US-Pfarrer Brunson nach zwei Jahren aus türkischem Gefängnis entlassen

Von nachrichten.at/apa   12.Oktober 2018

Ein Gericht im westtürkischen Izmir ordnete am Freitag die Aufhebung des Hausarrests an, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur im Gerichtssaal bestätigte. Auch die Ausreisesperre wurde aufgehoben. Brunson kann nun in die USA fliegen.

Die gleichzeitig verordnete Haftstrafe von drei Jahren, einem Monat und 15 Tagen muss er damit nicht antreten. Außerdem wird laut türkischen Medienberichten die bereits in Haft verbrachte Zeit angerechnet.

Brunsons Anwalt Ismail Cem Halavurt sagte der dpa, dass er erwarte, dass sein Anwalt noch im Laufe des Freitagabends ausreisen dürfe. Damit ist ein großer Schritt zur Entspannung der Beziehungen zwischen Washington und Ankara getan.

Für die Türkei ist die Entscheidung zugleich eine gesichtswahrende und praktische Lösung für einen Konflikt, der das Land in eine schwere Währungskrise gestürzt hatte. Die Entscheidung dürfte das durch den Streit schwer erschütterte Vertrauen der internationalen Investoren und Märkte teilweise wieder herstellen und der angeschlagenen türkischen Wirtschaft ein Stück weit wieder auf die Beine helfen.

Türkei reagiert empfindlich auf Trump-Tweet

Die türkische Regierung hat nach dem Urteil gegen US-Pastor Andrew Brunson empfindlich auf einen Tweet von US-Präsident Donald Trump reagiert. Der hatte während der Gerichtsverhandlung am Freitag gleich mehrfach zum Fall getwittert, darunter: "Wir arbeiten sehr hart am (Fall von) Pastor Brunson."

In einer am Freitagabend veröffentlichten Stellungnahme des Kommunikationsdirektors von Präsident Recep Tayyip Erdogan, Fahrettin Altun, hieß es daraufhin: "Wir würden ihn gerne noch einmal daran erinnern, dass die Türkei ein demokratisches Land mit Recht und Gesetz ist und dass die türkischen Gerichte unabhängig sind." Die Türkei lasse sich von niemandem Anweisungen geben, schrieb Altun weiter.

Sanktionen und Strafzölle gegen Türkei verhängt

Der Fall Brunson hatte ein schweres Zerwürfnis zwischen Washington und Ankara ausgelöst. Um die Freilassung des Pastors zu erreichen, hatte US-Präsident Donald Trump im August Sanktionen und Strafzölle verhängt, die Türkei reagierte mit Gegenmaßnahmen. Die türkische Lira brach daraufhin auf historische Tiefstände ein, die Währungskrise dauert auch Wochen später noch an. Auf die Entscheidung des Gerichts reagierte die Lira sofort mit einem Ausschlag nach oben.

Während des international mit Spannung verfolgten Gerichtstermins waren zentrale Zeugenaussagen in sich zusammengefallen. Wie die Zeitung "Hürriyet" am Freitag berichtete, zogen insgesamt drei Zeugen Aussagen zurück. Ein Zeuge zum Beispiel widerrief die Behauptung, dass ein syrisches Mitglied von Brunsons Kirchengemeinde Bomben für Terrorangriffe gebaut habe.

Ein dpa-Reporter im Gerichtssaal berichtete, wie sich Zeugen der Anklage in einem nachgerade bizarren Austausch gegenseitig widersprachen. Ein per Videoleitung zugeschalteter Zeuge sagte zunächst, er habe von zwei weiteren Zeugen gehört, dass in Brunsons Kirche Mitglieder der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und Anhänger der Gülen-Bewegung ein und aus gegangen seien. Sowohl die PKK als auch die Gülenisten gelten in der Türkei als Terroristen. Die betreffenden Zeugen gaben jedoch kurze Zeit später zu Protokoll, dass sie das doch wiederum selbst von dem ersten Zeugen gehört hätten.

USA erhöhte Druck

Die USA hatten zuletzt den Druck auf die Türkei immer wieder erhöht und betont, wie wichtig Brunsons Freilassung für die US-türkischen Beziehungen sei. US-Außenminister Mike Pompeo hatte in der Nacht zum Donnerstag der Türkei erneut dringend angeraten, Brunson nach Hause zu schicken. Der US-Sender NBC berichtete einen Tag vor der Fortsetzung des Prozesses von einer geheimen Einigung zur Freilassung des Pastors - Washington bestätigte das jedoch nicht.

Der 50-Jährige Brunson lebt seit mehr als 20 Jahren in der Türkei. Er war Pastor an einer evangelikalen Kirche in der Küstenmetropole Izmir, als er wenige Monate nach dem Putschversuch vom Juli 2016 in der Türkei festgenommen und dann im Dezember des selben Jahres in Untersuchungshaft genommen wurde. Ende Juli wurde er wegen Gesundheitsproblemen in den Hausarrest entlassen.

Konkret wurde dem US-Pastor Unterstützung der PKK und der Bewegung um den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen vorgeworfen, den die türkische Führung für den Putschversuch verantwortlich macht. Die Staatsanwaltschaft warf Brunson zudem Spionage vor und hatte zunächst bis zu 35 Jahre Haft für ihn gefordert.