Hofer oder Van der Bellen? Alles eine Frage der Mobilisierung

Von Anneliese Edlinger   21.November 2016

Zwölf Tage vor der entscheidenden Stichwahl "geht es vor allem um die Mobilisierung der Nichtwähler, also jener, die ernsthaft überlegen, nicht zur Wahl zu gehen", sagt Filzmaier im Gespräch mit den OÖNachrichten. Wem es im Wahlkampf-Finish gelinge, mehr Menschen aus dieser Gruppe doch noch zum Urnengang samt Stimmen für sich zu gewinnen, könnte am 4. Dezember die Nase vorne haben und nächster Bundespräsident werden.

Reelle Chancen auf das höchste Amt im Staat sieht Filzmaier nach wie vor gleichermaßen für Hofer wie für Van der Bellen. Knapp war das Ergebnis der ersten Stichwahl, Kopf an Kopf liegen die beiden auch in Umfragen. Wichtig sei es nun, bei Fernsehduellen und Wahlkampfauftritten "jene Themen anzusprechen, die einem nutzen. Bei Van der Bellen wird das etwa die Warnung vor dem Öxit sein und bei Hofer die Warnung vor Terrorgefahren", sagt Filzmaier. Doch die Mobilisierungskraft der Kandidaten sei begrenzt. "Die wirkliche Mobilisierung muss im Direktkontakt von Aktivisten und Parteifunktionären laufen", sagt der Politikwissenschafter.

Apparat versus Bewegung

Hat Hofer, der auf den blauen Parteiapparat zurückgreifen kann, damit die besseren Chancen? "Traditionell würde man meinen: Ja, das ist ein Vorteil. Aber das Abschneiden der Kandidaten von SPÖ und ÖVP (Rudolf Hundstorfer und Andreas Khol, Anm.) hat gezeigt, dass das nicht mehr ganz so klappt wie früher", sagt Filzmaier.

"Auch ein zivilgesellschaftlicher Prozess kann hier viel bewegen. Bei Alexander Van der Bellen hat es in der aufgehobenen Stichwahl jedenfalls ganz knapp für einen Wahlsieg gereicht", sagt Filzmaier. Für ihn und seine Politologen-Kollegen sei die Frage, wer mehr Mobilisierungskraft habe – ein Parteiapparat oder eine zivilgesellschaftliche Bewegung – jedenfalls "äußerst spannend."

Davon abgesehen, wie tief und schmutzig wird er noch, der Wahlkampf? "Bei den Auftritten der Kandidaten im Fernsehen wird es davon nichts zu sehen geben. Aber im Internet steht uns noch ein tiefer Griff in die Schmutzkübel bevor", meint Filzmaier. Doch die Urheber von Gerüchten wie Van der Bellens angeblicher Krebserkrankung oder der Verächtlichmachung von Hofers Behinderung würden alles daran setzen, um anonym zu bleiben. "Denn wer mit Dreck wirft, hat selber schmutzige Finger", sagt Filzmaier.

Aufregung hatte es zuletzt um Van-der-Bellen-Plakate gegeben, die mit alten Hitler-Aufnahmen verglichen wurden und Hofer-Plakate, auf denen dem blauen Kandiaten Hitler-Bärtchen aufgemalt wurden.

Der Fernseh-Ring ist eröffnet

Auch im Fernsehen nimmt der Wahlkampf Fahrt auf. Gestern Abend trafen Van der Bellen und Hofer bei Puls4 zum von Corinna MIlborn geführten Duell aufeinander.

Die verbalen Klingen wurden dabei, im Gegensatz zu früheren Debatten, sanft gekreuzt. Dass der vor der ersten Stichwahl noch sehr angriffig agierende Hofer nun auffällig zurückhaltend auftrat, erklärte Van der Bellen damit, dass sein Kontrahent "morgens, mittags und abends Kreide" esse.

Emotional wurde die Debatte beim Thema Flüchtlinge. Die Aussage Van der Bellens "Wenn wir uns schon christliches Abendland nennen, haben wir auch die Verpflichtung zu helfen", war eine Auflage für Hofer. "Das christliche Abendland nehme ich Ihnen nicht ab. Sie glauben nicht an Gott", hielt er dem Ex-Grünen-Chef vor. "Ich glaube an die Menschenrechte", so Van der Bellen.

Wie erwartet brachte Van der Bellen mehrmals den Öxit zur Sprache. Hofer sei von einem möglichen EU-Austritt Österreichs nur abgerückt, "weil es dafür keine Mehrheit gibt". Er wolle nur eine Neuausrichtung der EU samt stärkerer Zusammenarbeit mit den Visegrad-Staaten, reagierte Hofer.

Laut einer während der Sendung von OGM erhobenen Umfrage (500 Befragte) habe Hofer (49 Prozent) im Duell mehr als Van der Bellen (41 Prozent) überzeugt. Österreichs Interessen im Ausland würde aber Van der Bellen besser vertreten, meinten 49 Prozent (Hofer: 46 Prozent).