Politik als "Machtergreifung": Mitterlehners bittere Bilanz

Von nachrichten.at/apa   16.April 2019

Mitterlehner ist im Mai 2017 nach einem monatelangen internen Machtkampf zurückgetreten und hat damit für Sebastian Kurz Platz gemacht - die Rochade an der ÖVP-Spitze führte letztlich zu Neuwahlen, aus denen die nunmehr türkise ÖVP siegreich hervorging. Mitterlehner erinnert in der Einleitung des Buches, das am Mittwoch vorgestellt werden soll, an aufgetauchte Unterlagen, wonach mit "Energie und Detailgenauigkeit der Wechsel systematisch vorbereitet" worden war. Die Geschichtsschreibung solle nicht "den derzeit Regierenden und ihrer Message Control überlassen bleiben", argumentiert er nun seine Publikation.

In der Politik gehe es "fast nie um den Wettbewerb der besseren Konzepte", sondern "um Machtergreifung und Machtdurchsetzung".

Die Umfragen für Türkis-Blau seien zwar positiv, räumt Mitterlehner ein - stellt aber gleichzeitig die Frage, ob "volatile Umfragen wirklich der ausschließliche Maßstab für die Qualität der Politik" seien. Dass Mitterlehner vom Stil der aktuellen Regierung wenig begeistert ist, wird schon im Prolog, der der APA vorliegt, klar: "Populismus als Ideologie verlangt immer nach Gegnern, nach Reibungsflächen, sonst fehlt die Identifikationsmöglichkeit für die eigenen Anhänger. Da habe ich dann neben den 'echten' Österreichern oder den aufrechten Österreichern noch die anderen, nämlich die Migranten, die Arbeitsunwilligen, die Caritas, die 'Spätaufsteher', die nicht so dazugehören, die man kritisiert, stigmatisiert und bei denen man im besten Fall nachhilft, dass auch sie 'echte' Österreicher werden."

Auch betont Mitterlehner, dass das Parlament "keine nachgeschaltete Institution einer Regierung" sei, von Türkis-Blau aber komme alles nur von "oben" ins Parlament, selbst kritische Stellungnahmen im Rahmen des parlamentarischen Begutachtungsprozesses aus eigenen Ministerien müssten zurückgezogen werden. "Man kann diese Art des Regierens auch Ergebnismarketing nennen, es handelt sich dabei um Entscheidung ohne wirkliche Partizipation", moniert Mitterlehner. "All das wird als neuer Stil verkauft, und das ist es auch. Aber ist es ein guter demokratischer Stil?"