Von Neuwahlen bis zu zweitem Brexit-Referendum - Ein Überblick über mögliche Brexit-Szenarien
LONDON/BRÜSSEL. Das Brexit-Abkommen ist ausgehandelt. Nun ist das britische Parlament am Zug. Es stimmt am Dienstag über die Vereinbarung ab.
Der Widerstand gegen den Brexit-Kurs von Premierministerin Theresa May ist groß. Im Folgenden mögliche Szenarien, wie es mit dem britischen EU-Austritt weitergehen könnte:
ZUSTIMMUNG IM BRITISCHEN PARLAMENT
Bekommt May das Brexit-Abkommen durch das Unterhaus, würde dies wohl als "Wunder von Westminster" in die britische Parlamentsgeschichte eingehen. Denn nicht nur weite Teile der Opposition wollen mit Nein stimmen. Auch bei Mays Konservativen sind hundert Abgeordnete erklärtermaßen gegen das Abkommen.
Gibt es Grünes Licht, müsste in den folgenden Monaten der britische Ratifizierungsprozess abgeschlossen werden. Im Jänner würde seinerseits das Europaparlament beginnen, sich mit dem Austrittsabkommen zu befassen. Stimmt es zu, müssten es noch die verbleibenden EU-Mitgliedstaaten billigen: Dazu reicht eine qualifizierte Mehrheit von 20 der 27 Länder.
NACHVERHANDLUNG UND NEUE ABSTIMMUNG
Bei einer Ablehnung könnte May versuchen, Nachbesserungen des Brexit-Abkommens zu erreichen, um eine neue Parlamentsabstimmung zu rechtfertigen. Möglich wäre dies bereits beim EU-Gipfel ab Donnerstag. Doch mit Neuverhandlungen könnte die "Büchse der Pandora" geöffnet werden, warnen EU-Diplomaten. Aus einer britischen Forderung könnten schnell zehn werden.
Und auch mehrere EU-Staaten seien mit dem Brexit-Deal nicht zufrieden und könnten ihrerseits Nachbesserungen verlangen, heißt es in Brüssel weiter. Frankreich etwa bei den Fischereirechten, Spanien beim Status des britischen Territoriums Gibraltar oder die Niederlande bei den Spielregeln für fairen Wettbewerb. Mühsam erzielte Kompromisse aus 17 Monaten Verhandlungen könnten damit schnell wieder infrage stehen.
BREXIT OHNE ABKOMMEN
Bekommt May den Deal trotz aller Versuche nicht durchs Parlament, droht ein Austritt ohne Abkommen. Beziehungen aus 45 Jahren EU-Mitgliedschaft würden schlagartig am 29. März 2019 gekappt: Flugzeuge müssten womöglich am Boden bleiben, Waren würden am Zoll feststecken und Reisende in Grenzkontrollen, es könnte zu Engpässen bei Medikamenten in Großbritannien kommen.
In letzter Minute könnten beide Seiten deshalb Notvereinbarungen schließen, um ein komplettes Chaos zu verhindern. "Einige Regelungen könnten für ein paar Monate verlängert werden", sagt ein Diplomat. Die EU-Kommission hat bereits "Notfallmaßnahmen in vorrangigen Bereichen" identifiziert. Dazu gehören insbesondere der Luftverkehr, Aufenthalts- und Visafragen und Finanzdienstleistungen.
REGIERUNGSWECHSEL ODER NEUWAHLEN
Ob sich May nach einer Abstimmungsniederlage gegen ihre Widersacher in der eigenen Partei behaupten kann, ist ungewiss. Konservative Abgeordnete könnten versuchen, May als Parteivorsitzende abzusetzen. Mindestens 15 Prozent der Tory-Parlamentarier müssten einen entsprechenden Antrag stellen.
Eine einfache Mehrheit aller Abgeordneten könnte Mays Regierung zudem mit einem Misstrauensvotum stürzen. Das könnte zur Bildung einer neuen Regierung führen. Andernfalls könnten Neuwahlen angesetzt werden. Dies könnte May auch selbst veranlassen. Dazu wäre die Unterstützung durch eine Zwei-Drittel-Mehrheit aller Abgeordneten notwendig.
ZWEITES BREXIT-REFERENDUM
In Großbritannien gibt es viele Rufe nach einem zweiten Referendum, das auch den Verbleib in der EU möglich machen könnte. Theresa May lehnt eine neue Volksabstimmung kategorisch ab. Mindestens ein Dutzend Tories sowie Oppositionsparteien sind jedoch für ein neues Votum. Allerdings ist die Zeit knapp: Experten gehen davon aus, dass zur Vorbereitung mindestens fünf Monate nötig sind.
VERSCHIEBUNG DES AUSTRITTSTERMINS
Um Luft für ein zweites Referendum, Neuwahlen oder auch umfassendere Nachverhandlungen zu schaffen, wäre die Verschiebung des Austrittstermins möglich. Dem müssten die anderen EU-Staaten zustimmen. Doch viel Luft für eine Verlängerung ist nicht, denn schon Ende Mai finden Wahlen zum Europaparlament statt. Würde über diesen Termin hinaus verlängert, müssten erneut britische Abgeordnete gewählt werden - die nach Ablauf des Brexit-Aufschubs wieder nach Hause geschickt werden müssten.
Video: Entscheidende Tage für den "Brexit"
Harte Folgen bei einem harten Brexit
Gut drei Monate vor dem Brexit ist immer noch unklar, wie Großbritannien und die Europäische Union getrennte Wege gehen. Ohne Austrittsabkommen würde Londons Mitgliedschaft im EU-Binnenmarkt und der Zollunion schlagartig am 29. März 2019 enden. In vielen Bereichen droht dann Chaos.
BRITISCHES PFUND UND HAUSPREISE IM FREIEN FALL
Die Bank von England rechnet mit einem Absturz des britischen Pfundes bei einem Brexit ohne Abkommen. Es würde demnach um 25 Prozent an Wert verlieren. Auch der Immobilienmarkt würde schwer getroffen. Die Zentralbanker gehen von einem Fall der Hauspreise um 30 Prozent aus.
EXPORTE BRECHEN EIN
Die britische Exportwirtschaft würde nach Einschätzung des Kreditversicherers Euler Hermes im ersten Jahr Ausfuhren im Wert von 30 Milliarden Pfund (33,68 Mrd. Euro) verlieren. Auch die Kontinentaleuropäer würden wegen der engen Wirtschaftsbeziehungen getroffen. Für die deutschen Exporteure steht dabei laut Euler Hermes nach einem Chaos-Brexit mit Exporten in der Höhe von acht Milliarden Euro am meisten auf dem Spiel.
HAMSTERKÄUFE UND KAMPF UM LAGERFLÄCHEN
Britische Unternehmen "horten" schon jetzt Importware, die sie für ihre Produktion dringend benötigen. Laut Euler Hermes gibt es "Hamsterkäufe wie nach einer Sturmwarnung". Inzwischen sind in Großbritannien aber kaum mehr Lagerflächen zu bekommen, da sich auch Supermärkte und Pharmakonzerne auf Versorgungsengpässe vorbereiten und Lebensmittel und Medikamente auf Vorrat kaufen.
KONTROLLEN ALLERORTEN
Alle Waren und Personen müssen vor dem Überschreiten der EU-Grenzen wieder kontrolliert werden. Um wenigstens im Reiseverkehr das Schlimmste zu verhindern, will die EU-Kommission Briten "Visa-freies Reisen" bis zu 90 Tagen ermöglichen - falls London dies umgekehrt "allen EU-Bürgern gewährt".
LKW-SCHLANGEN VOR DEN HÄFEN
Die nach dem Austritt aus der EU nötige Zollabfertigung von Warenlieferungen stellt Häfen vor große Probleme. Die Grenzformalitäten könnten für lange Warteschlangen von Lastwagen sorgen. Im Hafen von Dover dauert die Lkw-Abfertigung derzeit zwei Minuten. Nur zwei Minuten mehr würden Staus von 27 Kilometern verursachen, warnt der Betreiber.
FLUGZEUGE AM BODEN
Bei einem No-Deal-Brexit würden viele Airlines ihre Lizenzen verlieren, um von und nach Großbritannien zu fliegen. Die britische Regierung will europäischen Airlines deshalb vorübergehend Sondergenehmigungen ausstellen, sofern britische Fluggesellschaften diese auch von der EU bekommen. Auch für die EU-Kommission gehört der Luftverkehr zu den "vorrangigen Bereichen" für Notfallmaßnahmen.
AUTOPRODUKTION LAHMGELEGT
Die Autoindustrie arbeitet heute quasi ohne Lagerhaltung. Zulieferer stellen Teile "just in time" bereit, die direkt nach Ankunft verarbeitet werden. Mit Wartezeiten wegen der Zollabfertigung wird dies kaum möglich sein, wie der europäische Autoherstellerverband Acea warnt. Unternehmen arbeiten deshalb an Notfallplänen. BMW kündigte bereits an, die jährliche Schließung seines britischen Werks für den Mini zu Wartungszwecken direkt auf die Zeit nach dem Brexit zu verlegen.
Kann die EU weiterbestehen ihn die Briten?
Die EU kann nur schwerlich sich von den Briten trennen ohne selbst wirtschaftlichen Schaden zu nehmen, dass bedeutet auch die EU hofft noch auf eine Umkehr der Abstimmung und auf den Verbleib der Briten in der EU.
Aber genau das wird es nich spielen, die Briten werden mit einem Knall austreten und die Mitglieder der EU werden höhere Abgaben an die EU bezahlen müssen.
Die Franzosen und nicht zuletzt die Italiener stellen eine Wirtschaftsmacht dar und deren Abgang kann die EU nicht auch noch verkraften.
Meine Freunde in Oberitalien sagen;
"scheixxt" auf die EU und den Euro, wir wären mit der angestammten Lira viel weitergekommen als mit dem Euro mitsamt der EU!
So sehe auch ich das und ahne bereits jetzt was uns noch bevorsteht!
so viel Blödsinn hat in diesen Worten platz? Haider sagte immer, die Südländer liessen sich ihr süsses leben bezahlen.
das zeigt ganz klar, dass du falsch liegst.
Leben ohne Gehirn ist möglich und es nennt ich penunce.
Dieses hier ist eine wirklich interessante und gelungende Zusammenstellung
der Scenarien, welche bei einem NO am kommenden Dienstag im Parlament noch in Frage kämen und welche Auswirkungen diese Entscheidung nach sich ziehen könnten.
OÖN-Ein Qualitätsblatt!