Kickl will Flüchtlinge "konzentriert" an einem Ort halten

Von nachrichten.at/apa   11.Jänner 2018

Innenminister Herbert Kickl legte in der Pressekonferenz die Bilanz des Bundesamtes für Asyl und Fremdenwesen (BFA) für das Jahr 2017 vor. Demnach ging die Zahl der Asylanträge im Jahresvergleich weiter zurück (von 42.285 auf 24.296), die Zahl der offenen Verfahren konnte von knapp 64.000 auf 31.500 gesenkt werden. BFA-Direktor Wolfgang Taucher hob die Trendumkehr zu überwiegend negativen Entscheidungen hervor.

Der Rückgang der Anträge auf internationalen Schutz ist für Taucher Indiz dafür, dass man die Auswirkungen der europäischen Migrationskrise endgültig hinter sich gelassen habe. Von den rund 155.000 Asylanträgen, die seit Beginn 2015 in Österreich gestellt wurden, habe man bis Ende 2017 bereits 80 Prozent erledigt. Insgesamt schaffte das BFA im Vorjahr 60.048 Asylentscheidungen.

Diesen Weg wolle man fortsetzen, betonte Taucher: Mit 31. Mai 2018 will man die Marke von 15.000 laufenden Asylverfahren unterbieten; damit kommende man in jenen Normbereich, der der Größe der Behörde entspreche. Dann wolle man auch garantieren, dass Verfahren maximal sechs Monate in Anspruch nehmen. Derzeit sind es noch 6,6 Monate.

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Überraschend klar ist für den BFA-Chef die Trendumkehr bei den Entscheidungen. Schutzgewährung habe es um acht Prozent weniger, negative Entscheidungen um 37 Prozent mehr gegeben. Man sehe sich bestätigt, dass mit der Krise 2015 gemischte Migrationsströme nach Europa gekommen seien, darunter Nationalitäten wie Nigeria oder Pakistan mit kaum Anerkennungswahrscheinlichkeit.

Als Ziel für 2018 nannte Taucher, die Rückkehrerzahlen zu steigern. 2017 gab es 11.974 Ausreisen (42 Prozent freiwillig, 58 Prozent zwangsweise). Es wurden 83 "Charterbewegungen" an insgesamt 18 Destinationen verzeichnet.

Kickl nutzte die Pressekonferenz, um die "hervorragende Arbeit" des Amtes zu loben, für die er als Innenminister eine politische Bresche schlagen wolle. Die Mehrheit der Bevölkerung spreche sich für eine restriktive Asylpolitik aus, wofür an mehreren Stellschrauben gedreht werden müsse. Er stellte ein Fremdenrechtsänderungsgesetz in Aussicht, das für eine schnellere Abklärung der Berechtigung für ein Asylbegehrens ermögliche. Handys sollen auf Geodaten ausgewertet werden, erinnerte er an das Regierungsprogramm, es solle eine leichtere Altersfeststellung und Geldabnahmen bei den Asylwerbern geben. Die Abwicklung in den Grundversorgungszentren sehe er "im wesentlichen als hoheitliche Aufgabe", so Kickl zur Frage, ob hier (wie in der Erstaufnahme) profitorientierte Unternehmen zum Zug kommen sollen.

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Innenminister Herbert Kickl  

"Konzentriert" an einem Ort halten

Herbert Kickl sprach sich außerdem dafür aus, Asylwerber künftig "konzentriert" in Grundversorgungszentren unterzubringen. Dass er dieses Wort bewusst (wegen des Anklangs an die NS-Konzentrationslager, Anm.) gewählt habe, wies er auf Nachfrage zurück. Thema der Veranstaltung war die Jahresbilanz des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl.

Kickl leitete seine Äußerung mit der Zurückweisung des Vorwurfs ein, die FPÖ wolle Flüchtlinge in Massenquartiere stecken. Daran denke man aber nicht, sondern an Grundversorgungszentren. Kickl dann wörtlich: "Es ist nur ein Begriff, diese Grundversorgungszentren, für eine entsprechende Infrastruktur, wo es uns gelingt, diejenigen, die in ein Asylverfahren eintreten, auch entsprechend konzentriert an einem Ort zu halten, weil es unser gemeinsames Interesse sein muss, sehr sehr schnell zu einem entsprechenden Ergebnis auch zu kommen."

Er habe mit dieser Formulierung "keinerlei Provokation intendiert", betonte der Minister anschließend auf mehrfache Journalisten-Nachfrage: Er weise das zurück, schon diesen Vorwurf könne man als Provokation werten. Stattdessen könne man auch von Orten sprechen, "wo man Menschen zusammenfasst an einem Raum". Es gehe einzig um mehr Sicherheit in Österreich. In den Grundversorgungszentren könnten etwa Asylbescheide leichter zugestellt werden.

Anschober: "Zerstörung von Integration"

Oberösterreichs Integrationslandesrat Rudi Anschober (Grüne) reagiert mit Unverständnis auf Kickls Vorschlag: "Wir haben in Oberösterreich aktuell 375 Quartiere und weitere 2.200 Asylwerbende im Privatverzug, ausgewählt nach klaren Kriterien, wie Deutschkenntnissen. Durch die gute Verteilung in knapp 80% der oö. Gemeinden und die durchschnittliche Quartiersgröße von weniger als 25 Asylwerbenden ist die Möglichkeit zur erfolgreichen Integrationsarbeit gut gegeben."

Durch eine Zerschlagung dieser kleinen, dezentralen Strukturen würe die Integration von Asylwerbenden zerstört werden. Durch die Abschaffung des Privatverzugs würden Kosten in Millionenhöhe entstehen, so Anschober. Seiner Berechnung nach kostet Kickls Vorhaben bundesweit 90 Millionen Euro.

Der oö. FPÖ-Landesparteisekretär Erwin Schreiner konterte, Anschober habe "den Unterschied zwischen Asyl und Integration nicht verstanden". Asyl sei "Schutz auf Zeit und keine Eintrittskarte nach Österreich", so Schreiner, für den Kickls Politik "ein Garant für das Ende der verfehlten linken Integrationsträumereien" ist.

 

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