"Etwas über das Ziel geschossen"
LINZ. Landes-Gemeindebundchef plädiert für "praxisgerechtere" Wahlordnung.
Strikte Ausweispflicht für Wähler oder das Verbot von nicht "wahlbeteiligten" Personen im Wahllokal: Bei der Präsidenten-Stichwahl am Sonntag – als Konsequenz der Aufhebung der ersten Stichwahl im Mai – waren Gesetzgeber und Innenministerium als oberste Wahlbehörde streng. "Grundsätzlich gut", sagt Oberösterreichs Gemeindebundpräsident Johann Hingsamer. Doch aus vielen Gemeinden sei auch der Eindruck entstanden, es sei, was die Tauglichkeit für die Praxis betreffe, "etwas über das Ziel geschossen worden".
Ohne "amtliche Bescheinigung zur Feststellung der Identität" wie Pass oder Führerschein durfte nur noch jemand zur Stimmabgabe zugelassen werden, "wenn sie oder er der Mehrheit der Mitglieder der Wahlbehörde persönlich bekannt ist und kein Einspruch erhoben wird", steht im vom Innenministerium herausgegebenen Wahl-Leitfaden. Das führte in Oberösterreich so weit, dass Altbürgermeister, die jeden Wahlbeisitzer persönlich kannten, sich ausweisen mussten. "Oder es musste in jedem einzelnen Fall abgestimmt und vermerkt werden, wer die Person kannte", erläutert Hingsamer. Das sei in Städten sinnvoll, "aber wohl nicht in Kleingemeinden".
Unter nicht wahlbeteiligte Personen fielen nun auch Kinder, die von ihre Eltern ins Wahllokal mitgenommen wurden. "Da muss man eine praktikable Lösung finden", sagt Hingsamer: Ob jemand ein Klein- oder Volksschulkind mitnimmt, für das er keine Betreuungsmöglichkeit hat, "beeinflusst die Wahl sicher nicht. Anders ist das etwa bei 14- oder 15-Jährigen, die selbst bald im Wahlalter sind", sieht der Gemeindebundchef eine sinnvolle Einschränkung.
Das oberösterreichische Landtags- und Gemeindewahlrecht sei auch "praktikabler" als das Bundeswahlrecht, was die Briefwahlstimmen betrifft: Diese werden im Stimmzettelkuvert bei Landeswahlen in den Gemeinden zu den abgegebenen Stimmen in die Urne geworfen und mit diesen ausgezählt.
Hingsamers Resümee: "Jetzt, wo sich die Aufregung legt, könnte man das Wahlgesetz auf Praxistauglichkeit ansehen."
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