"Der einzige Ausweg ist es, den öffentlichen Verkehr zu entwickeln"

Von Josef Lehner   01.August 2017

Das Stauchaos in Linz dominiert die öffentliche Debatte. Das Land könne nichts anderes mehr tun, als auf den Bauentscheid für die vierte Donaubrücke zu warten und das Vorhaben dann umzusetzen, sagt Verkehrslandesrat Günther Steinkellner (FP).

 

OÖN: Sie haben kürzlich gesagt, wir brauchen auch in Zukunft nicht nur Datenautobahnen, sondern auch Straßen. Wird zu viel über Digitalisierung geredet?

Steinkellner: So wichtig die Digitalisierung sein wird, so wichtig wird auch sein, für die Menschen die Verkehrsverbindungen aufrechtzuerhalten. Die Menschen müssen weiter zum Arbeitsplatz kommen, wenn dieser nicht zu ihnen kommt. Dabei geht es mir vor allem um den öffentlichen Verkehr. Wir brauchen die Schiene. Der Bus ist der Zubringer, der die Menschen zu den Hauptachsen bringt. Deshalb kämpfe ich sehr für den Ausbau unserer Bahnstrecken.

Wird nicht eher zugesperrt?

Wenn es nach mir geht, nicht. Eine Systemstudie soll die Möglichkeiten auf der Mühlkreisbahn bis Aigen-Schlägl aufzeigen. Die ÖBB wollen ab 2019, wenn unsere Verträge auslaufen, die Almtalbahn nur noch bis Sattledt betreiben und die Hausruckbahn von Attnang über Ried bis Schärding einstellen. Das wird ein hartes Verhandeln mit den Bundesbahnen. Wir müssen die Randzeiten bei allen Bahnen verbessern. Auf den Hauptachsen der S-Bahn müssen wir den Takt verdichten. Wir brauchen mehr Park & Ride-Parkplätze.

Fahrgäste sagen, der Verkehrsverbund (OÖVV) sei zu teuer.

Ich habe Bahnbauprojekte mit einem Volumen von mehr als einer Milliarde Euro in der Pipeline. Ich kann jetzt sagen, ich senke die Tarife für jene, die schon gute Verkehrsanbindungen haben. Laut OÖVV würde das wenige zusätzliche Fahrgäste bringen, aber viel Geld kosten, das wir eigentlich für den Ausbau brauchen.

Im Individualverkehr gibt es eine große Barriere, die Donau. Wie konnte das passieren?

Die Eisenbahnbrücke wurde zur Unzeit abgetragen. Aber das ist Schnee von gestern. Jedenfalls werden wir bis 2020/21 sechs bis acht zusätzliche Fahrspuren über die Donau haben. Vier werden mit den Bypässen auf der Voest-Brücke (Anm.: Mühlkreis-Autobahn) entstehen, zwei mit der Eisenbahnbrücke. Falls mit der vierten Donaubrücke etwas weitergeht, erhalten wir noch zwei weitere.

2021 sollte für Autofahrer das Schlimmste vorbei sein?

Dann wird es die nötigen Donauquerungen geben. Aber man wird feststellen, dass sich die Stausituation dann in die innere Stadt verschiebt. Der einzige Ausweg wird sein, den öffentlichen Verkehr zu entwickeln, den Rad- und den Fußgängerverkehr. Darum bemühen wir uns.

Die großen Straßenprojekte werden dann erledigt sein?

Die Ostumfahrung Linz ist noch offen. Wenn es eine durchgehende Autobahn von Berlin über Prag bis zu uns und in den Süden geben wird, werden wir diese Ostumfahrung brauchen. Wir können den Transitverkehr nicht durch Linz leiten. Daher müssen wir rechtzeitig eine Trasse festlegen.

Jedes Projekt hat Gegner. Können Sie damit umgehen?

Wegen des Straßenbahnbaus aufs Harter Plateau wurde in Leonding mein Elternhaus geschleift, daher habe ich da persönliche Erfahrungen als Gegner. Bei jedem Verkehrsprojekt muss man das Ganze sehen. Es wird für jeden Betroffenen eine Lösung gesucht. Mit Egoismus geht es nicht. Es ist sicher nicht leicht für Betroffene. Aber damit müssen wir leben.

Die Landesbaudirektion war immer eine VP-Hochburg. Jetzt haben wir seit 2015 einen blauen Landesrat. Wie funktioniert das?

Ich sehe meine Aufgabe nicht parteipolitisch. Es geht um die sachlich beste Lösung. Ganz wichtig ist, dass die Straßen und der öffentliche Verkehr in einem Ressort zusammengefasst sind. Getrennte Verkehrslösungen haben im 21. Jahrhundert keine Zukunftsperspektive. Mobilität ist neu zu denken und gesamthaft zu lösen.