Gutachten: Swap beherrschbar, aber von Anfang an "unter Wasser"

Von Wolfgang Braun   03.August 2016

Den Auftrag an die Finanzexperten Thorsten Schmidt und Uwe Wystup erteilte Swap-Richter Andreas Pablik im März 2015. Jetzt, nach weit mehr als einem Jahr und vielen verschobenen Abgabeterminen, liegt das Gutachten zum Swap 4175 vor. Seit Montag analysieren es die Anwaltsteams von Bawag und der Stadt Linz, die seit Mai 2013 am Handelsgericht Wien um rund 500 Millionen Euro prozessieren.

Das Gutachten dürfte zumindest für das Urteil in erster Instanz entscheidend sein. Den OÖNachrichten liegt die 160 Seiten starke, hochkomplexe Abhandlung vor.

Anders als das sogenannte Imo-Gutachten im Strafprozess gegen den Linzer Ex-Finanzdirektor Werner Penn und Ex-Finanzstadtrat Johann Mayr (SP) sehen Schmidt und Wystup im Swap 4175 kein Finanzprodukt aus der "Hexenküche". Der Swap sei zur "Optimierung" der Linzer Finanzstrategie geeignet und das Produkt auch "durchaus beherrschbar" gewesen – dies allerdings nur unter Einsetzung und Einhaltung eines straffen Risikomanagements. Dies hätte schon vor dem Abschluss wirksam werden müssen: "Hätte die Ersteinschätzung beispielsweise ergeben, dass ein Verlust von 50 Millionen Euro plausibel gewesen wäre, hätte die Stadt Linz den Swap vermutlich nicht abgeschlossen. Diese Voreinschätzung wäre für die Stadt Linz ohne besonderen Aufwand möglich gewesen", schreiben die Autoren.

Zur Beobachtung der weiteren Entwicklung des Swaps hätte es tägliche Bewertungen gebraucht, die von der Bawag jedoch nicht geliefert und von Linz auch nicht verlangt wurden.

Tägliche Beobachtung nötig

Mit täglicher Kontrolle hätte man auf Basis automatischer Ausstiegsszenarien ab einer bestimmten Verlustschwelle den Schaden minimieren können, heißt es im Gutachten. Mit den von der Bawag gelieferten Monatsendwerten des Swaps sei jedoch für Linz ein Risikomanagement nicht möglich gewesen: "Der Wert des Swaps schwankte innerhalb eines Monats um mehrere hundert Millionen Euro, ohne dass die Stadt Linz es nur aufgrund der Kenntnis der Monatsendwerte bemerkt hätte."

Während sich die Bawag durch das Gutachten gestärkt sieht, weil der Swap 4175 darin als marktüblich und als für Linz zur Optimierung geeignet bezeichnet wird, schöpfen die Rechtsvertreter der Stadt Linz Hoffnung aus der Tatsache, dass das Produkt bereits am Beginn einen beträchtlichen negativen Marktwert von 19 Millionen Euro hatte. "Der Swap 4175 war bei Abschluss und danach nahezu während der gesamten Laufzeit unter Wasser. Nur im ersten Jahr hätte der Swap 4175 ohne weitere Kosten wieder aufgelöst werden können", schreiben die Gutachter. Dies hätte die Bawag zur Aufklärung verpflichtet, so die Meinung in Linz.

Fragezeichen Penn

Der Prozess um den Swap 4175 dürfte nun nach mehrmonatiger Pause im Herbst fortgesetzt werden. Ein Urteil in erster Instanz rückt durch das fertige Gutachten näher. Ob auch Ex-Finanzdirektor Werner Penn befragt werden kann, entscheidet sich in diesen Wochen. Bisher war Penn aus gesundheitlichen Gründen entschuldigt. Ohne Einvernahme Penns sei ein Urteil "denkunmöglich", sagte Richter Pablik Ende 2015.

 

Die Swap-Chronologie

Im Februar 2007 schließt der damalige Linzer Finanzdirektor Werner Penn den Swap 4175 mit der Bawag ab. Es ist eine Frankenzinswette, die eigentlich zur Absicherung des Zinsrisikos bei einem 195-Millionen-Franken-Kredit der Stadt gedacht war.

Nach anfänglichen Zinsgewinnen dreht der Swap ab 2009 katastrophal ins Minus. In der Folge muss Linz 2010 insgesamt 15,9 Millionen Euro zahlen, im April 2011 kommen nochmals 14 Millionen dazu. Die Stadt stoppt im Herbst 2011 die Zahlungen und klagt die Bawag, von der prompt eine Gegenklage kommt. Streitwert: rund 500 Millionen Euro.

Im Mai 2013 beginnt der Zivilprozess am Handelsgericht Wien. Im parallel laufenden Strafverfahren am Landesgericht Linz werden im Dezember 2013 Ex-Finanzdirektor Werner Penn und der ehemalige Linzer Finanzstadtrat Johann Mayr (SP) freigesprochen.

Der Zivilprozess liegt auf Eis, weil man auf ein Experten-Gutachten wartet. Seit 31. Juli liegt es vor.