Regierungsklausur: Reaktionen zwischen Kritik und Freude

Von nachrichten.at   05.Jänner 2018

SPÖ-Chef Christian Kern sieht keinen "rot-weiß-roten Schnellzug", sondern "bestenfalls eine Dampflok und wir alle müssen im Raucherabteil sitzen, am Weg in die Vergangenheit".

Die Regierung versuche mit Nebelgranaten wie "Sparen im System" oder "Deregulierungsoffensive" zu verschleiern, was sie in Wahrheit mache - nämlich: Statt der versprochenen Veränderung "wieder schwarz-blaue Uraltpolitik" gegen Arbeitnehmer und für Konzerne. Die Regierung demoliere den Sozialstaat, spare bei den Ärmsten, aber erleichtere das Leben für Großspender, die Agrarindustrie mit Steuergeschenken und für sich selbst mit mehr Personal, kritisierte Kern.

"Beinharte Klientelpolitik" nannte SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer das: Die Regierung streiche Beschäftigungsprogramme für 170.000 Arbeitssuchende (Aktion 20.000 und Beschäftigungsbonus), die weit weniger kosten würden als die Landwirtschaft im Vorjahr mehr an Förderungen bekam (nämlich 700 Mio. auf zwei Mrd. Euro).

Liste Pilz-Budgetsprecher Bruno Rossmann begrüßte, dass offensichtlich "budgetäre Vernunft eingekehrt" sei. Budgetkürzungen von 2,5 Mrd. Euro für 2018 seien allerdings immer noch zu hoch angesetzt - und letztlich würden Budgetkürzungen immer zu geringerem Wirtschaftswachstum und weniger Beschäftigung führen, warnte er.

"Äußerst kritisch" beurteilt der ÖGB die Ankündigungen der Regierung. Zwar sei es prinzipiell begrüßenswert, wenn einige Arbeitnehmer durch die Befreiung von Arbeitslosenbeiträgen entlastet werden. Aber die Menschen mit den niedrigsten Löhnen hätten davon nichts, weil sie ohnehin keine Beiträge zahlen, konstatierte der Leitende Sekretär des ÖGB Bernhard Achitz. Auch für Arbeiterkammer-Vizepräsidenten Günther Goach lassen die ersten Maßnahmen der neuen Regierung "nichts Gutes erwarten". Er befürchtet, dass "am Ende wohl die arbeitslosen Menschen über Kürzungen bei Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen die Rechnung begleichen müssen", sei doch keine Gegenfinanzierung für das AMS vorgesehen.

Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl zeigte sich hingegen zufrieden mit der angekündigten Deregulierungsoffensive. Denn überbordende Bürokratie stelle für Unternehmen und damit den Wirtschaftsstandort eines der größten Probleme dar. Über "eine Reihe an positiven Schwerpunkten" freute sich der Generalsekretär der Industriellenvereinigung Christoph Neumayer. "Sehr zu begrüßen" seien die angekündigten Einsparungen im System, aber auch die Deregulierungsoffensive oder die Energie- und Klimastrategie.

Nicht ganz zufrieden ist GLOBAL 2000. Zwar sei es grundsätzlich positiv, dass die Regierung angekündigt hat, nun rasch eine Klima- und Energiestrategie auszuarbeiten. Aber dass keine Beschlüsse zur Umsetzung effektiver Klimaschutzmaßnahmen fielen, enttäuschte die Umweltschutzorganisation. Ohne zusätzliche Maßnahmen werde Österreich schon die EU-Ziele bis 2020 verfehlen.

Hartz IV kommt doch?

Scharfe Kritik übte auch der neu bestellte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher: FPÖ-Sozialministerin Hartinger-Klein hat noch vor vier Tagen kundgetan, es werde unlimitiertes Arbeitslosengeld und kein Hartz IV in Österreich geben. Im heutigen Ö1-Mittagsjournal wurde sie unmissverständlich von ÖVP-Kanzler Kurz korrigiert und zurückgepfiffen: Das Arbeitslosengeld läuft aus, dann gibt es Mindestsicherung und damit den Zugriff auf das Vermögen der BezieherInnen. "Somit hat Kurz heute klipp und klar gesagt, Hartz IV kommt in Österreich."

"Hartz IV bedeutet Armut und soziale Ausgrenzung, das haben die Erfahrungen in Deutschland gezeigt. Schwarz-Blau setzt die soziale Sicherheit im Land aufs Spiel", warnt Lercher.

Video: Beate Hartinger-Klein (FPÖ), Ministerin für Gesundheit, Soziales und Arbeit, sprach im ZIB-2-Interview vom 2. Jänner 2018 über die Neugestaltung des Arbeitslosengeldes. Darin lehnte sie noch ein Hartz IV Modell wie in Deutschland unmissverständlich ab.