Diözese Gurk: Schwere Vorwürfe gegen Bischof Alois Schwarz

Von nachrichten.at/apa   18.Dezember 2018

Anlässlich der Berufung von Alois Schwarz nach St. Pölten werden massive öffentliche Vorwürfe betreffend seiner Amts- und Lebensführung erhoben. Der Sprecher des Domkapitels Gurk, Diözesanadministrator Engelbert Guggenberger, sprach am Dienstag vor Journalisten von einem "System Schwarz", der Schlüssel dazu liege in dessen persönlichen Umfeld. Guggenberger betonte in seinem Statement, er spreche nicht als interimistischer Leiter der Diözese, sondern als Dompropst, also als gewählter Leiter des Gurker Domkapitels. Die Presseerklärung sei von allen acht Mitgliedern einstimmig so beschlossen worden, unterstrich Guggenberger. 

Als zentrales Problem der Ära Schwarz nannte er das "Abhängigkeitsverhältnis" des Bischofs von Andrea Enzinger, die Schwarz vor einigen Jahren zur Leiterin des Bildungshauses in St. Georgen am Längsee gemacht hatte. Guggenberger: "Bischof Schwarz war durch dieses Abhängigkeitsverhältnis vom Gutdünken und den Launen dieser Person bestimmt. So wurde dem Amt und der Kirche über Jahre Schaden zugefügt. Das hat vor allem Priester und Mitarbeiter sehr belastet."

Man habe sich entschlossen, den Abschlussbericht über das bischöfliche Mensalgut bzw. eine Zusammenfassung davon zu veröffentlichen, sagte Guggenberger. Genau dieser Schritt war erst vor einer Woche von der Bischofskongregation in Rom per Weisung verboten worden. Grund für das Veröffentlichen des Berichts sei unter anderem die Vorgangsweise von Schwarz: "Während der Leitung der Diözese Gurk untersagt wurde, den Abschlussbericht zu veröffentlichen, zitiert der St. Pöltener Bischof ausführlich aus dem Bericht und behauptet entgegen der Faktenlage, dass ihn der Bericht von den Vorwürfen freispreche und sein Agieren dem Kirchenrecht entsprochen habe." Es sei den Menschen in Kärnten nicht vermittelbar und auch nicht zumutbar, wenn diese einseitige Darstellung unwidersprochen bleibe. Guggenberger kündigte auch an, man werde gegenüber Schwarz Regressforderungen geltend machen.

Bistum schrieb im Vorjahr 1,7 Millionen Euro Verlust

Gleichzeitig wurde eine Zusammenfassung des Prüfberichts über das Mensalgut publik gemacht. Daraus geht hervor, dass das Bistum 2016 und 2017 Verluste geschrieben hat, im vergangenen Jahr waren es 1,7 Millionen. Tiefrote Zahlen brachte das Bildungshaus St. Georgen samt dem Hotelbetrieb im Stift, dessen Auslastung sehr zu wünschen übrig ließ. Die Mitarbeiterkosten im Hotel explodierten ab 2016, im Bereich des Bildungshauses findet sich der Vorwurf, dass Konzertbesucher einfach zu den Teilnehmern der hauseigenen Veranstaltungen dazuaddiert wurden. Fragwürdig erscheint bei dem Betriebserfolg auch der Bau eines Badehauses um eine Million Euro. Dazu wurde das Statut des Bistums nicht eingehalten, und zwar über Jahre hinweg. Da einzelne Mitglieder des Aufsichtsgremiums dagegen protestierten, wurde das Gremium von Bischof Schwarz kurzerhand aufgelöst und auch gleich das Statut geändert. Im Bericht heißt es dazu: "Ein so abgeändertes Statut entspricht nicht den im kirchlichen Vermögensrecht gegebenen Normen."

Dieser Bericht durfte vergangene Woche nicht veröffentlicht werden. Die Situation nach der Weisung der Bischofskongregation war laut Guggenberger für viele Anlass zur Sorge, Unsicherheit, Irritation, Ratlosigkeit, Wut, Empörung und Sprachlosigkeit: "Das Gurker Domkapitel, das gemeinsam mit mir die Leitung innehat, sieht sich daher veranlasst, mit diesem Statement an die Öffentlichkeit zu treten."

Da der scheidende Bischof nicht zu den Vorwürfen Stellung genommen habe, sei die neue Führung mit diesbezüglichen Anfragen konfrontiert. Guggenberger: "Uns war klar, dass die offenen Fragen eine Dimension erlangt hatten, die es unmöglich gemacht hat, diese Angelegenheit als eine innerkirchliche zu betrachten und die Öffentlichkeit außen vor zu lassen." Zu schwerwiegend und zu weithin bekannt seien die Vorwürfe gewesen. Daher habe man eine Arbeitsgruppe eingesetzt, einen Bericht erarbeitet, dessen Veröffentlichung dann per Weisung untersagt worden sei.

Seitdem seien im ganzen Land, nicht nur in Kärnten, die Wogen hoch gegangen. Einerseits würden sich die Menschen mit der Diözesanleitung solidarisieren, andererseits drohten viele damit, die Kirche zu verlassen. Die Kirche, so der Vorwurf, verweigere sich der Transparenz und beschädige damit nachhaltig ihre Glaubwürdigkeit. Guggenberger bezeichnete die Vorgangsweise als "Rückfall in überwunden geglaubte Verhaltensmuster in die Zeit aus der Affäre rund um Kardinal Groer."

In seiner Führung der Diözese sei der Bischof von seinem Abhängigkeitsverhältnis gegenüber seiner Vertrauten geprägt gewesen. Aufgrund seiner Lebensführung sei der Bischof in seiner Amtsführung immer mehr beeinträchtigt gewesen, "weil er für Priester im Zusammenhang mit seiner Zölibatsverpflichtung erpressbar war". Das Fass zum Überlaufen gebracht habe schließlich das Engagement eines Ex-Geheimdienstchefs durch Bischof Schwarz mit dem Ziel, den Verfassern der anonymen Schreiben im Kreis der Mitarbeiter nachzuspüren.

Guggenberger ging auch auf den Vorwurf ein, dass man während Schwarz' Amtszeit nichts unternommen hätte. Er erklärte, das Domkapitel und auch andere Priester und Laien hätten Schwarz wiederholt mit den Zuständen konfrontiert, und zwar sowohl unter vier Augen als auch in Gremien. Die Nuntiatur in Wien und damit die römischen Stellen, auch Kardinal Schönborn sowie die jeweiligen Salzburger Metropoliten "sind seit Jahren in Kenntnis über die Auswirkungen des "Systems Bischof Schwarz", sie waren nicht nur Adressaten zahlreicher anonymer Briefe, sondern auch namentlich gekennzeichneter Schreiben und persönlicher Vorsprachen". Die Bischofskonferenz habe spätestens seit 2008 Kenntnis von den Zuständen. Bischof Kothgasser habe damals von einer Situation gesprochen, die einer verantwortungsvollen und entschiedenen Klärung bedürfe. Dennoch habe sich seit 2008 an den beschriebenen Umständen nichts geändert.

Zur Entscheidung, an die Öffentlichkeit zu gehen, erklärte Guggenberger namens des Domkapitels: "Wir fühlen uns unserem Gewissen verpflichtet, wollen mit diesem Statement und dem Abschlussbericht, den wir auch auf unsere Website stellen, unseren Teil dazu beitragen, dass diese Fragen, das Mensalgut betreffend, der Transparenz gerecht werden." Guggenberger entschuldigte sich dann ausdrücklich bei den Mitarbeitern, die gekündigt worden waren oder aufgrund der unerträglichen Arbeitssituation in Bistum und Diözese selbst gekündigt hätten. Er bedankte sich auch bei den Medien, die immer wieder Problemzonen aufgezeigt und Glaubwürdigkeit und Transparenz eingemahnt hätten. Abschließend erklärte er: "Die katholische Kirche in Österreich hat 2010 in Befolgung des biblischen Leitfadens, 'die Wahrheit wird euch frei machen', einen gangbaren Weg gefunden. Möge es den Verantwortlichen gelingen, sich auf den Grundlagen dieses Leitfadens zu verständigen, das Geschehene aufarbeiten und so einen guten Weg in die Zukunft zu gehen."