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"Wenn schon austreten, dann ruckzuck"

Von Sylvia Wörgetter aus Brüssel, 20. März 2019, 00:04 Uhr
"Wenn schon austreten, dann ruckzuck"
Hahn über Orbán: „Reisende soll man nicht aufhalten.“ Bild: APA

Österreichs EU-Kommissar Johannes Hahn (VP) im OÖNachrichten-Interview über den Brexit, die Rolle der Populisten in Europa, die nötigen Reformen in der EU und den schwierigen Parteifreund Viktor Orbán.

OÖNachrichten: Glauben Sie noch, dass die Briten am 29. März aus der EU austreten?

Johannes Hahn: Ich glaube, dass es mittlerweile sehr schwierig wird, den Austritt bis zum 29. März hinzubekommen. Selbst wenn es auf britischer Seite einen Beschluss im Unterhaus gebe, tun sich wahrscheinlich technische Schwierigkeiten auf, den Austritt fristgerecht umzusetzen.

Brauchen die Briten eine Verlängerung der Austrittsfrist?

So schaut es aus. Ich schließe mich jenen an, die sagen: Jetzt müssen die Briten etwas auf den Tisch legen, damit die anderen 27 EU-Länder wissen, worüber sie überhaupt reden und abstimmen. Wenn die Briten im Londoner Nebel stochern, ist das ihre Sache. Es gibt zwei Möglichkeiten. Erstens: Eine technische Verlängerung der Frist bis Ende Mai, so dass Großbritannien aus der EU ausscheidet, bevor das EU-Parlament neu gewählt wird. Die zweite Möglichkeit wäre eine weiterreichende Verlängerung. Dann müsste aber die Maschinerie in Gang kommen, damit die Briten noch an der EU-Wahl teilnehmen. Ich würde persönlich die erste Möglichkeit präferieren: Wenn die Briten schon austreten wollen, dann ruckzuck.

Gibt es eine Lehre, die man aus dem Brexit-Chaos ziehen sollte?

Ja. Das Chaos zeigt die unglaubliche Zerstörungskraft von Populisten. Die Lügen, die jahrelang aufgetischt wurden, haben zu diesem Desaster geführt. Es hat sich niemand vorstellen können, dass das Referendum so ausgeht. Daher war auch niemand darauf vorbereitet. Leider ist der Ausgang der Beweis, was Populismus anrichten kann, wenn ihm nicht Einhalt geboten wird. Die wirksamste Antwort ist, immer wieder aufzustehen und zu sagen, welcher Schwachsinn da verbreitet wird, und nicht aus Bequemlichkeit zu schweigen.

Sehen Sie andernorts in Europa auch die Gefahr zerstörerischen Populismus?

In Italien bis zu einem gewissen Grad. Dort werden Dinge versprochen, die man sich nicht leisten kann. Italien ist ein wirtschaftlicher Risikofaktor mit einer Verschuldungsquote von mehr als 130 Prozent. In den letzten Jahren hat Europa eine Boomphase erlebt. Andere Staaten haben Schulden abgebaut. Italien hat in der Richtung leider nicht vorgesorgt.

Sie sagen, das Brexit-Chaos ist eine Mahnung, nicht auf falsche Propheten hereinzufallen. Nun erwarten alle Umfragen aber, dass die Rechtspopulisten bei den EU-Wahlen im Mai massiv zulegen werden. Fürchten Sie sich vor deren Erstarken?

Wenn du dich in der Politik fürchtest, bist du falsch besetzt. Man muss differenzieren zwischen jenen, die die EU in Bausch und Bogen ablehnen, und jenen, die weniger Integration wollen, aber die Union selbst nicht infragestellen. Wirklich Sorge bereiten muss einem die erste Gruppe. Die sehe ich bei weit unter 20 Prozent. Die Frage ist, wie die weitere Entwicklung der Union vor dem Hintergrund des globalen Wettbewerbs vonstattengeht. Es liegt in der DNA der Union, sich mit sich selbst zu beschäftigen, weil sie als Antwort auf die Kriegserfahrungen auf unserem Kontinent als Friedensprojekt gegründet wurde. Und das ist bis heute erfolgreich. Nun haben wir begonnen, von dieser Nabelschau wegzugehen. Um den sozialen Frieden in der Union und Stabilität in unserer Nachbarschaft sicherzustellen, müssen wir global agieren und als weltpolitischer Faktor anerkannt und ernst genommen werden. Wir müssen uns also fragen, was die geeigneten Instrumente dafür sind.

Welche sind das?

Vor allen Dingen müssen wir – etwa in der Außenpolitik – vom Einstimmigkeitsprinzip zum Mehrstimmigkeitsprinzip kommen. Wir müssen die Kraft, die alle EU-Akteure haben, – also die Mitgliedstaaten, die Kommission, die europäischen Finanzinstitutionen – gemeinsam in die Waagschale werfen. Ein Beispiel ist Ägypten: Das Land wächst jeden Tag um 7000 Einwohner, das sind pro Jahr rund zwei Millionen. Das Land muss im Jahr theoretisch 900.000 Arbeitsplätze schaffen. Die EU-Kommission hat für diesen afrikanischen Schlüsselstaat ein Budget von rund 100 Millionen Euro. Das steigern wir mit Finanzinstrumenten auf 600 bis 800 Millionen. Damit ist die EU aber noch nicht der maßgebliche Spielmacher in Ägypten. Gegenwärtig setzen aber die EU-Mitgliedstaaten, europäische Finanzinstitute und die Europäische Kommission Projekte im Gegenwert von 11,5 Milliarden Euro um. Wenn wir imstande wären, diese 11,5 Milliarden in politisches Kapital umzulegen, was wir gegenwärtig nicht sind, könnten wir die nötigen Reformen politisch voranbringen.

China mischt massiv in Europa mit, gerade auf dem Balkan. Während Europa Bedingungen stellt für den EU-Beitritt der sechs Westbalkan-Länder, investiert China dort in das Projekt der neuen Seidenstraße. Gerät Europa auf dem eigenen Kontinent ins Hintertreffen?

Wir führen eine zunehmend robuste Debatte mit den Chinesen. Wir machen klar: Wenn chinesische Firmen innerhalb der Europäischen Union die Vorteile des Binnenmarktes genießen können, dann erwarten wir, dass europäische Firmen in China das Gleiche vorfinden. Was den Balkan betrifft, sollten wir die Kirche im Dorf lassen: 75 Prozent der Auslandsinvestitionen kommen von der EU.

Heute entscheidet Ihre Parteifamilie, die EVP, wie sie mit Ungarns Viktor Orbán umgeht. Der hat wahrheitswidrig Kommissionschef Juncker als Förderer illegaler Migration bezeichnet. Hat er noch Platz in der EVP?

Es sind sehr viele über ihn verärgert. Da ist einiges an Glaubwürdigkeit zu Bruch gegangen. Man soll jemanden einbinden, so lange es geht. Andererseits soll man Reisende aber auch nicht aufhalten. Angst ist jedenfalls ein schlechter Ratgeber. Ich kann das Ergebnis der Sitzung nicht vorwegnehmen. Ich glaube aber nicht, dass sich die EVP mit reinen Absichtserklärungen zufriedengeben wird.

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13  Kommentare
13  Kommentare
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jago (57.723 Kommentare)
am 21.03.2019 15:15

Viel zu viele Expertenmeinungen von dieser Sorte in den OÖN!

Da kann ich ja kaum mit entgegenexperteln grinsen

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boris (1.939 Kommentare)
am 20.03.2019 12:30

Ich denke für die Briten gibt es inzwischen nur mehr zwei realistische Möglichkeiten: a) Austreten egal wie und so bald wie möglich und allen Folgeschäden oder b) Zurückziehen des Austrittsantrages (wäre wohl dann nötig, wenn auch nur ein EU-Staat einer Fristverlängerung nicht zustimmt).
Alle, die hier der EU-27 irgendeine Schuld am britischen Chaos zuweisen, die mögen das Wittgensteinzitat von LASimon lesen und auf sich beziehen.
Zur Frage "was Hahn denn in Brüssel täte" sei allgemein erwähnt, dass allein die Stadt Wien mehr Bedienstete (auch Beamte) hat als die EU-Bürokratie!

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TaJo (568 Kommentare)
am 20.03.2019 09:58

Nach diesem Hahn kräht kein Hahn. Und weil ich gerade dabei bin: Karas ist ebenso überflüssig!

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LASimon (11.144 Kommentare)
am 20.03.2019 11:36

Wonach beurteilen Sie das? Welche Kriterien liegen Ihrem Urteil zugrunde und welche Fakten?

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Istehwurst (13.376 Kommentare)
am 20.03.2019 05:42

Ich glaube der frisst zu viel......

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Rufi (4.739 Kommentare)
am 20.03.2019 06:00

Kommst mir infantil vor.

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Istehwurst (13.376 Kommentare)
am 20.03.2019 06:10

Dich habe ich nicht gefragt ...

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Orlando2312 (22.252 Kommentare)
am 20.03.2019 07:32

NIEMAND hat Sie gefragt.

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Harbachoed-Kater (4.909 Kommentare)
am 20.03.2019 08:03

Surrm, du hast überhaupt niemanden gefragt,
sondern nur eine Meinung kundgetan.

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Auslandsrusse (739 Kommentare)
am 20.03.2019 05:06

Der nach Bruessel entsorgte begint zu klraehen.

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soling (7.432 Kommentare)
am 20.03.2019 08:26

Was macht der dort überhaupt? Konstruktives meine ich.

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LASimon (11.144 Kommentare)
am 20.03.2019 11:39

Würden Sie sich mit der EU beschäftigen, wüssten Sie's. Da Sie es anscheinend nicht wissen, schreibe ich mit Wittgenstein: Worüber man nicht sprechen kann, darüber soll man schweigen.

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soling (7.432 Kommentare)
am 20.03.2019 11:47

Ist das die Antwort auf meine Frage?

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