Nur knapp ein Drittel der Volksschüler erreicht Bildungsstandards in Deutsch

Von Jasmin Bürger   01.April 2016

Knapp jedes achte Volksschulkind in Österreich hat gravierende Leseschwächen. Das ist das Ergebnis der gestern präsentierten Bildungsstandards-Tests in Deutsch, an denen 2015 erstmals alle Volksschüler – mehr als 75.000 an knapp 3000 Schulen – teilgenommen haben.

Das bedeutet, dass im Vorjahr rund 10.000 Kinder die Volksschule verlassen haben, ohne die nach vier Schuljahren vorgesehenen Leseziele erreicht zu haben. Diese Kinder haben "Mühe mit den einfachsten Leseaufgaben und sind dadurch in ihrer persönlichen und schulischen Entwicklung ernsthaft gefährdet", wie es im Bericht des Bundesinstituts für Bildungsforschung (Bifie), das die Tests durchführt, heißt.

Abseits dieser Risikogruppe haben die Volksschüler beim Lesen im Schnitt aber auch am besten abgeschnitten: Fast zwei Drittel (62 Prozent) erreichen die Standards oder übererfüllen sie sogar; wobei die Spitzengruppe mit sechs Prozent nur halb so groß ist wie die Risikogruppe. Ein Viertel erreicht die Lese-Standards nur "teilweise", verfügt also über "elementare Lesefähigkeiten". Für Bifie-Direktorin Claudia Schreiner gehören diese Schüler nicht zur Risikogruppe, "da ein Grundstock da ist", eine Hürde für den weiteren Bildungsweg ist es aber.

Neben der Leseleistung messen die Deutsch-Standards drei weitere Teilbereiche, etwa auch das Verfassen von Texten. Hier sind die Ergebnisse am schlechtesten: Nur ein Fünftel erfüllt oder übertrifft die Anforderungen, satte 70 Prozent haben Schwierigkeiten bei der Rechtschreibung. Für Schreiner ist dieser Wert "weniger besorgniserregend, als es auf den ersten Blick scheint", da "zumindest in der Substanz etwas da ist".

Alle Bereiche zusammengefasst erreicht nicht einmal ein Drittel der Volksschüler (29 Prozent) die Deutsch-Standards, ein Viertel schafft sie in drei, 14 Prozent in zwei Teilbereichen – macht eine Risikogruppe von 15 Prozent (11.700 Schüler), aber auch eine Verbesserung des Durchschnittswerts zum Ausgangstest 2010 um 23 Punkte auf 523 Punkte.

Ministerin sieht Positives

"Ich sehe die Verbesserung positiv", befand Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SP), für die "das ein Beleg ist, dass das Bildungssystem sehr gut funktioniert". Bei den Risikoschülern müsse man aber "genau hinschauen und analysieren". Sie denkt etwa an eine Sozialindexierung für Schulen. Denn große Unterschiede gibt es bei Schülern mit und ohne Migrationshintergrund, noch größeren Einfluss hat der soziale Hintergrund.

 

Einflussfaktoren auf die Ergebnisse

Große Unterschiede gibt es zwischen Schülern mit und ohne Migrationshintergrund. Beim Lesen gehört ein Viertel der Volksschüler mit Migrationshintergrund zur Risikogruppe, unter Schülern ohne Migrationshintergrund ist es nur ein Zehntel. Migrantenkinder haben in allen Teilbereichen der Deutsch-Standards schlechter abgeschnitten, am größten ist der Unterschied beim Hörverstehen: Hier liegen die Mittelwerte beider Schülergruppen 77 Punkte auseinander.

Werden beim Vergleich von Schülern ohne Migrationshintergrund und Migrantenkindern allerdings nur Schüler mit demselben sozialen Hintergrund verglichen, so schrumpfen die Unterschiede in den Ergebnissen.

Gleichsam ist der soziale Hintergrund auch einer der größten Einflussfaktoren auf das Erreichen der Bildungsstandards. Beim Lesen erzielen Kinder von Eltern, die nur Pflichtschulabschluss haben, im Schnitt um 126 Punkte schlechtere Ergebnisse als Kinder von Akademikern. Dieser Unterschied entspricht drei Lernjahren.

Nicht ganz so groß, aber durchaus vorhanden sind geschlechterspezifische Unterschiede. Mädchen schneiden in allen Kompetenzbereichen besser ab als Buben, wobei der größte Mittelwertunterschied beim Rechtschreiben 33 Punkte beträgt.

Keine gravierenden Unterschiede gibt es zwischen den Bundesländern, die Ergebnisse weichen nach oben maximal um 14, nach unten maximal um zwölf Punkte vom Mittelwert ab. Oberösterreichs Volksschüler sind in allen Bereichen etwas besser als der Durchschnitt.

 

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