"Diese Schmied-Schmiedl-Debatte interessiert mich überhaupt nicht"

Von Wolfgang Braun   31.März 2017

OÖNachrichten: Beim Vertrauensindex der Austria Presse Agentur liegen Sie an dritter Stelle und haben bei den Sympathiewerten zu Kanzler Christian Kern aufgeschlossen. Hätten Sie sich das bei Ihrem Wechsel in die Regierung träumen lassen?

Hans Peter Doskozil: Das ist eine Momentaufnahme. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass wir die Möglichkeiten hatten, das Bundesheer neu zu positionieren. Aber überbewerten sollte man das nicht.

Weniger erfreulich ist das Bild, das die Regierung in diesen Tagen zeigt. War es nötig, bei der Frage der Umverteilung von Flüchtlingen so viel Porzellan zu zerschlagen?

Der Eindruck, den wir als gesamte Regierung in den vergangenen Tagen gemacht haben, ist nicht der beste gewesen. Das muss man selbstkritisch sagen. Aber sachpolitisch ist die österreichische Position nachvollziehbar: Die EU-Beschlüsse zur Umverteilung sind 2015 gefasst worden. Nur hat sich in den vergangenen zwei Jahren das Bild deutlich geändert. Wir haben pro Kopf gerechnet mehr Flüchtlinge aufgenommen als Deutschland oder Italien. Daher wäre es unverständlich, wenn wir nun noch zusätzlich Flüchtlinge aufnehmen müssen.

Aber warum streitet sich die Regierung das nicht mit der EU aus? Stattdessen fällt man mit Getöse übereinander her...

Genau deshalb werde ich heute keine Schuldzuweisungen von mir geben. Der Eindruck dieser Woche war keinesfalls löblich für die Regierung.

Politiker, die in der Flüchtlingsfrage einen strikteren Kurs wollen, genießen derzeit wachsendes Vertrauen in der Bevölkerung. Halten Sie sich für so einen Politiker-Typ?

Die SPÖ hat in der Vergangenheit oft Distanz zum Thema Sicherheit gehalten. Aber wenn jemand in Regierungsverantwortung steht, dann geht es nicht darum, ob ein Thema angenehm ist für eine Partei oder nicht. Das muss man dann aufgreifen. Mich interessiert diese Schmied-Schmiedl-Debatte im Hinblick auf die FPÖ überhaupt nicht. Wenn es sachlich notwendig und vertretbar ist, muss man eine Sache an- und aussprechen, auch wenn irgendwann vor Jahren die FPÖ vielleicht eine ähnliche Forderung gestellt hat.

Sie stehen für einen härteren Kurs in der Flüchtlingsfrage – ist der in der SPÖ mehrheitsfähig?

Das glaube ich schon. Außerdem bin ich fest davon überzeugt, dass die Linie vor allem in der Bevölkerung mehrheitsfähig ist.

Im Burgenland, Ihrem Heimatbundesland, regiert die SPÖ mit der FPÖ. Wäre das auch Ihre Lieblingsoption im Bund?

Die SPÖ hat sich klar festgelegt, es gibt einen Kriterienkatalog, mit dem wir schauen, ob jemand für uns als Koalitionspartner in Frage kommt. Aber dann muss man fair sein. Wenn die Kriterien erfüllt werden, muss die Möglichkeit zur Koalition für jede Partei erfüllt sein. Ich glaube auch, dass der Weg der Regierung im Burgenland von einer Mehrheit goutiert wird.

Das Bundesheer genießt wieder mehr Ansehen in der Bevölkerung. Wie muss sich Österreich sicherheitspolitisch in Europa und der Welt positionieren? War es nicht ein Fehler, dass man sich überhastet aus dem Golan-Einsatz zurückgezogen hat?

Ja, keine Frage. Aber wenn es um internationale Beteiligungen an Einsätzen geht, sind wir immer noch Vorreiter: Wir haben 1100 Soldaten im Auslandseinsatz, das viel größere Deutschland hat 3500. Die Flüchtlingsproblematik hat in der Bevölkerung das Bewusstsein für die Bedeutung des Heeres geschärft. Das Heer steht für die Souveränität des Landes, das empfindet man auch in anderen EU-Ländern so. Ich glaube nicht, dass einzelne EU-Staaten bereit sind, diese Souveränität preiszugeben. Daher halte ich auch die Diskussion um eine EU-Armee für nicht realistisch.

Eine Frage, die man keinem Regierungsmitglied in diesen Tagen ersparen kann: Wie lange hält die Koalition?

Das ist durchaus eine schwierige Frage, weil natürlich da und dort Tendenzen zu erkennen sind. Meine Meinung: Jetzt haben wir gerade das Regierungsprogramm erneuert. Da würde ich nicht verstehen, wenn wir ein paar Wochen später schon wieder von vorgezogenen Wahlen sprechen – und ich glaube, auch die Bevölkerung würde das nicht verstehen. Außerdem würden Neuwahlen einen Abbruch des Eurofighter-Untersuchungsausschusses bedeuten. Das macht auch keinen schlanken Fuß, das sollten alle im Hinterkopf behalten.