich leisten, mit Gesundheits- und Bildungslandesrätin Christine Haberlander eine junge Frau langsam an größere Aufgaben heranzuführen. Man konnte auch an Agrar- und Gemeindelandesrat Max Hiegelsberger festhalten, obwohl dieser nach einem kritischen Bericht des Landesrechnungshofes über die Gemeindeaufsicht gehörig ins Schwimmen geraten war. Jetzt aber geht die Balance verloren. Dass der offenbar schon designierte Strugl-Nachfolger Markus Achleitner in die Rolle des Stelzer-Adjutanten schlüpfen kann, ist unwahrscheinlich. Damit fehlt Stelzer aber auch eine starke rechte Hand, wie sie die ÖVP-Landeshauptleute der Vergangenheit oft hatten. Pühringer hatte anfangs Christoph Leitl zur Seite, später den treuen und verlässlichen Franz Hiesl. Hiesl räumte Unangenehmes weg, führte heikle Verhandlungen und hielt so Pühringer den Rücken frei. Auch Strugl übernahm für Stelzer entscheidende Themen, zum Beispiel die brisante Zusammenführung von Gespag und Kepler-Klinikum oder die Budgetverhandlungen für die Linzer Kepler-Uni mit dem Bund.

Wie man sich das in der Volkspartei nun aufteilt, wird spannend. Anzunehmen ist, dass vieles Chefsache wird. Bei der Ressortaufteilung wird Stelzer wieder alle Finanzagenden in einer Hand zusammenführen, das sei auch schon mit der Industrie abgeklärt, heißt es. Darüber hinaus dürften die Zuständigkeiten aber großteils unverändert bleiben, was für den Thermen-Manager Achleitner keine geringe Herausforderung bedeutet. Immerhin fallen in sein Ressort neben Wirtschaft u. a. auch Forschung, Energie und Raumordnung (siehe Wirtschaftsteil). Geklärt muss noch werden, wer offiziell Landeshauptmann-Stellvertreter wird. Hiegelsberger ist aus dem Rennen. Mit Haberlander hätte man erstmals eine Frau in dieser Rolle.