NÖ-Flüchtlingsunterkunft: "Schande für Österreich" oder doch "Schutz für Jugendliche"?
DRASENHOFEN. Eine Unterkunft für auffällige, unbegleitete Minderjährige in Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) hat am Donnerstag und Freitag für Diskussionen gesorgt. FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl sprach von Schutz für die Minderjährigen, die SPÖ und der Bürgermeister von einem "Straflager".
Für Wirbel sorgte eine niederösterreichische Unterkunft für auffällige, unbegleitete Minderjährige nahe der tschechischen Grenze. Zuerst hagelte es Kritik von der SPÖ, dem Bürgermeister und einer österreichischen NGO, nun meldete sich auch Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zu Wort. Das Asyl-Quartier sei "kein Gefängnis", betonte sie am Freitag am Rande einer Pressekonferenz in Korneuburg. "Daher hat ein Stacheldraht dort nichts verloren", äußerte sie sich auch auf Facebook.
Es sei ihr "wichtig, dass Flüchtlinge gut untergebracht sind", sagte Mikl-Leitner in Korneuburg. Ebenso wichtig sei ihr, "dass sich die Kinder- und Jugendanwaltschaft davon überzeugt". Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) merke offensichtlich, "dass er überzogen hat", fügte die Landeshauptfrau hinzu.
Dieser hatte zuvor im "Ö1"-Morgenjournal auf Vorwürfe reagiert und erklärt, dass der Stacheldrahtzaun rund um die Unterkunft für auffällige und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) dem Schutz der untergebrachten Jugendlichen diene.
Es seien nicht alle Menschen immer der Meinung, "dass das lauter liebe Kerlen sind und dass die ungefährlich sind", es gebe auch "Menschen, die hier anders denken", so Waldhäusl im "Ö1"-Morgenjournal. Zum Schutz der im Quartier wohnenden Jugendlichen habe man einen Zaun errichtet, "damit nicht jeder hier auch eindringen kann". Es gehe darum, ein geordnetes Miteinander mit der Bevölkerung sicherzustellen.
Freiheitsentzug gebe es in der Unterkunft keinen. "Die Jugendlichen können sowieso raus. Jeder, der raus möchte kann raus gehen, aber in Begleitung", sagte der Landesrat.
Die allgemeine Aufregung verstehe er "überhaupt nicht", stellte der Freiheitliche klar. Untergebracht seien "notorische Unruhestifter, die in jedem Quartier in Niederösterreich für Probleme gesorgt haben und auffällig wurden". Gelehrt werden solle, sich zu benehmen und "dass man nicht alles mit Gewalt austrägt".
Kritik von vielen Seiten
Die asylkoordination österreich hatte die von Waldhäusl am Dienstag vorgestellte Unterkunft zuvor als "Straflager" bezeichnet. Niederösterreich verstoße mit der Internierung von Flüchtlingskindern gegen internationales Recht, Kinderrechte würden mit Füßen getreten. Ein Betroffener berichtete einer österreichischen Bezugsperson laut asylkoordination über die Umstände seiner Unterbringung: Er dürfe sich nur im Haus frei bewegen und das Areal nicht verlassen. Nicht einmal Besorgungen wie z.B. Zigaretten zu kaufen sei möglich.
Es stelle sich die Frage, ob solche Bedingungen nicht den Tatbestand des rechtswidrigen Freiheitsentzugs erfüllen. Seitens der Asyl-NGOs und Bezugspersonen der Flüchtlinge überlege man, eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft einzubringen, so die asylkoordination in einer Aussendung.
Drasenhofens Bürgermeister Reinhard Künzl (ÖVP) sagte im Morgenjournal, dass die Unterkunft an der tschechischen Grenze eine "Schande für Österreich" sei: "Es wird jeder denken, wenn ich einen Stacheldraht sehe, dann sind das Verbrecher." Das seien die Jugendlichen aber nicht, sonst wären sie verurteilt "und sitzen irgendwo in einem Gefängnis".
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