Puigdemont exportiert das Problem Katalonien nun nach Belgien

Von Monika Graf aus Brüssel   07.November 2017

Es ist seit Wochen das gleiche Spiel: In der täglichen Fragestunde der EU-Kommission für Journalisten sind die Unabhängigkeitsbestrebungen der Katalanen das wichtigste Thema. Seit der abgesetzte katalanische Regierungschef Carles Puigdemont in Belgien ist, werden noch mehr Fragen gestellt. Doch Antworten gibt es nicht. "Kein Kommentar", heißt es, das sei eine interne Angelegenheit Spaniens.

Ein belgisches Gericht hat in der Nacht auf Montag entschieden, dass Puigdemont und vier seiner früheren Minister trotz des europäischen Haftbefehls, den spanische Richter ausgestellt haben, mangels Fluchtgefahr auf freiem Fuß blieben. Über die Auslieferung muss am 17. November entschieden werden. Wo sich Puigdemont derzeit aufhält, weiß offenbar nur ein kleiner Kreis. Dem Vernehmen nach ist er in ein Hotel im Europaviertel umgezogen – Auswahl gibt es dort genug. "Wir sind ja keine Paparazzi", sagt eine katalanische Journalistin, darauf angesprochen, ob sie nicht versuchen würde, Puigdemont aufzuspüren.

Solidarität mit Puigdemont

Auch die Repräsentanz Kataloniens in Brüssel (neben Madrid eine der wenigen, die nicht geschlossen wurde) kann nichts sagen, der Vertreter der Region, Amadeu Altafaj, wurde vor zehn Tagen von Madrid abgesetzt. Man dürfe nur noch "technische Fragen" behandeln, heißt es am Telefon.

Belgiens Politik und Öffentlichkeit tur sich eindeutig schwerer mit dem Heraushalten. Außenminister Didier Reynders – aktuell mit dem belgischen Königspaar in Indien unterwegs – von der wallonischen Partei MR mahnte zwar zur Zurückhaltung und forderte, "die Justiz ihre Arbeit machen zu lassen". Doch Innenminister Jan Jambon von der separatistischen flämischen Partei NVA solidarisierte sich mit Puigdemont und kritisierte die spanische Regierung. Madrid sei mit der Strafverfolgung der abgesetzten katalanischen Regierung "zu weit gegangen". Puigdemont hatte zuvor ge-twittert: "In Freiheit und ohne Kaution. Unsere Gedanken sind bei jenen Freunden, die ungerechterweise von einem Staat eingesperrt wurden, der sich von der demokratischen Praxis entfernt hat."

Es war nicht die erste Wortmeldung eines Ministers aus der Region Flandern, in der selbst immer wieder Abspaltungsideen gewälzt werden. Das flämische Parlament hat am Mittwoch eine aktuelle Stunde angesetzt, in der sich Premierminister Charles Michel zur Causa prima äußern soll. Seit Puigdemont in Belgien ist, hat Michel nur gemeint, dass seine Regierung sich nicht einmischen werde.

Heute werden 200 katalanische Bürgermeister nach Brüssel kommen. Um 13 Uhr wollen sie sich vor dem Sitz der EU-Kommission versammeln, um bei den EU-Institutionen ihre Unterstützung für die katalanische Regierung zum Ausdruck zu bringen. Auch Vertreter von Unternehmensverbänden reisen an.

Spaltung bei "Podemos"

Der Katalonien-Konflikt hat Spaniens linke Protestpartei Podemos in eine tiefe Krise gestürzt: Nachdem die Madrider Parteiführung um Pablo Iglesias (Bild) den Vorstand der Partei in Katalonien (Podem) heftig wegen ihrer Nähe zu den Separatisten kritisiert hatte, traten gestern mehrere Abgeordnete der regionalen Gruppe sowie Podem-Generalsekretär Albano Dante Fachin zurück.

Podemos-Chef Iglesias hatte sich zwar stets für das Recht der Katalanen auf eine Volksbefragung ausgesprochen, unterstützte jedoch nicht das einseitige Unabhängigkeitsbestreben der Separatisten, die in Katalonien mit der Mehrparteien-Allianz „Junts pel Si“ (Gemeinsam für das Ja) regieren. Da Podemos auch gegen die einseitige Unabhängigkeit eintritt, entstand zuletzt das Bild einer Partei, die nicht weiß was sie will.