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Wannsee-Konferenz- Millionen sahen einfach weg

Von Christine Zeiner aus Berlin, 21. Jänner 2012, 00:04 Uhr
Wannsee-Konferenz
Bild: privat

„Ich bin ein Rasseschänder“, steht auf dem Plakat, das dem Mann umgehängt worden ist. Die Frau an seiner Seite sieht zu Boden. Zwei Polizisten führen das Paar ab – die Menschen schauen neugierig. Ein unbekannter Fotograf hat die Szene 1935 in Ostfriesland festgehalten.

Vor 70 Jahren, am 20. Jänner 1942, fand die Wannsee-Konferenz statt. Das Thema der Zusammenkunft war die „Endlösung der Judenfrage“. Doch Ausgrenzung, Antisemitismus, Haft, Mord wurden nicht erst dort beschlossen, sondern waren längst im Gange. Auch das zeigt die Dauerausstellung im Haus Am Großen Wannsee 56–58 in Berlin, dem ehemaligen Gästehaus des Sicherheitsdienstes der SS.

Wunderschön liegt die prachtvolle Villa an einem der edlen Flecken Berlins, direkt am Wasser. Am 20. Jänner 1942 soll der Park zudem hübsch verschneit gewesen sein: Während im Speisesaal über Mordmethoden gesprochen wurde, hatten die Teilnehmer der Konferenz einen bezaubernden Ausblick. Seit 1992 ist das Haus eine Gedenk- und Bildungsstätte, für jeden kostenlos zu besuchen und gut per öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. „Dem Gedenken der durch nationalsozialistische Gewaltherrschaft umgekommenen jüdischen Mitmenschen“, steht auf der Tafel links am Eingang.

„Je mehr Forschungsergebnisse zur Vernichtung der europäischen Juden ausgebreitet werden, desto deutlicher wird, dass sich dieses historische Ereignis nicht einfach als „Schreibtischmord“ verstehen lässt, also als Exekution eines zu einem bestimmten Zeitpunkt angeordneten Mordbefehls“, sagt der Historiker Peter Longerich. Allmählich wachse das Bewusstsein, dass „wir es mit einem über mehrere Jahre andauernden Massaker unvorstellbaren Ausmaßes zu tun haben, in dem in großen Teilen Europas Hunderttausende von Tätern und Helfern unter den Augen einer unübersehbar großen Zahl von Zuschauern Millionen von Opfern quälten und umbrachten.“

Millionen sahen weg, als „noch Zeit war, hinzusehen“, wie es der Historiker Norbert Frei einmal formulierte. Die Nationalsozialisten bauten indes an ihrer „Volksgemeinschaft“. Öffentliche Demütigungen wie die Jagd auf „Rasseschänder“ sollten klar machen, wer dazugehört und wer „der Feind“ ist, „der Verräter“.

Während einige Jahre zuvor in der Weimarer Republik die Integration der jüdischen Bevölkerung zugenommen hatte, wuchs auch der Antisemitismus. Auch auf dieses Spannungsfeld, aus dem heraus die Nationalsozialisten Politik machten, geht die Ausstellung ein. So erfährt man im zweiten Raum von Paula Ollendorff, die in Breslau Stadträtin war. Keine Selbstverständlichkeit: Frauen hatten erst seit 1918 das Wahlrecht. Auf der gegenüberliegenden Wand sieht man eine Karikatur. Deutsche Soldaten liegen im Schützengraben, dahinter stehen – wohlgenährt und gut angezogen – Männer, die Juden darstellen sollen, die wohlwollend zusehen, wie dem Soldaten ein Dolch in den Rücken gerammt wird. Deshalb habe das deutsche Heer den Ersten Weltkrieg verloren. Dem wiederum wird eine Postkarte entgegengestellt: „An die deutschen Mütter. 12.000 Juden fielen im Kampf! Deutsche Frauen, duldet nicht, dass die jüdische Mutter in ihrem Schmerz verhöhnt wird.“

In den Jahren wächst die Radikalisierung und Gewaltbereitschaft. „Wir fahren nach Polen, um Juden zu versohlen“ steht auf dem Waggon, der deutsche Soldaten und Männer des Reichsarbeitsdiensts im September 1939 transportiert. Ein anderes Foto zeigt Angehörige der Wehrmacht, die orthodoxen Juden in der Stadt Tomaszów bei Lódz die Bärte und Schläfenlocken abschneiden. Für Historiker steht fest: Der Herbst 1939, die Besetzung Polens, bedeutet einen Schnitt. Es bleibt nicht bei Ausweisungen, Schikanen und gewaltsamen Massenausschreitungen. Nun werden Menschen erschossen, vor allem von der Sicherheitspolizei. Aber auch Wehrmachteinheiten sind beteiligt. Mitte September 1939 kommen dazu Umsiedlungspläne auf: Juden sollten in unwirtliche Reservate verfrachtet werden. Die Idee einer „gigantischen Geiselnahme“ nennt das Historiker Longerich. Verhungert, von Krankheit und Seuchen zerfressen, weit weg – nach dieser hätte es keine Generation Juden mehr geben sollen.

Mit der „Vernichtung“ gedroht hatte Adolf Hitler bereits. Bekannt zackig, herrisch, aggressiv klingt seine Stimme, die eine Kopie der Aufnahme vom 30. Jänner 1939 in der Ausstellung wiedergibt. Hitler hält eine Rede vor dem Reichstag in Berlin, Anlass ist der sechste Jahrestag der „Machtergreifung“: „Wenn es dem internationalen Finanzjudentum noch einmal gelingen sollte, die Völker in einen Weltkrieg zu stürzen, dann wird das Ergebnis nicht der Sieg des Judentums sein, sondern die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa.“

Wenige Monate später waren die Massenerschießungen durch SS-Einsatzgruppen mit Unterstützung der Wehrmacht Realität, zunächst in Polen und ab Juni 1941 auch in der Sowjetunion. „Die Juden sind schuld!“ titelte der Propagandaminister am 16. November 1941 in der Wochenzeitung „Das Reich.“ Die Juden hätten den Krieg gewollt „und sie haben ihn nun“. Links neben Goebbels’ Ausführungen zeigt ein großes Foto Soldaten: „Noch liegt die Härte des Kampfes auf den Gesichtern der Männer – schon geht es weiter auf dem Lkw“, erklärt der Bildtext. Der Krieg entwickelte sich nicht wie erhofft, die Vorstellungen von Reservaten blieben Theorie. Die Erschießungen zehrten an den Mördern. Man suchte nach angenehmeren Mitteln für die Täter, Menschen zu töten, und setzte erste umgebaute Lkw ein. 60 Männer und Frauen passten in solche Maschinen – zum Ersticken.

Ende Jänner 1942 weist Eichmann, SS-Obersturmbannführer und zentraler Organisator der „Endlösung“, per Schnellbrief alle betreffenden Dienststellen im Deutschen Reich an, die Deportation der Juden vorzubereiten. Sogenannte Mischlinge, die ja auch „deutsches Blut“ hatten, waren vorerst davon ausgenommen – hier hatte sich Heydrich nicht durchgesetzt.

War die Wannsee-Konferenz das Echo auf die grundsätzliche Entscheidung Hitlers im Dezember 1941, dass alle Juden in Europa noch während des Krieges deportiert werden? Oder erfolgten weitere Radikalisierungsschritte bis zum kompletten Mordprogramm noch nach der Konferenz? Das wird weiterhin unter Wissenschaftern diskutiert. Am 12. Dezember 1941 sprach Hitler jedenfalls in der Reichskanzlei vor den Reichs- und Gauleitern – Goebbels notierte: „Bezüglich der Juden ist der Führer entschlossen, reinen Tisch zu machen. Der Weltkrieg ist da, die Vernichtung des Judentums muss die notwendige Folge sein.“

Im Anschluss daran, wurden ab dem Jahr 1942 europäische Juden systematisch in Lagern ermordet. Das größte deutsche Vernichtungslager entstand aus dem Arbeitslager Auschwitz-Birkenau.

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13  Kommentare
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herbertw (14.515 Kommentare)
am 21.01.2012 15:49

…, wenn man, so wie Österreich, eine FPÖ-seit86 im Lande hat:

• „Millionen sahen weg, als noch Zeit war, hinzusehen!“

;-)

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GunterKoeberl-Marthyn (17.956 Kommentare)
am 21.01.2012 19:37

dass wir in Europa in der Antipathi gegen Ausländer an erster Stelle stehen! Ich werde jedes Wort von FPÖ Politikern genau beleuchten und Stellung beziehen! Ex Grünen Parteichef Van der Bellen, Wirtschftswissenschfatler hat HC Strache mit Intelligenz in die Schranken gewiesen! Die SPÖ sollte aus Kontrollgründen entweder das Innen- oder Aussenministerium fordern! Wir Sozialdemokraten bleiben ohne Unterstützung bei kleinen Gesetzesreformen!

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GunterKoeberl-Marthyn (17.956 Kommentare)
am 21.01.2012 20:52

war eine reine "Schreierei" und wer denkt, wenn man schreit dadurch das "Recht" zu haben, macht einen Fehler! Frau Winter sollte eigentlich ausgeschlossen werden und den Sessel im Nationalrat frei machen! Sie ist für mich das Symbol, aus welchen bezaubernden Gesicht mit toller Frisur diskriminierende Worte kommen können!

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am 21.01.2012 21:12

gratuliere, das erste posting von ihnen ohne arschkriecherei.

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am 21.01.2012 21:11

kennen sie die le pen oder wilders, dagegen ist der strache ein lehrbub.

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herbertw (14.515 Kommentare)
am 22.01.2012 12:50

..., dann bin ich bei dir! grinsen

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herbertw (14.515 Kommentare)
am 22.01.2012 12:51

... geht aber IMMER von den Dummen aus! traurig

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am 22.01.2012 14:14

damit solche fuss fassen können. leute wie sie sind wasser auf die mühlen der rechten.

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herbertw (14.515 Kommentare)
am 22.01.2012 16:33

Warum können DUMME Fuß fassen?

Weil die DUMMEN, die sie dabei gewähren lassen, IN Österreich in DER ABSOLUTEN MEHRHEIT sind! (*)

(*) das ist natürlich rhetorisch übertrieben: aber 30% der Wähler werden der FPÖ schon zugesprochen.

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herbertw (14.515 Kommentare)
am 22.01.2012 16:38

... habe ich ja deswegen KEINE ANGST.

Obwohl man bei diesen „Menschen“ schon niemals an 30% Wählerstimmen gedacht hat, so denke ich doch, dass der Plafond des rechten Wahnsinns damit erreicht ist ( grinsen wie man in Ungarn sieht, kann das AUCH nicht stimmen grinsen ).

Also habe ich in Wahrheit vor jenen MACHTGIERIGEN KONSERVATIVEN Angst, bei denen die VERLOCKUNG, mit der FPÖ die Reinkarnation der „unnötigsten Phase der 2. Republik“ zu installieren, größer ist, als ihr Verstand. grinsen

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am 22.01.2012 17:34

solangs die SPÖ gewählt haben warns lauter gscheite, jetzt weil sehr viele davon strache wählen sinds auf einmal dumm.
auch eine ansicht

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GunterKoeberl-Marthyn (17.956 Kommentare)
am 22.01.2012 21:05

sind als Gast bei der FPÖ! Wenn aber nun der Untersuchungsausschuss in Wien und Kärnten Ergebnisse auf den Tisch legt, wird sich das Blatt wandeln! HC Strache war im Parlament wirklich nicht vorbereitet und Van der Bellen gab ihm mit Wirtschaftszahlen "Nachhilfeunterricht"! Das war wirklich peinlich und Regierungsverantwortung braucht Stil und Ideen, keine "Wirtshaustischübertragung"!

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herbertw (14.515 Kommentare)
am 23.01.2012 13:41

… kann KEINEN SCHADEN anrichten.

Wählt er hingegen die FPÖ, dreht sich der Spieß GEWALTIG um! traurig

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