"Chancen auf weicheren Brexit oder zweites Referendum gestiegen"
LINZ/LONDON. Die "monumentale Niederlage" der britischen Premierministerin Theresa May ist für Österreichs Wirtschaftsdelegierten in London, Christian Kesberg, überraschenderweise sogar Anlass zum Optimismus.
"Wir steuern jetzt sicher nicht automatisch auf einen No-Deal-Ausstieg der Briten zu", ist Kesberg im Gespräch mit den OÖNachrichten überzeugt.
Den Grund für seinen Optimismus erklärt er folgendermaßen: "Es ist offensichtlich, dass es im Unterhaus keine Mehrheit für einen No-Deal gibt. Daher ist eine weichere Version des Brexits oder auch ein zweites Referendum mit der Abstimmungsniederlage Mays am Dienstag wahrscheinlicher geworden als ein harter Brexit."
Kesberg erwartet übrigens nicht nur ein Nachdenken der Briten sowohl in Regierung als auch im Parlament. Ein grundsätzliches Nachdenken innerhalb der EU sei ebenfalls möglich. Großbritannien in Zukunft in der Zollunion und sogar im Binnenmarkt zu halten, bleibe eine Option.
Um dies tatsächlich zu erreichen, erwartet Kesberg "ziemlich sicher" ein Verschieben des Austrittsdatums auf 1. Juli. Schließlich würde sich das neue EU-Parlament erst am 2. Juli konstituieren. Und bis 1. Juli gingen sich sogar noch Neuwahlen, aber auch ein zweites Referendum über den Brexit aus.
Lösung für Nordirland-Problem
Hätte Labour erst einmal ihre Option auf Neuwahlen ausgereizt, könnten sich die regierenden Torys mit der Oppositionspartei auf eine permanente Zollunion Großbritanniens mit der EU einigen. Diese wolle Labour, sagt Kesberg. Und sie würde auch den Knackpunkt in den Verhandlungen, das Nordirland-Problem, lösen.
Um zu testen, ob ein Brexit mit permanenter Zollunion auch mehrheitsfähig im Unterhaus wäre, könne die Regierung sogenannte "indicative votes", also Testabstimmungen ohne bindenden Charakter, abhalten. Zeichnet sich so eine Mehrheit für eine derartige Lösung des Brexit-Problems ab, wäre eine Vereinbarung mit den EU-27 sicher kein Problem.
Der Wirtschaftsdelegierte hält im übrigen die befürchteten wirtschaftlichen Folgen selbst eines "hard brexit" für übertrieben. "Natürlich wünscht sich das niemand. Aber es wäre auch kein Drama." Schlimmer sei, dass der Brexit eine "gesellschaftliche Spaltung" wäre. Die sicherheitspolitischen Folgen würden ebenfalls unterschätzt. Es gebe auf diesem Gebiet nur einen Gewinner: Wladimir Putin.
Ist Trump immun gegen Strafverfolgung?
Biden kündigt neues Paket mit Militärhilfe für die Ukraine an
Frankreichs Präsident Macron fordert "glaubhafte" europäische Verteidigung
Spaniens Premier Sánchez lässt überraschend Amtsgeschäfte ruhen
Interessieren Sie sich für diesen Ort?
Fügen Sie Orte zu Ihrer Merkliste hinzu und bleiben Sie auf dem Laufenden.