Kurz bei Macron: Viel Konsens und eine Mahnung zur FPÖ

Von Christoph Kotanko aus Paris   13.Jänner 2018

Von Wien nach Bad Ischl zur ÖVP-Klubklausur, weiter nach München und von dort nach Paris: Die Reiseroute von Sebastian Kurz zu Emmanuel Macron war ungewöhnlich.

Noch etwas war besonders im winterlichen Paris: Der Bundeskanzler absolvierte im Elysee-Palast den ersten bilateralen Besuch seit dem Amtsantritt vor drei Wochen. Es war überhaupt das erste Mal, dass ein österreichischer Regierungschef Frankreich als Ziel seiner ersten zwischenstaatlichen Dienstreise ausgewählt hatte.

Der Gesprächspartner war der spannendste europäische Politiker der Gegenwart: Frankreichs Staatspräsident ist der Hoffnungsträger der Union – und wie Kurz ein Senkrechtstarter.

Beim Vieraugengespräch im Amtssitz nördlich der Seine ging es um Macrons EU-Reformpläne, Österreichs Ratsvorsitz im zweiten Halbjahr, die Brexit-Verhandlungen, den künftigen EU-Finanzrahmen und um die Migrationskrise; Kurz ist ein entschiedener Gegner von Flüchtlingsquoten.

Termin beim Oberrabbiner

Vor dem Treffen mit Macron hatte Kurz einen Termin bei Haim Korsia, dem Oberrabbiner von Frankreich. Die Regierungsbeteiligung der FPÖ sei dort kein Thema gewesen, sagte Kurz nachher.

In den französischen Medien wurden die Aussagen von Innenminister Herbert Kickl sehr wohl ausführlich berichtet. Der Vorschlag, Flüchtlinge "konzentriert" unterzubringen, wurde dort als Anspielung auf die NS-Vergangenheit gewertet. Kurz dazu knapp: "Der Innenminister hat bereits klargestellt, wie er seine Aussage gemeint hat." Und: "Unsere Regierung sollte an ihren Taten gemessen werden."

Macron blieb nach dem Treffen mit Kurz diplomatisch. Die Regierungsbeteiligung der FPÖ habe "zu einigen Befürchtungen in Europa geführt". Die österreichische Regierung habe aber eine "absolut europäische Ambition und Agenda", attestierte der Staatspräsident. Grundsätzlich bekämpfe er rechtsextreme Bewegungen im eigenen Land und in Europa. Die beste Antwort sei "ein schützendes, effizientes und menschliches Europa". Aber, so Macron eindringlich: "Wenn solche Parteien weiter auf dem Vormarsch sind, dann haben wir versagt". Kurz betonte die Gemeinsamkeiten der beiden Länder, etwa den Wunsch nach einem besseren Schutz der Außengrenzen, die bessere Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft oder die "ordentliche Besteuerung von amerikanischen und anderen Unternehmen."

Auch bei der Verkleinerung der EU-Kommission sei man sich einig. Unterschiede gebe es etwa beim EU-Budget – der nächste Finanzrahmen für sieben Jahre muss demnächst erledigt werden. Alles in allem war Kurz in Paris optimistisch gestimmt: "Wenn Macron und ich alles umsetzen, wo wir einer Meinung sind, wird die EU besser und stärker sein."

Video: Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) besuchte bei seiner ersten Auslandsreise als Regierungschef Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron. Dieser bekräftigt seine Ablehnung rechtspopulistischer Parteien.

Zwei Politiker mit ausgeprägten Reformideen

Seit 14. Mai 2017 ist der 40-jährige Emmanuel Macron Staatspräsident von Frankreich. Er war von 2006 bis 2009 Mitglied der Sozialistischen Partei und von 2014 bis 2016 Wirtschaftsminister unter Staatspräsident François Hollande. Zur Präsidentenwahl trat er als Kandidat seiner Bewegung „En marche“ mit sozialliberalen und wirtschaftsfreundlichen Positionen an.

Wie Sebastian Kurz möchte auch Macron die EU reformieren. Allerdings ist der Franzose für ein eigenes Budget der Euro-Zone, wofür zusätzliche Mittel notwendig wären. Kurz dagegen ist für Kürzungen im EU-Budget als Konsequenz aus dem Brexit; Mehrbelastungen dürfe es für Nettozahler wie Österreich nicht geben. – In der Flüchtlingspolitik denken beide Politiker ähnlich.