„Unter Schwarz-Blau ging viel mehr weiter“

Von Markus Staudinger   06.Mai 2011

OÖN: Frau Minister, ist für Sie FP-Chef Heinz-Christian Strache als Bundeskanzler denkbar?

Fekter: Das möge der liebe Wähler verhindern.

 

OÖN: Strache werde nur Kanzler, wenn er 51 Prozent erreicht, sagt Ihr Parteifreund, Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl – denn niemand werde Strache unterstützen, auch wenn er bei der Wahl 2013 Erster wird. Trifft das zu?

Fekter: Man sollte mit solchen Äußerungen nicht vorschnell sein. Wir kennen die Konstellationen nach der nächsten Wahl nicht. Die ÖVP strebt danach, selbst Erste zu werden und den Bundeskanzler zu stellen – und nur damit sollten wir uns befassen. Wiewohl ich sagen muss, dass wir unter Schwarz-Blau sehr gut mit der FPÖ zusammengearbeitet haben. Es ist in dieser Republik nie so viel weitergegangen wie damals.

 

OÖN: Mehr als unter der derzeitigen Regierung?

Fekter: Unter Schwarz-Blau ging viel mehr weiter. Derzeit geschieht zwar viel kontinuierliche Arbeit in den Ressorts. Aber die Erwartung, dass eine Große Koalition große Reformen – etwa eine Pensions-, Gesundheits- oder Staatsreform – am besten angehen kann, die hat sich nicht erfüllt.

 

OÖN: Wäre Ihnen Schwarz-Blau nach der nächsten Wahl lieber?

Fekter: Heinz-Christian Strache ist in der Sozialpolitik auch sehr weit links angesiedelt. Also weiß ich nicht, ob es für uns mit der heutigen FPÖ leichter wäre als mit der Sozialdemokratie. Mir ist das Gebilde am liebsten, das etwas weiterbringt. Letztlich hängt es davon ab, ob die handelnden Personen auch gestalten wollen.

 

OÖN: Ist denn Bundeskanzler Werner Faymann für Sie einer, der gestalten will?

Fekter: Werner Faymann will Bundeskanzler sein. In der Koalitionskoordinierung habe ich mit Staatssekretär Ostermayer aber ein Gegenüber, der weiß, dass es beiden Parteien nicht gut tut, wenn nichts weitergeht.

 

OÖN: Schwarz-Blau hatte etliche Schattenseiten – wie sich jetzt etwa in den Ermittlungen rund um Ex-Finanzminister Karl Heinz Grasser zeigt.

Fekter: Was derzeit in laufenden Verfahren verhandelt wird, möchte ich nicht bewerten. Ich spreche über die großen Reformen. Und da ist unter Schwarz-Blau wirklich viel weitergegangen. Dieses Schwarz-Blau-Bashing ist eine Strategie von links, um diese Zeit kaputt zureden.

 

OÖN: Wie eisern ist Maria Fekter – die einstige „Eiserne Lady“ im Innenministerium – als Finanzministerin?

Fekter: „Eiserne Lady“ habe ich immer als Kompliment empfunden, weil Maggie Thatcher eine große Reformatorin war und aus dem abgewirtschafteten Großbritannien ein wirtschaftlich blühendes Land gemacht hat. Daher möchte ich diesem Kompliment auch als Finanzministerin Genüge tun.

 

OÖN: Staatsschulden, Zinsendienst, Pensionskosten: Alles steigt – und dennoch sehen Sie vor 2013 keine Notwendigkeit für ein weiteres Sparpaket oder eine Pensionsreform. Das wirkt nicht sehr eisern.

Fekter: Das stimmt so nicht. Wir sind ja mitten in einer Sparphase. Wir haben im Vorjahr ein Vier-Jahres-Sparpaket beschlossen und bauen das Budgetdefizit sukzessive ab. Daher brauchen wir kein zusätzliches Sparpaket. Was stimmt, ist, dass wir mit diesem Sparpfad selbst bei einem Nulldefizit nicht von unserem Schuldenberg runterkommen werden. Das bereitet mir große Sorgen.

 

OÖN: Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung schlagen vor, einen Teil der Staatsschulden mit Erlösen aus der Privatisierung staatsnaher Betriebe zu begleichen. Unterstützen Sie das?

Fekter: Ja, ich bin für Privatisierungen, weil wir den Schuldenberg abtragen müssen, um wieder mehr Gestaltungsspielraum zu haben. Wir zahlen derzeit schon Zinsen in der Höhe von acht Milliarden Euro pro Jahr. Das ist mehr als Polizei, Bundesheer und Justiz zusammen kosten. Wenn wir privatisieren, darf das Geld aber nur zum Schuldenabbau verwendet werden.

 

OÖN: Wo sehen Sie Privatisierungspotenzial?

Fekter: Die ÖBB beispielsweise bräuchten dringend einen strategischen Partner. Da darf es kein Nachdenkverbot geben. Das muss man sich im Detail anschauen – ebenso wie die Münze Österreich, die Energieversorger oder die Bundesimmobiliengesellschaft, die Wirtschaftskammer-Präsident Leitl alle genannt hat.

 

OÖN: Unter anderem dubiose Provisionszahlungen bei der Buwog-Privatisierung unter Ex-Finanzminister Karl Heinz Grasser haben dem Slogan „Mehr privat, weniger Staat“ zuletzt freilich einen eher üblen Beigeschmack verschafft.

Fekter: Ich lasse mich durch die Verfahren, die da laufen, nicht verschrecken. Privatisierungen kann man auch ausgesprochen seriös durchführen. Gerade wir Oberösterreicher wissen, wie gut es der voest getan hat, sie aus den Fängen der Politik zu lösen. Das ist eine Erfolgsstory.

 

OÖN: Will die ÖVP eine Steuerreform vor 2013 oder nicht? Zuletzt war das unklar.

Fekter: Wir werden vor 2013 ein Steuermodell der ÖVP präsentieren, das weniger, einfachere, leistungsgerechtere Steuern sowie einen Schwerpunkt bei der Entlastung von Familien bringen wird.

 

OÖN: Und damit gegen die SPÖ mit ihrem Modell von Reichensteuern in den Wahlkampf ziehen?

Fekter: Es kann ja sein, dass der Koalitionspartner unser Modell so toll findet, dass er es mit uns vor der Wahl umsetzt.

 

OÖN: Wie toll finden Sie denn umgekehrt die SP-Forderung nach einer Vermögenssteuer?

Fekter: Das lehne ich strikt ab. Wir wollen weniger, nicht mehr Steuern. Es ist den Menschen nicht zumutbar, Eigentum, das sie sich schwer erarbeitet haben, wieder zu besteuern. Und wenn die SPÖ sagt, dass Vermögen erst ab einer Million Euro besteuert werden soll, kann ich nur sagen: Das führt zu einem Finanzpolizei-Schnüffelstaat. Denn um das Vermögen an Grundbesitz, Möbeln oder Bildern festzustellen, müsste ich als Finanzministerin im Privatbereich der Bevölkerung, in ihren Häusern, herumschnüffeln. Das will ich nicht.

 

OÖN: Das klingt alles schon nach Wahlkampf – und nicht nach der Suche nach einem Kompromiss. Es wird also keine Steuerreform vor der nächsten Wahl geben?

Fekter: Wenn unser Modell breite Unterstützung findet, wird sich der Koalitionspartner vielleicht nicht verschließen können.

 

Mehr Geld für Unis nur unter Auflagen

Zum Wunsch von Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (VP), der in den Jahren ab 2013 auf mehr Budget für die Universitäten hofft, sagt die Finanzministerin: „Wenn die Universitäten ab 2013 zusätzliches Geld haben wollen, dann wird es das nur mit einem Modell geben, bei dem die Auszahlung des Geldes gekoppelt ist an Reformen und das Erreichen von Zielen.“ Für dieses und das kommende Jahr seien die Unibudgets bereits paktiert. „Da gibt es keinen Euro mehr“, sagt Fekter.