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"Die Asylfrage ist der erste große Prüfstein für Europa"

Von Elisabeth Eidenberger, 17. September 2015, 00:04 Uhr
"Die Asylfrage ist der erste große Prüfstein für Europa"
Uni-Professor Alois Ferscha lebt seit 15 Jahren in Oberösterreich: "Hier ist der beste Platz zum Leben." Bild: JKU

LINZ. Uni-Professor Alois Ferscha über Asyl, den „intellektuellen“ Standortvorteil und das Dilemma zwischen Forschung und Politik.

Der Informatiker und Uni-Professor Alois Ferscha liebt es, zu forschen, Zeitung zu lesen und sich auch abseits der Informatik Gedanken über gesellschaftliche Entwicklungen zu machen – gerade in Zeiten wie diesen.

 

Sie sind gebürtiger Burgenländer und seit 15 Jahren Wahl-Oberösterreicher – welches Bundesland steckt mehr in Alois Ferscha?

Ich hoffe beide. Meine ersten Lebensjahre am Waldrand, bei meiner keinen Gartenquelle und mit nur drei anderen altersgleichen Kindern im Dorf waren prägend. Ich habe später in Wien studiert und gearbeitet, war „Stammhörer“ auf den billigen Plätzen des Burgtheaters. Auch Wien sitzt tief in mir. Als Wahloberösterreicher mit burgenländischem und wiener Migrationshintergrund musste ich mich in Oberösterreich erst um Vertrauen bemühen. Das ist nun beruflich und privat gelungen.

Was schätzen Sie an Oberösterreich und den Oberösterreichern?

Ein Politiker hat in meinen ersten Jahren an der JKU einmal gesagt, dass Österreich, was Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit betrifft, in zwei Bundesländer eingeteilt werden könne: Oberösterreich und Unterösterreich. Heute verstehe ich, was er damit sagen wollte. Ich schätze den Schaffenswillen und die Schaffenskraft der Oberösterreicher. In Oberösterreich wird erledigt, wo sonstwo zunächst einmal angedacht wird. Da wird etwa ein Tunnel gebaut, der drei Monate vor dem Plan fertig wird. Das ist fast verwunderlich.

Da wird es nun einige geben, die Ihnen widersprechen – das lange Herumeiern um das Musiktheater, den Westring, die Eisenbahnbrücke.

Das ist das Problem auf der politischen Ebene. Dass lange diskutiert wird. Das ist auch gut so. Wenn die Entscheidung aber einmal getroffen ist, dann wird erledigt.

Im Wahlkampf dreht sich im Moment alles um das Thema Asyl.

Das Asylthema ist die komplexeste Herausforderung Europas seit dem Kriegsende. Wohlfahrtsstaat und Wachstumspolitik sind plötzlich mit dem Grundrecht des Einzelnen, in Frieden leben zu können, konfrontiert. Wenn Europa einen Gedanken, einen Spirit hat, dann kann es nicht nur um Finanz- und Fiskalpolitik oder die Krümmung von Gurken gehen. Kein anderes Thema als die Würde des Menschen kann wichtiger sein. Es ist der erste Prüfstein für Europa.  Jetzt stellt sich die Frage: Wer meint es wirklich ernst mit Europa? Und die Politik muss Antworten geben.

Was wäre Ihre Antwort?

Ich habe auch keine Pauschalantwort. Aber wenn wir sagen, ja, wir machen die Grenzen zu, und Wohlstand und Wachstum sind uns wichtiger als der Mensch, dann wäre das fatal.

Bewegt Sie da die große Hilfsbereitschaft etwa bei der Versorgung der durchreisenden Flüchtlinge?

Diese Hilfsbereitschaft im Kleinen ist eine rührige Geste der Menschlichkeit. Bewegt wird aber nur auf oberster politischer Eben. Da muss jetzt etwas passieren.

Kommt Ihnen das Thema Forschung im Wahlkampf zu kurz?

Technologie und Forschung haben einen unverständlich niedrigen Stellenwert in den Parteiprogrammen. Aber es ist so: Die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei – das besagt der Artikel 17 im Staatsgrundgesetz von 1967. Und sie muss auch frei von politischer Einflussnahme, wirtschaftlichen Sachzwängen, also von jeder Art der Fremdbestimmung bleiben. Und hier liegt das Dilemma der Wissenschaft: Der Wert dieser Freiheit ist in auf Legislaturperioden ausgerichtete Parteiprogrammen nur schwer darstellbar. Bei der Forschung weiß man am Anfang nicht, was am Ende rauskommt. Diese Ungewissheit widerspricht dem wirtschaftlichen und politischen Prinzip der Kosten-Nutzen-Rechnung. Wie erklärt man dann als Politiker dem Steuerzahler, wieso man für Forschung Geld ausgeben sollte?  Man muss Vertrauen in diese Unabsehbarkeit haben.

Wie politisch müssen Sie da als Universitätsprofessor agieren?

Ich kann den Politikern nur Mut zusprechen und Vertrauen geben, dass man das Budget nicht sorglos einsetzt. Mehr kann man fast nicht tun.

Mit welcher Aussage könnte Sie ein Politiker positiv überraschen?

Wenn sie oder er neben „Industriestandort“ und „Wirtschaftsstandort“ endlich auch vom „Forschungsstandort“ Oberösterreich sprechen würde.

Der Industrie-, Wirtschaft- oder auch Export-Standort lässt sich gut mit Zahlen belegen. Wie aber argumentieren sie den Forschungsstandort?

Das ist tatsächlich ein Problem. Es gibt natürlich verschiedene Kennzahlen: die Anzahl von Patenten, von Publikationen, Zitierungen oder Unternehmensgründungen aus dem Universitätsbereich. Sie alle können jedoch den Einfluss von Forschung nicht treffend beschreiben. Es kann sein, dass ein kleines Patent in seiner Wirkung viele große Patente schlagen kann. Nehmen Sie als Beispiel das LD-Verfahren, das über ein kleines Forschungsprojekt in Linz entwickelt wurde und heute weltweit in allen Stahlwerken eingesetzt wird.

Sie sind international unterwegs und tauschen sich auf Konferenzen mit Kollegen weltweit aus. Wie stehen Oberösterreich und die JKU im Bereich Technologie und Fortschritt da?

Ich war gerade in Japan auf meiner Heimkonferenz für Pervasive Computing, die ich 2004 ins Leben gerufen habe. In dieser Scientific Community, dieser Gruppe, die sich mit dem Thema beschäftigt, sind wir hier in der ersten Reihe. Deshalb stellt sich diese Standortfrage für mich anders.

Inwiefern?

Ich denke, die Linzer Uni hat die Standortvorteile Oberösterreichs restlos ausgeschöpft. Es ist tatsächlich schwer, Leute nach Linz zu bringen. Man kennt Linz zum Beispiel eher vom Vorbeifahren, wenn jemand von Wien nach München will. Auch über unseren Flughafen sind wir schlecht erreichbar. Wir müssen uns deshalb um den „intellektuellen“ Standortvorteil kümmern. Wir brauchen Forschungsergebnisse von internationalem Rang. Das macht uns attraktiver – und dann ist die Geografie egal.

Wie schafft man das?

Zum Beispiel müsste die Uni ihre Berufungspolitik ändern. Wir brauchen die weltbesten Leute. Die sind teuer, und deshalb nehmen wir sie leider nicht. Hier ist wenig Mut da, in große Köpfe zu investieren.

In welchen Bereichen braucht Oberösterreich mehr Forschung?

Jetzt werden Sie sagen, meine Meinung ist eigenbrötlerisch. Aber die Antwort ist dennoch: die Informations- und Kommunikationstechnologie. Ganz einfach, weil wir da – auch dank der Industrie – schon eine kritische Masse erreicht haben und näher an Spitzenleistungen sind, als in anderen Bereichen. Wir wären schlecht beraten, wenn wir das nicht fortsetzen würden. Außerdem sind die Anfangsinvestitionen nicht so hoch. Alles, was wir brauchen, sind PCs, Software und schlaue Leute. Und die haben wir in Oberösterreich.

Was halten Sie als Informatiker von Wahlprognosen? Könnte ein Computer ähnliche oder sogar bessere Vorhersagen treffen?

Ich habe in den Achtziger Jahren am Statistik-Institut der Uni Wien tatsächlich die Wahl-Hochrechnungen für den ORF gemacht. An Wahltagen konnten wir um 14 Uhr schon genau sagen, wie die Wahl ausgehen wird. Bauchweh habe ich aber oft bei Prognosen: Oft da nur Mittelwerte angegeben, aber nicht die Intervalle, also die Bandbreite, der möglichen Wert. Bei einem Wert von 47,3 Prozent einer Partei kann das Intervall 33 bis 66 Prozent betragen, oder aber auch nur 43 bis 53 Prozent. Diese Sicherheitsintervalle müsste man dazuschreiben, um den Eindruck nicht zu verfälschen. Ich frage mich aber ohnehin, wofür es Wahlprognosen Wochen vor der Wahl gibt. Ein roter, schwarzer oder blauer Balken kann ja wohl keine Entscheidungshilfe für die Wähler sein. Die Analysen von Themen sind viel wichtiger.

Was würden Sie als erstes tun, wenn Sie Landeshauptmann wären?

Ich würde wahrscheinlich allen Oberösterreichern einen persönlichen Brief schreiben und mich dafür bedanken, was sie in den vergangenen 70 Jahren aufgebaut haben. Das ist nämlich nicht nur die Errungenschaft der Politik. Oberösterreich ist der beste Platz zum Leben. Der schönste war er immer schon. Die Bevölkerung hat ihn aber erst zum besten gemacht…. Und danach würde ich mein Amt zurücklegen und wieder Professor werden.

 

Zur Person

Alois Ferscha stammt aus Oberpullendorf im Burgenland und verschickte in den 80er-Jahren schon E-Mails, als in Österreich noch kaum jemand wusste, dass es das Internet überhaupt gab. Seit dem Jahr 2000 ist er an der Linzer Kepler-Uni und leitet das Institut für Pervasive Computing. Hier forscht er daran, wie man Informatik in Alltagsgegenstände wie Kleidung oder Autos bringt.

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3  Kommentare
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alexius001 (2.214 Kommentare)
am 18.09.2015 19:24

und für sowas braucht man einen uni professor???

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milli34 (3.636 Kommentare)
am 17.09.2015 14:07

.... je früher desto besser, wer hat uns da hineingelogen," und immer noch" die Bilder von dem "Saustall" die die Zuwanderern hinterlassen Sprechen Bände, neue Sachen Verpackte Lebensmittel Sackerl, hallo aufwachen können sie sich erinnern, dass unser Bundeskanzler je für unsere Obdachlosen nur ein klein wenig für eine Winterunterkunft gekämpft hat!

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politikverweigerer (942 Kommentare)
am 17.09.2015 12:53

der erste große prüfstein, von welchen planeten ist den der jetzt angereist?
europa hat nur prüfüngen, von denen sie bis jetzt noch keine einzige meistern konnten, darum wirds die eu-diktatur bald zerbröseln

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