Filzmaier über die SPÖ: „Das ist gekippt in Richtung Arroganz der Macht“

Von Jasmin Bürger   13.Oktober 2012

„Zeit für Gerechtigkeit“: Unter dieses Motto stellte die SPÖ ihren 41. Bundesparteitag – der am 12. Juni 2010 in Vösendorf stattgefunden hat. Gut zweieinhalb Jahre später bleibt die Partei nicht nur Kanzler Werner Faymann treu, der heute als SP-Chef wiedergewählt wird. Auch das Motto des 42. SP-Bundesparteitags signalisiert Konsequenz: „Mehr Gerechtigkeit – Verantwortung für Österreich und Europa“.

„Es ist bemerkenswert, dass es der SPÖ in dieser schnelllebigen Zeit gelungen ist, mit dem Thema eine Langzeitstrategie zu platzieren“, resümiert Politikwissenschafter Peter Filzmaier. Einschränkend fügt er hinzu: „Die Kommunikation ist der SPÖ im Herbst entglitten, sie schießt sich das relativ konsequent durchgezogene Thema teilweise selbst ab.“

Filzmaier bezieht sich auf die Debatte um Faymanns Nicht-Erscheinen vor dem Untersuchungsausschuss, aber auch auf die jüngsten parteiinternen Differenzen um die Themen Wehrpflicht und Studiengebühren. Zwar hätte der Kanzler in Sachen U-Ausschuss „so oder so nichts gewinnen können“. Allerdings sei die Argumentation der SPÖ missglückt: „Zu sagen, Faymann war ohnehin im ORF-Sommergespräch, und das sei viel härter gewesen als der Untersuchungsausschuss, das ist schon gekippt in Richtung Arroganz der Macht“, sagt Filzmaier.

Vor allem Wechselwähler könnten sich dadurch von der SPÖ abwenden. Eine gefährliche Strategie, gut ein Jahr vor dem regulären Nationalratswahltermin. Wie überhaupt die Fokussierung auf das Thema Gerechtigkeit aus Filzmaiers Sicht Risken birgt: „Damit kann die SPÖ Stammwähler mobilisieren und wenn sie davon ausgeht, dass bei der Wahl keine Partei über 30 Prozent bekommt und es Faymann nur darum geht, den ersten Platz zu verteidigen, kann das sogar gutgehen“, sagt Filzmaier. Bei diesem Szenario bliebe aber die offene Frage: „Mit wem will man dann koalieren?“ Konsequent weiter gedacht wäre die Fokussierung auf Vermögenssteuern für Filzmaier „eine Chance auf einen Lagerwahlkampf, angesichts immer neuer Parteien vielleicht die letzte Chance“. Allerdings wäre das eine Festlegung auf „alles oder nichts“.

Das Thema Studiengebühren sollte die SPÖ aus Sicht des Experten rasch erledigen: „Es ist parteiintern ein viel wichtigeres Thema als für die Bevölkerung, wo die Mehrheit noch dazu dafür ist.“ Mit einem Modell, bei dem Akademiker Studiengebühren erst im Nachhinein ab Erreichen eines gewissen Einkommens zahlen, hätte die SPÖ eine Möglichkeit, das Thema abzuschließen. „Die Regierung muss jede Chance, im nächsten Jahr noch Handlungsfähigkeit zu zeigen, nutzen“, so Filzmaier.