CETA: Strache rechtfertigt seinen Schwenk

Von nachrichten.at/apa   16.Mai 2018

FPÖ-Regierungskoordinator Norbert Hofer verteidigte vor Journalisten den Sinneswandel der Freiheitlichen, die als Oppositionspartei stets gegen CETA gewettert hatten. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) betonte, "es ist ein sicheres und hochqualitatives Abkommen".

Hofer räumte ein, dass er als Bundespräsidentschaftskandidat gegen CETA aufgetreten ist, und erklärte seine Haltungsänderung am Mittwoch damit, dass bei der "Richtungsentscheidung" die Mehrheit letztlich für Alexander Van der Bellen gestimmt habe, der für das Handelsabkommen war. Außerdem sei man ans Koalitionsabkommen mit der ÖVP gebunden: Die Zustimmung zu CETA sei für die Volkspartei entscheidend für eine Zusammenarbeit gewesen. "Bei diesem Punkt hat die FPÖ einen Kompromiss möglich gemacht, und zu dem stehen wir."

Einen Gesichtsverlust vor den freiheitlichen Wählern kann Hofer nicht erkennen: "Mein Gesicht ist noch immer vorhanden." Die Bedenken, die man vor zwei Jahren gehabt habe, seien zu wesentlichen Teilen ausgeräumt, meinte Hofer etwa mit Blick auf Umwelt- und Sozialstandards.

Strache rechtfertigt Schwenk

Auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat am Mittwoch im Nationalrat den 180-Grad-Schwenk seiner Partei zum EU/Kanada-Freihandelsabkommen CETA gerechtfertigt. Die SPÖ nahm ihm dies nicht ab, war aber selbst mit "Umfaller"-Vorwürfen konfrontiert.

Strache argumentierte ganz ähnlich wie sein Vize-Parteichef, Ex-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer: Die Bundespräsidentenwahl 2016 sei eine Richtungsentscheidung gewesen, und mit Alexander Van der Bellen habe ein CETA-Befürworter gewonnen. Außerdem seien dem Abkommen zwischenzeitlich die Giftzähne gezogen worden.

Das Abgehen von der Volksabstimmungsforderung der FPÖ begründete Strache damit, dass die ÖVP hier eine rote Linie gezogen habe. Hätte man diese überschritten, hätte es keine Koalition gegeben und Rot-Schwarz eine Fortsetzung gefunden. Auch sein Klubchef Johann Gudenus sah das so. Er schwärmte vom nunmehr "besten Regierungsprogramm, das die Zweite Republik je hatte".

"Märchenstunde eines gescheiterten Kanzlers"

Der SPÖ unter Christian Kern attestierte Gudenus eine "Märchenstunde eines gescheiterten Bundeskanzlers" und Ahnungslosigkeit über das Abkommen. Kritik übte auch die ÖVP, Peter Haubner sah den wahren Zick-Zack-Kurs bei den Sozialdemokraten.

Die Opposition reagierte amüsiert. NEOS-Chef Matthias Strolz lobte Gudenus ironisch für seinen Salto nach hinten: "Die FPÖ ist ihren Wählern in den Rücken gefallen." Bruno Rossmann (Liste Pilz) ortete Umfaller bei Blau und Rot. Jörg Leichtfried (SPÖ) attackierte hingegen allein die FPÖ für ihren Meinungsschwenk.

Proteste vor dem Bundeskanzleramt...

Vor dem Bundeskanzleramt protestierten während der Regierungssitzung neben den Aktivisten von Greenpeace, die angekettet mit Stahlketten den Haupteingang des Kanzleramtes blockierten, zahlreiche weitere Aktivisten gegen das Abkommen. Vertreter des Bündnisses "anders handeln" kritisierten das Vorhaben und appellierten vor allem an die Abgeordneten der FPÖ, im Parlament die Zustimmung noch zu verweigern. So erklärte etwa Alexandra Strickner von Attac Österreich, die FPÖ habe sich vor der Wahl gegen CETA positioniert, um Stimmen zu gewinnen, jetzt aber bediene die Partei "offensichtlich die Interessen von Konzernen". Wie auch Vertreter von GLOBAL 2000 oder Greenpeace äußerte Strickner die Hoffnung, dass Abgeordnete der Freiheitlichen bei der Abstimmung im Parlament ihre Meinung noch ändern.

Unter die Demonstranten mischte sich auch SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder, der einmal mehr seinen Ärger kundtat. "Die FPÖ, Heinz-Christian Strache persönlich, ist hier umgefallen, total", sagte er. CETA komme nun, ohne dass dem Abkommen die "Giftzähne" gezogen wurden. Die SPÖ habe immer gesagt, wenn das Freihandelsabkommen in dieser Form komme, werde man es nicht ratifizieren.

... und auf Facebook

Dass die FPÖ eine Volksabstimmung zu CETA verlangt hatte und sie ihm Wahlkampf sogar zur Koalitionsbedingung erklärte, haben die Wähler nicht vergessen. Und tun ihren Ärger auf der Facebook-Seite von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FP) kund. Die FPÖ sei umgefallen und habe sich von der ÖVP über den Tisch ziehen lassen, schreiben viele. Strache selbst diskutiert eifrig mit, hat aber doch Erklärungsnot:

Ebenfalls unter den Diskutanten: SP-Chef Christian Kern. Doch etwas schadenfroh schreibt er: "Sie sind verantwortlich, wenn Großkonzerne jetzt Privilegien bekommen, die Klein-und Mittelbetriebe nicht kennen. Das wird auch nicht durch den Lavendel besser, den Sie erzählen."