"Wir sind menschenfreundlich, nicht menschenverachtend"

Von Von Heinz Steinbock und Jasmin Bürger   15.April 2014

Der EU-Spitzenkandidat für "Europa anders", Martin Ehrenhauser, demonstriert seit Sonntag vor dem Kanzleramt. Die OÖNachrichten sprachen mit ihm über seinen Protest, politische Überzeugungen und Hans-Peter Martin.

 

OÖNachrichten: Müssen wir damit rechnen, dass Sie das Interview abbrechen?

Martin Ehrenhauser: Nein, das war am Sonntag eine einmalige Aktion im ORF-Studio, der Situation entsprechend. Das bedeutet nicht, dass ich das immer machen werde.

Wie lange bleiben Sie vor dem Kanzleramt sitzen?

Wir haben uns jetzt auf eine Reise begeben. Wir werden sehen, wie lange diese dauert.

Heißt das, Sie wollen auch auf anderen Plätzen protestieren?

Jetzt bin ich einmal hier vor dem Bundeskanzleramt.

Wie stellen Sie sich einen "Hypo-Haftungsboykott" vor?

Die Frage ist, ob man den Sozialstaat weiter schröpfen soll und ob etwa dieses Hypo-Paket, das uns die Regierung als alternativlos verkauft, wirklich ohne Alternativen ist. Man kann Banken und Unternehmen auch in die Insolvenz schicken.

"Europa anders" ist ein Wahlbündnis von KPÖ, Piraten und "Der Wandel". Sind die Kommunisten jetzt Piraten geworden oder die Piraten Kommunisten?

Weder noch, wir sind bunt, keine Frage, aber alle Parteien sind eigenständig. Was uns vereint, ist der Wunsch nach einer fairen Verteilung von Chancen, Ressourcen, Vermögen und Information. Aber wir sind alle definitiv links. Wir unterstützen Alexis Tsipras als europaweiten EU-Spitzenkandidaten.

Sie selbst haben auch schon andere Richtungen vertreten. Sie waren beim Liberalen Forum, bei Hans-Peter Martin…

Ich war als Student beim liberalen Studentenforum. Wir waren aber ein sehr linksliberales Bündnis und sind damals schon für das bedingungslose Grundeinkommen eingetreten. Ich bin in Linz aufgewachsen, komme aus einer Arbeiterfamilie, einem sozialdemokratischen Umfeld. Aber ich bin sauer auf diese Faymann-SPÖ. Sie trägt die Bankenrettung und die Sparpolitik mit.

Mit Martin sind Sie im Unfrieden auseinandergegangen. Jetzt tritt er nicht mehr an. Ist das eine persönliche Genugtuung für Sie?

Ich bin immer noch sehr enttäuscht von Hans-Peter Martin. Ich glaube, er hätte das Potenzial gehabt, ein österreichischer Oskar Lafontaine zu werden. Er ist auch einer, der von der Sozialdemokratie kommt. Aber er ist über seine eigene Persönlichkeit gestolpert. Ich glaube, dass es der richtige Weg war, dass ich ihn wegen der Finanzen angezeigt habe. Dass es eine Enttäuschung war, gebe ich zu.

"Europa anders" gibt sich betont EU-kritisch, das tut auch die FPÖ am anderen Ende des politischen Spektrums. Sehen Sie Überschneidungen?

Die gibt es natürlich. Aber der wesentliche Unterschied ist: Wir sind menschenfreundlich, nicht menschenverachtend.

Zur Person

Martin Ehrenhauser wurde 1978 in Linz geboren. Nach einer Kochlehre studierte er Betriebswissenschaft und Politologie. 2007 ging er als Büroleiter von EU-Parlamentarier Hans-Peter Martin nach Brüssel und kandidierte 2009 auf dessen Liste. Die beiden überwarfen sich, Ehrenhauser zeigte Martin wegen missbräuchlicher Verwendung von Wahlkampfgeld an. Der dreifache Familienvater tritt für „Europa anders“ als Spitzenkandidat bei der EU-Wahl an.