"Viele haben erkannt, dass der Krieg verloren war"
Manfried Rauchensteiner über das Kriegsende.
Der renommierte Historiker Manfried Rauchensteiner hat Standardwerke über den Ersten Weltkrieg ("Der Untergang des Doppeladlers") und das Ende des Zweiten Weltkrieges in Österreich geschrieben.
Die OÖNachrichten baten ihn zum Interview.
OÖNachrichten: In den letzten Kriegstagen wollte eine Gruppe österreichischer Offiziere rund um Carl Szokoll eine kampflose Übergabe Wiens an die Rote Armee erreichen. Wie groß war diese Widerstandsleistung?
Manfried Rauchensteiner: Das, was sich die Führung der Roten Armee vor Wien erwartet hat, hat um einiges die Möglichkeiten der Gruppe um Szokoll überstiegen. Es wäre ihnen nur schwer gelungen, das SS-Panzerkorps in Wien in Schach zu halten. Es war ein mutiger und redlicher, aber auch kaum realisierbarer Versuch. Natürlich wäre die Aktion nach dem Krieg als Beispiel für österreichischen Widerstand besser zu verwerten gewesen. Aber Szokoll hat schlagartig aufgehört, sich zu engagieren, denn er wurde von den Russen interniert und konnte sich nur durch List vor einer Verschleppung nach Russland retten.
Wie groß war der Wille der Österreicher in der Wehrmacht, noch Widerstand zu leisten?
Es gab noch Einheiten, in denen mit voller Intensität gekämpft wurde. Aber viele haben erkannt, dass der Krieg verloren war und bald zu Ende sein würde. Das Gefühl, jetzt so kurz vor Ende nicht mehr fallen zu wollen, war weit verbreitet. Daher gab es auch eine größere Zahl von Desertionen.
Viele fürchteten sich vor russischer Besatzung – zu Recht?
Die Kampftruppen haben sich weitgehend nichts zuschulden kommen lassen. Anders war das bei den nachrückenden Einheiten aus der Etappe. Gegen deren Verhalten hat der damalige Wiener Bürgermeister Theodor Körner selbst mit Nachdruck bei der russischen Führung protestiert. Dort hat man ihm aber entgegnet, dass das, was die Deutschen in Russland gemacht haben, noch viel schlimmer gewesen sei.
Buchtipp: Das Standardwerk zum Kriegsende in Österreich:
Manfried Rauchensteiner: „Der Krieg in Österreich – 1945“, 544 Seiten, 29,95 Euro
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Ich habe mit einem Kriegsteilnehmer gesprochen, es liegt schon etliche Jahre zurück der über seinen Aufenthalt im Spätsommer 1944 in Ostpreußen erzählte , die Russen hätten sich diesem genähert, auf meine Frage , ja habt ihr nicht erkannt damals dass der Krieg verloren ist lautete seine für mich interessante Antwort, nein, wir sind damals mit ganz neuen Geschützen bewaffnet worden und es stand auch entsprechend Munition zur Verfügung, so ausgemacht war das noch nicht.