Der Nationalrat hat gewählt: Präsidentinnen schwach, Präsident stark

Von nachrichten.at/apa   09.November 2017

Elisabeth Köstinger ist am Donnerstag vom Nationalrat zu dessen Präsidentin gewählt worden. Das Ergebnis war freilich eher bescheiden. Nur 117 der 175 gültigen Stimmen entfielen auf die 38-jährige ÖVP-Politikerin. Das sind knapp 67 Prozent und damit deutlich weniger als die letzten Präsidentinnen erhalten hatten. Zum Vergleich: Doris Bures hatte bei der letzten Wahl 78 Prozent gewählt worden.

Die bisherige Europaparlamentarierin ist die dritte Frau in dieser Position und mit 38 die jüngste Parlamentschefin aller Zeiten. Offen ist, ob Köstinger die Funktion dauerhaft ausübt. Spekuliert wird, dass die bisherige Generalsekretärin der ÖVP bei der Bildung einer schwarz-blauen Regierung ein Ministeramt übernehmen könnte.

Dies ist wohl ein Grund für ihr bescheidenes Abschneiden. Nicht weniger als 56 Mandatare stimmten für den bisherigen Zweiten Präsidenten Karlheinz Kopf, der von seiner Partei, der ÖVP, übergangen worden war. Die Neos hatten das vorher schon angekündigt, die 46 weiteren Stimmen für Kopf kamen von anderen Fraktionen, die sich im Vorhinein nicht entsprechend deklariert hatten.

ÖVP revanchiert sich bei Bures

Doris Bures ist am Donnerstag zur Zweiten Nationalratspräsidentin gewählt worden. Die bisherige Präsidentin, die aufgrund des Rückfalls der SPÖ auf Platz zwei der Wählergunst für diese Funktion keine Chance mehr hatte, erhielt 115 der 174 gültigen Stimmen. Das entspricht 66,1 Prozent.

Immerhin 23 Stimmen entfielen auf SPÖ-Chef Christian Kern – der sich für die Position nicht einmal beworben hatte. Anzunehmen ist, dass bei der geheimen Wahl etliche ÖVP-Abgeordnete Bures nicht zustimmten, da beim vorigen Urnengang offenkundig etliche SPÖ-Mandatare statt der schwarzen Kandidatin Elisabeth Köstinger den bisherigen Zweiten Präsidenten Karlheinz Kopf gewählt hatten.

Hofer erzielt das beste Ergebnis

Das beste Ergebnis der Präsidiumswahlen holte sich bei der Konstituierenden Nationalratssitzung am Donnerstag Norbert Hofer. Der FPÖ-Politiker zieht mit einer Unterstützung von 83,54 Prozent in seine zweite Amtsperiode - wobei auch bei ihm ein Wechsel in die Regierung nicht ausgeschlossen ist.

Nicht nur im Vergleich mit seinen beiden Präsidiumskolleginnen - die jeweils nur zwei Drittel der Stimmen bekamen -, auch im historischen Vergleich schnitt Hofer sehr gut ab: Sein Ergebnis ist das zweitbeste eines Dritten NR-Präsidenten der letzten 30 Jahre - wobei er selbst 2013 die Marke 80,27 Prozent gesetzt hatte. Andreas Khol (ÖVP) hatte 1999 86,34 Prozent bekommen.

Heuer wurde Hofer von 132 Abgeordneten gewählt. 158 Stimmen waren gültig, 26 entfielen auf andere Kandidaten.