Faymann: "Ich sehe keinen Druck vom ÖGB"

Von Anneliese Edlinger, Dietmar Mascher und Heinz Steinbock   19.August 2014

Mitte 2015 soll die Steuerreform beschlossen werden, kündigt Bundeskanzler Werner Faymann im OÖNachrichten-Interview an.

 

OÖNachrichten: Nach Rudolf Hundstorfer, Gerald Klug und Alois Stöger holen Sie sich mit Sabine Oberhauser einen vierten Minister aus der Gewerkschaft in die Regierung. Übernimmt der ÖGB das Regieren im Land?

Werner Faymann: Vor einer Regierungsumbildung werden die Personalfragen in den Gremien diskutiert. Meine Vorschläge mache ich nächsten Montag. Aber davon abgesehen: Ich habe mit der Gewerkschaft ausgezeichnete Erfahrungen. Und auch wenn man sich international umschaut: Dort wo die Gewerkschaften konstruktiv in Entscheidungen eingebunden sind, funktioniert es am besten.

Gleichzeitig sichern Sie sich damit die Unterstützung des mächtigen ÖGB für den SPÖ-Parteitag im November...

Ich hatte auch vorher keinen Zweifel an der Unterstützung des ÖGB, auch wenn es immer wieder behauptet wird. Die Änderungen in der Regierungsmannschaft hängen nicht mit dem Parteitag zusammen, sondern leider mit dem Tod von Präsidentin Prammer.

Dennoch gibt es immer wieder Kritik aus der Partei an Ihren Führungsqualitäten. Ist es nicht unangenehm, wenn mit ÖBB-Chef Christian Kern oder Minister Hundstorfer immer Namen für die eigene Nachfolge kursieren?

Das sind nur Phantasien der Medien. Und wenn es in der SPÖ nicht Leute geben würde, die etwas anderes wollen als ich, dann wäre sie keine Partei, sondern ein autoritärer Führungsstab. Das sind wir nicht.

Faktum ist, dass es in der Bevölkerung hohe Unzufriedenheit mit der Arbeit der Koalition gibt. Wann kommt der große Wurf, mit dem die Koalition zeigt, wir bringen doch etwas zusammen?

Wir sind das Land, das mit Deutschland in der EU die geringste Arbeitslosigkeit hat. Das ist ein großer Wurf. Unser Wirtschaftswachstum ist über dem EU-Durchschnitt, das zählt.

Wann muss die Steuerreform mit einer spürbaren Entlastung der Lohnsteuer beschlossen werden? Der ÖGB macht ja mächtig Druck in dieser Frage.

Ich sehe da keinen Druck vom ÖGB. Denn ich habe noch vor ihm gesagt, ich möchte eine Senkung des Eingangssteuersatzes bei der Lohnsteuer auf 25 Prozent. Auch wenn wir uns mit der ÖVP noch nicht einig sind in dieser Frage. Bis März soll der Vorschlag für die Reform im Parlament sein, im nächsten Juli soll er beschlossen werden.

Eine Senkung des Eingangssteuersatzes nützt nur ab einem bestimmten Einkommen. Gibt es auch Überlegungen, Teilzeitkräfte und Geringverdiener etwa durch niedrigere Sozialversicherungsbeiträge zu entlasten?

Solche Überlegungen gibt es in Modellen, die auch gerade mit dem ÖGB erarbeitet werden. Aber insgesamt zählt schon: Wer mehr als in anderen Ländern zahlt, der muss entlastet werden.

Werden Urlaubs- und Weihnachtsgeld höher als bisher besteuert werden? Experten, zuletzt das IHS, fordern dies.

Nein, da bin ich dagegen. Die Besteuerung bleibt da so, wie sie ist.

Wie hoch wird die Entlastung sein, und wie wird sie finanziert?

Wenn man an eine Steuersenkung von drei bis fünf Milliarden Euro denkt, wird sich ein Viertel davon selbst finanzieren, weil wieder mehr Steuern hereinkommen, wenn die Leute das Geld, das ihnen mehr im Geldtaschl bleibt, ausgeben. Die Millionärsabgabe macht nach unseren Berechnungen rund 1,5 Milliarden Euro aus. Und der dritte Bereich sind Einsparungen beim Bund und bei den Ländern. Da liegen ja genügend Vorschläge vom Rechnungshof vor. Das wird ein Bohren von dicken Brettern.

Das heißt, keine höhere Kapitalertragsteuer?

Ich habe noch nie eine Änderung bei der Kapitalertragsteuer vorgeschlagen. Weil sie kein Modell ist, wo man zielgenau jene trifft, die über das weitaus meiste Vermögen in Österreich verfügen, und nicht das Sparbuch der Großmutter. Die Grundsteuer müssen wir auf Geheiß des Verfassungsgerichtshofs reparieren. Da könnte statt des Einheitswerts der Verkehrswert die Grundlage sein. Das sagt aber noch nichts über die Höhe der Abgabe und der Ausnahmen.

Was wäre die Konsequenz, würde die SPÖ nach der nächsten Nationalratswahl nur noch auf Platz zwei liegen?

Ich werde die SPÖ auch ein drittes Mal an die erste Stelle führen. Davon gehe ich fix aus. Durch Arbeit und Leistung und nicht durch große Sprüche, wie sie jemand macht, der kurz aus Ibiza kommt und dann wieder abrauscht.

Halten Sie den Grundsatz aufrecht: Keine Zusammenarbeit mit der Strache-FPÖ?

Ja. Es war immer mein Grundsatz, dass jemand, der sich selbst durch Gehässigkeit ausgrenzt, nicht in eine Regierung gehört.

Halten Sie die Sanktionen gegen Russland als Folge der UkraineKrise für gerechtfertigt? Auch im Hinblick darauf, dass ein gegenseitiges Hochschaukeln beginnt?

Ich bin kein Freund von Sanktionen, ich sehe sie immer als letztes Mittel in einer bestimmten Phase. Aber wenn man sagen würde, die Europäische Union kann leider nichts tun, weil das Geschäft vorgeht, dann würde ich das als Armutszeugnis für Europa betrachten. Meine Antwort ist klar: Ja, man muss etwas tun. Man kann nicht sagen: Weil es etwas kosten kann, ist es uns egal.