Atterseekreis: "Der Versuch, freiheitliche Politik zu vergeistigen"

Von Christoph Kotanko   22.November 2014

Asylwerber als "Höhlenmenschen"; ein Foto, das einen FP-Bezirkschef beim Hitlergruß zeigt; in einer Aussendung das Kürzel 88 – es bezieht sich auf den achten Buchstaben des Alphabets und ist der Neonazi-Code für "Heil Hitler".

Die FPÖ kommt auch unter Heinz-Christian Strache nicht los vom rechten Rand. Er selbst spielt zunehmend den Sozialpopulisten. Daneben taucht eine dritte Strömung wieder auf, die früher in der FPÖ eine gewisse Bedeutung hatte: die Rechtsliberalen aus dem Milieu der Freiberufler, Akademiker und aufgestiegenen Facharbeiter.

"Attersee-Report" heißt ein Magazin, das diese Woche der "Freiheitliche Arbeitskreis Attersee" erstmals herausbrachte. Auflage: 3000 Stück. Die redaktionelle Gestaltung besorgt der pensionierte Meinungsforscher Andreas Kirschhofer-Bozenhardt, der sich als "rechtsliberal" einordnet.

Die Lichtgestalt der ersten Nummer ist Volksmusiker Andreas Gabalier. Dazu qualifiziert ihn die Tatsache, dass er im Sommer in Spielberg die Bundeshymne in der alten Fassung sang, also ohne die Töchter zusätzlich zu den Söhnen.

Das macht ihn für Kirschhofer zu einer Symbolfigur des Widerstands gegen "Gesinnungsdruck" und "links-grünes Gedankengut".

Dass die geschlechtergerechte Fassung der Hymne kein linker Staatsstreich, sondern Folge einer namentlichen Abstimmung im Nationalrat (112 Ja, 39 Nein) war, geht beim Hymnus auf Gabalier unter.

Weitere Themen der Erstausgabe sind Zivilcourage, die Säkularisierung in Polen, "Meinungsdruck einst und jetzt" sowie der Tourismus als eine "trügerische Idylle".

Kirschhofer: "Das ist der Versuch, die freiheitliche Politik zu vergeistigen. Es kann der FPÖ nicht schaden, wenn sie nicht monothematisch auftritt. Wir sprechen reizvolle Dinge an. Aber ich bin unabhängig von der Partei." Im Dezember kommen die Eliten dran, als Autor wurde Ex-"Presse"-Herausgeber Thomas Chorherr verpflichtet.

FPÖ-Kenner bezweifeln mit Verweis auf die jüngere Parteigeschichte, dass die Attersee-Leute eine nennenswerte Rolle spielen könnten. Gegründet wurde der Kreis 1971 vom damaligen Parteichef Friedrich Peter. Er wollte, dass "das Nationale und das Liberale einen gemeinsamen Platz in der FPÖ haben". Norbert Steger, einer seiner Nachfolger, förderte den Kreis nach Kräften, es gab regelmäßige Treffen im Hotel Post in Weißenbach. Jörg Haider machte damit Schluss; die Liberalen verliefen sich, Heide Schmidt gab 1993 auf.

Seit zwei Jahren besteht der Kreis wieder. Vorsitzender ist der Linzer Ex-Abgeordnete Alois Gradauer. Er möchte den Attersee-Report zur "Gegenposition zu allzu einäugigen Betrachtungen" machen. Der Beweis steht noch aus.