SPÖ und ÖVP wollen Macht des Bundespräsidenten beschneiden

Von Annette Gantner   16.Februar 2017

Dabei folgten sie einerseits den Anregungen des Verfassungsgerichtshofs, andererseits dem Wunsch von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der sich für eine Begrenzung der Kompetenzen des Amtes ausgesprochen hatte.

Umstrittene Themen wie Mehrheitswahlrecht und E-Voting sollen ausgeklammert und in einer parlamentarischen Enquete behandelt werden.

Die größten Änderungen betreffen den Bundespräsidenten. Derzeit kann das Staatsoberhaupt Nationalrat und Landtage auflösen. Er darf auf Vorschlag des Justizministers Gefangene begnadigen und kann uneheliche Kinder ehelich erklären. Außerdem ernennt der Bundespräsident hohe Beamte wie Richter und Offiziere. Geht es nach Schieder und Lopatka, soll dies alles der Vergangenheit angehören.

"Es gibt hier viele Rechtsmaterien, die wenig Anwendung gefunden haben und als überholt angesehen werden", sagte Schieder. Vieles seien kaum genützte Relikte wie die Ehelicherklärung der Kinder. Die präsentierten Vorschläge wurden zum Teil in Absprache mit Amtsvorgänger Heinz Fischer erarbeitet.

Theoretische Auflösung

Van der Bellen hatte bereits früher kritisiert, dass es die theoretische Möglichkeit gibt, das Parlament "auszuhebeln". Im Wahlkampf hatte FP-Kandidat Norbert Hofer laut darüber nachgedacht, die Regierung zu entlassen. "Theoretisch kann ein Bundespräsident danach eine Minderheitsregierung einsetzen und auf deren Vorschlag das Parlament auflösen", erläutert Werner Zögernitz, Leiter des Instituts für Parlamentarismus. "Die Exekutive könnte damit das Parlament ausschalten." Dies sei zwar noch nie vorgekommen, aber möglich.

Nicht formal einschränken, aber präzisieren will die Koalition weitere Rechte des Staatsoberhaupts wie dessen Rolle als Oberbefehlshaber des Heeres. Die Neuregelung der Kompetenzen ist Zweidrittelmaterie. Die Grünen haben sich gesprächsbereit gezeigt, die FPÖ sieht eine Beschneidung der Rechte als falsches Signal an.

Beim Wahlrecht wollen SPÖ und ÖVP grundlegende Korrekturen vornehmen. Künftig soll es nach dem steirischen Modell einen vorgezogenen Wahltag geben (die OÖN berichteten). Neun Tage vor dem Termin soll in jeder Gemeinde ein Wahllokal zumindest zwei Stunden geöffnet haben. "Ich kann mir diesen Vorwahltag durchaus vorstellen", sagte der designierte oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer. "Das ergibt Sinn, denn wir wollen die Wahlbeteiligung hoch halten."

Frühere Auszählung

Von Oberösterreich soll wiederum die frühere Auszählung der Wahlkarten übernommen werden. Künftig soll nicht mehr erst ab neun Uhr am Montag danach damit begonnen werden, sondern bereits am Wahltag.

Verändert werden nach der Kleberpanne auch die Kuverts: Der äußere Briefumschlag soll aus Datenschutzgründen neutral sein, Angaben und Unterschrift des Wählers sollen künftig neben das Wahlkuvert gesteckt werden. Angedacht ist, die Reformen noch vor dem Sommer zu beschließen.

 

 

 

 

Mehr Aufmerksamkeit für Volksbegehren

Seit eineinhalb Jahren liegen Vorschläge für ein Demokratiepaket vor, die im Zuge einer parlamentarischen Enquete erarbeitet wurden. Geplant sind mehrere Maßnahmen, um unter anderem Volksbegehren und Bürgerinitiativen aufzuwerten.

Parlamentarische Behandlung von Volksbegehren in Nationalratssitzungen. Rederecht der Initiatoren im Plenum. Die Sitzung soll ähnlich wie eine Dringliche Anfrage gestaltet sein.

Zur Behandlung von Volksbegehren werden eigene Ausschüsse eingerichtet.
Bürgerinitiativen sollen elektronisch über eine Internet-Plattform des Parlaments einbracht werden können.

Kanzler und Vizekanzler sollen zu Tagungsbeginn im September den Nationalrat über ihre politischen Arbeitspläne informieren.

Bürger sollen in die Begutachtung eines Gesetzesvorhabens über die Parlaments-Homepage eingebunden werden.

Bei Referenden und Volksbefragungen soll ein objektives Abstimmungsbüchlein aufgelegt werden.